Die vor wenigen Tagen angekündigte Übernahme des US-Saatgutkonzerns Monsanto durch den deutschen Chemiegiganten Bayer ist ein Schlag ins Gesicht für die kleinbäuerliche und auf Nachhaltigkeit setzende Landwirtschaft weltweit, sowie für alle Akteure im Kampf um soziale, ökologische, politische, ökonomische und kulturelle Nachhaltigkeit. Der entstehende Konzern verfügt über eine faktische Monopolstellung im Bereich Saatgut und Pflanzenschutzmittel und die Strukturen der industriellen Landwirtschaft, welche die UN-Nachhaltigkeitsziele 2030 konterkarieren, werden hierdurch weiter verfestigt.
Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, kommentiert:
„Weltweit geraten Landwirte schon jetzt in eine erzwungene Abhängigkeit von Saatgutkonzernen, die oft zum finanziellen Ruin führt – auch Suizide zahlreicher Kleinbauern werden hiermit in Verbindung gebracht. In Indien spricht man sogar von einem „Selbstmordgürtel“. Gleichzeitig stellt die Vormachtstellung der Pestizidindustrie ein wahres Problem für die Zukunft unserer Ernährung dar, denn es ist ganz sicher nicht die industrielle Landwirtschaft, die zukünftig 10 Millionen Menschen ernähren wird. Der Zusammenschluss von Bayer und Monsanto droht die Lage noch weiter zu verschlimmern.
Genau deshalb besteht nun umso mehr die Notwendigkeit, dass sich die Zivilgesellschaft, alternative Bauernverbände, handwerkliche Erzeuger und Verbraucherschutzorganisationen zusammen schließen, um den negativen Folgen der Fusion, die bereits am Horizont zu erkennen sind, entschlossen entgegenzutreten. Wenn wir dem industriellen Lebensmittelsystem weiterhin das Primat einräumen, wird es nur noch eine sehr überschaubare Anzahl an Ernten geben – laut der FAO der Vereinten Nationen noch 60 Ernten -, dann ist Schluss. Deshalb setzen wir uns für Nachhaltigkeit entlang der kompletten Wertschöpfungskette der Lebensmittelproduktion inklusive Saatgutfreiheit ein. Vor allem in der EU müssen wir uns für Ökologisierung und Diversifizierung der Landwirtschaft einsetzen. Wir alle sind gefragt: Als Verbraucher haben wir mindestens 3 Mal am Tag die Wahl, was für ein Lebensmittelsystem wir unterstützen, denn Essen ist politisch.“
Slow Food Deutschland fordert die EU-Kommission nun dezidiert dazu auf im Zuge der Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt, die durch den Zusammenschluss auf dem Spiel steht, einzulenken. Auch das Kartellamt müsste eingreifen und die Marktkonzentration des Allgemeinguts Saatgut verhindern. Es ist völlig unverständlich, dass bei dem Zusammenschluss der Supermarktketten Kaisers und Tengelmann Abgesänge auf den Wirtschaftsminister angestimmt werden, eine Monopolisierung unser aller Ernährungsgrundlagen aber stillschweigend hingenommen wird.
In Turin, Italien, treffen sich diese Woche ab Donnerstag bei Slow Foods größtem internationalen Event, Terra Madre Salone del Gusto, über 5.000 Landwirte, Züchter, Imker, Fischer, Köche, Wissenschaftler, Autoren, Aktivisten, Gärtner und viele andere Akteure rund um unser Lebensmittelsystem aus über 160 Ländern. Gerade unter dem Gesichtspunkt der aktuellen Entwicklungen wird das internationale Slow-Food-Netzwerk dieses Welttreffen als Chance nutzen, um den Machenschaften der Chemie- und Saatgutkonzerne, die die Landwirtschaft einseitig in die Richtung der industriellen Produktion treiben wollen, entgegenzutreten und zu zeigen, dass es schon jetzt in der EU und weltweit ein Netzwerk an verantwortungsbewussten Verbrauchern, Organisationen, Erzeugern und Handlungsträgern gibt, die für eine andere, eine nachhaltigere Landwirtschaft für Menschen, für Umwelt und für die Tiere eintritt. http://www.salonedelgusto.com/en/
PM