Insolvenzverwalter will Geld zurück – Betrieb muss für „Vorsatzanfechtung“ bluten – BVMW verlangt Änderungen

Schwerer Schlag für den Chef eines Kunststoff produzierenden Betriebes  aus dem Landkreis Göppingen. Der Insolvenzverwalter eines Kunden des Unternehmens will 60 000 Euro zurück und beruft sich auf das Gläubigergleichbehandlungsprinzip. Das ist auch Lothar Lehner, dem Kreisvorsitzenden des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), ein Dorn im Auge. Er verlangt schnelle Änderungen. 

Der Sommertag hatte in dem Kunststoff produzierenden Unternehmen gut angefangen. Bis die Post kam. Die enthielt einen brisanten Brief. Ein Rechtsanwalt, eingesetzt als Insolvenzverwalter eines Kunden der Firma aus dem Kreis Göppingen, verlangte 60 000 Euro zurück. Geld, das der Kunde vor seiner Insolvenz an seinen Lieferanten im Stauferland bezahlt hatte. Seit der Insolvenz wurden zudem Rechnungen von 10 000 Euro nicht bezahlt.  „Dem Unternehmen im Kreis Göppingen droht dadurch ein Gesamtschaden von 70 000 Euro zu entstehen. Das ist sehr viel für einen kleineren Mittelständler“, so der BVMW-Kreisvorsitzende Lothar Lehner (Geislingen), der bereits einen weiteren Fall aktenkundig machen konnte. Die Schuld an der Misere hat die derzeit gültige Auslegung des Insolvenzrechts, die Lehner und seinen Mitstreitern schon seit längerem ein Dorn im Auge ist, da die vor allem geübte „Vorsatzanfechtung“ im Mittelstand für große Verunsicherung sorge und im Falle einer zukünftigen Konjunkturdelle zu einem negativen Dominoeffekt führen könne. In der Praxis führe das dazu, so Lehner, dass über mehrere

Jahre Risiken bestehen, die für kleine und mittlere Unternehmen nicht mehr kalkulierbar sind. Sinn und Zweck der Insolvenzanfechtung sei, dem im Insolvenzrecht geltenden Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung auch auf die Zeit vor der Insolvenzeröffnung auszudehnen. Damit solle verhindert werden, dass  Gläubiger, die  in diesem Stadium noch Geld bekamen, den anderen Gläubigern besser gestellt seien. Die Vorsatzanfechtung soll als Ausnahmefall auch dann Rechtshandlungen anfechtbar machen, die  der Schuldner im Zeitraum von bis zu zehn Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen hat. Darunter fallen zum Beispiel außergewöhnlich vereinbarte Ratenzahlungen, die Schlüsse auf die Finanzlage des Kunden zulassen. „Für den Mittelstand hat dies zur Folge, dass für ihn zahlreiche Zahlungen über Jahre hinweg risikobehaftet bleiben und er dauerhafte Rückstellungen bilden muss“, so Lehner. „Das hält einen Unternehmer doch vom Investieren ab“. Lehner und der BVMW-Kreisverband Göppingen appellieren daher an die Politik, an der Insolvenzanfechtung dringend Korrekturen vorzunehmen und haben deshalb einen Vier-Punkte-Plan aufgestellt. Der Fall aus dem Landkreis Göppingen soll, so der BVMWKreisvorsitzende, auch die  Abgeordneten hier wachrütteln und für die Thematik sensibilisieren. Selbst wenn die politische Initiative der Mittelstandsorganisation für den  Betrieb im Landkreis unter Umständen zu spät kommt, so will Lehner vermeiden, dass womöglich noch weitere hiesige Unternehmen durch diese vom Bundesgerichtshof gedeckte Auslegung der Insolvenzanfechtung in finanzielle Schieflage geraten.

PM

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