„In den letzten Jahren bekamen auch die Menschen in Baden-Württemberg die Veränderungen unseres Klimas, vor allem durch die teils heftigen Wetterkapriolen, zu spüren. Bilder die man häufig nur aus südlichen Ländern kannte, kommen nun auch aus dem Land. Und wenn die Prognosen der Wetterforscher eintreten, werden die Wetterextreme noch zunehmen. Deshalb braucht es Strategien, um die Landwirtschaft und den Wald fit für den Klimawandel zu machen“, sagte der Minister für den Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL, am Donnerstag (2. Juni) in Stuttgart.
Landwirtschaft mit blauem Auge davon gekommen
Durch die Unwetter am vergangenen Wochenende kam es vereinzelt zu Schäden. Vor allem die Region Hohenlohe ist betroffen. Doch insgesamt sind die Schäden in der Landwirtschaft nach derzeitigem Stand geringer als befürchtet.
„Baden-Württemberg hat die Bedeutung des Klimawandels für die Landwirtschaft bereits erkannt“, erklärte Hauk. Unter der Federführung des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg (LTZ) wurde daher eine Anpassungsstrategie an den Klimawandel für die Landwirtschaft entwickelt. „Diese werden wir mit Nachdruck umsetzen“, versprach Hauk. Der Minister werde in den kommenden Wochen das LTZ Augustenberg besuchen. „Ich werde mir persönlich ein Bild über die Aktivitäten und die Forschung dort machen und mich mit den Experten über mögliche neue Maßnahmen austauschen“, erklärte Hauk.
„Im Zuge des Klimawandels werden vermehrt Starkniederschläge auftreten. Das Ziel, die Bodenerosion möglichst gering zu halten, wird daher in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Baden-Württemberg hat die reduzierte Bodenbearbeitung über 25 Jahre lang gefördert. Im Agrarumwelt- und Klimaschutzprogramm FAKT wurden jetzt insbesondere die Angebote zur Begrünung weiterentwickelt und zusätzliche Maßnahmen zum Erosionsschutz aufgenommen“, erklärte der Minister.
Trockenheit – eine Herausforderung für die Landwirtschaft
Darüber hinaus werde sich die Landwirtschaft auf längere Trockenperioden einstellen müssen. Vor allem ein Anbau gärtnerischer Kulturen im Freiland werde ohne Bewässerung kaum denkbar sein. „Effiziente Systeme wie Tröpfchenbewässerung müssen vor diesem Hintergrund verstärkt Eingang in die Praxis finden. Gegenüber Kreisregnern lässt sich so rund ein Drittel des Wasserverbrauchs einsparen. Auch Rinderhalter wird die Trockenheit vor Herausforderungen stellen. Bei Weideflächen kann die Nachsaat von besser angepassten Gräsern eine Rolle spielen. Anpassungsbedarf besteht auch im Pflanzenschutz durch das vermehrte Auftreten neuer Schadorganismen“, sagte Peter Hauk.
Eine weitere Folge des Klimawandels sei ein verfrühter Beginn der Vegetationsperiode und damit einhergehend eine erhöhte Gefahr von Spätfrösten. „Zur Minderung der Kältewirkung kann mit Vlies abgedeckt werden, wie es beispielsweise bei Erdbeeren durchgeführt wird“, so der Minister.
Einige dieser und weitere Maßnahmen würden bereits erfolgreich von Landwirten als gute fachliche Praxis umgesetzt.
Der Aspekt Klimawandel fand auch bei der Neugestaltung der Beratung Berücksichtigung. Dazu besucht der Minister heute auch das Beratungszentrum auf der Hochburg in Emmendingen. Den Landwirten würden bei Bedarf Anpassungsmöglichkeiten für ihren Betrieb im Rahmen eines Beratungsgesprächs aufgezeigt. „Mir ist es ein wichtiges Anliegen, die Landwirtschaft auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten und die Anpassungsstrategie konsequent umzusetzen. Erste Maßnahmen sind getroffen aber es muss weiter geforscht und in einem engen Austausch mit den Landesanstalten und den Landwirten an weiteren Maßnahmen gearbeitet werden“, erklärte Hauk.
Der Wald spielt eine zentrale Rolle
„Die Ansprüche und Herausforderungen an unseren multifunktionalen Wald werden sich auch in Zukunft nicht verringern. Der Klimawandel ist dabei eine besondere Herausforderung. Von zentraler Bedeutung sind mischbaumartenreiche, mehrschichtige und klimastabile Wälder. Die auffällige Häufung von Trockenjahren – 2003, 2006, 2010 und 2015 – erhöht das Umweltrisiko für den Wald nicht nur durch akute Trockenschäden, sondern auch dadurch, dass die Trockenheit die Anfälligkeit der Bäume für Schädlinge erhöhe“, sagte Minister Hauk. Eine bunte Baumartenpalette klimaangepasster Arten könne in Ergänzung zu waldbaulichen Konzepten einen Ausfall kompletter Waldbestände vermeiden.
Der dramatisch fortschreitende Klimawandel werde den Wald künftig vor noch größere Herausforderungen stellen. Umso wichtiger sei es, den Waldumbau hin zu klimastabileren Mischwäldern konsequent fortzusetzen. Es gelte auch Waldpflegekonzepte zur Stärkung der Einzelbaumstabilität gegenüber Winterstürmen und Gewitterstürmen auszuarbeiten. Die durch die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg bereits intensiv betriebene Forschung zur Baumarteneignung müsse fortgeführt und wenn möglich ausgebaut werden.
Bioökonomie – Wegweiser in eine umweltverträgliche Zukunft
„Die Weiterentwicklung der Bioökonomie ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer umweltverträglichen Zukunft in Baden-Württemberg. Durch die nachhaltige Entwicklung eines grünen Wachstums, das Ökonomie und Ökologie in Einklang bringt, erfolgt auch eine Stärkung des ländlichen Raums. Dadurch erhoffen wir uns zusätzliche Innovationen und Investitionen“, sagte Hauk.
Aufbauend auf der seit 2013 bestehenden Forschungsstrategie Bioökonomie, wolle Hauk daher in den nächsten Jahren interdisziplinär und gemeinsam mit der Wirtschaft, die Potenziale und Technikfolgen innovativer biotechnologischer Produktionsverfahren und –prozesse analysieren. „Die vorhandenen und geplanten Aktivitäten der Landesregierung die in einer Landesstrategie ‚Nachhaltige Bioökonomie‘ gebündelt und koordiniert werden sollen, werden wir von Seiten des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz vorantreiben“, so Minister Hauk. Darunter falle auch die verstärkte Förderung der regionalen Vermarktung bäuerlicher Erzeugnisse durch die Einrichtung von sogenannten Bio-Muster-Regionen.
„Der Anstieg des Kohlendioxids in der Atmosphäre ist maßgeblich für den Treibhauseffekt und damit für den Klimawandel verantwortlich. Die Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes muss deshalb auf internationaler Ebene und vor Ort in Baden-Württemberg ein umweltpolitisches Vorrangziel sein“, ergänzte Hauk. Um dieses Ziel zu erreichen, sei es wichtig, dass im Sinne der Nachhaltigkeit das Konsumverhalten verändert werde. Es gelte regionale Stoffkreisläufe mit einer stufenweisen Verwertung und Mehrfachnutzung von heimischem Holz und anderer nachwachsenden Rohstoffe zu stärken.
PM