Meisterfeier-Splitter 2015 – Ein Vorgeschmack auf die Meisterfeier des Handwerks am 16. Oktober 2015 in Stuttgart

Es wird ein großer Tag. Am Freitag, 16. Oktober werden über 800 junge Handwerker aus 32 Gewerken ihre Meisterbriefe im feierlichen Rahmen überreicht bekommen. Die erfolgreichen Führungskräfte von morgen feiern unter dem Motto „Zukunft aus Meisterhand“.

Meistertalk – „Da hat es klick gemacht“

„Mit dem Meisterbrief Trendsetter werden und die Welt ein Stück weit verändern.“ So werden die Wünsche und Visionen der Meister in ihrer Einladung zur großen Feier im Internationalen Congresscenter Stuttgart beschrieben. Auch das Motto „Zukunft aus Meisterhand“ lässt den Schluss zu, dass vielfältige Perspektiven vorhanden sind, die nur warten, von qualifizierten Profis ergriffen zu werden. Das ist auch der rote Faden, der sich an dem Abend durch die Talkrunde auf der Bühne ziehen wird. Welche Chancen es für junge Handwerker gibt, wo sich Marktnischen auftun und wie man sie nutzen kann – das sind die Themen, die Jungunternehmer interessieren und zusammen mit Kammerpräsident Rainer Reichhold diskutiert werden. Es geht um das Smart-Home, E-Mobilität, die Nutzung des Internets für den Vertrieb von handwerklichen Produkten. Es geht auch darum, wie die Digitalisierung die Prüfungsinhalte, beispielsweise einer Meisterprüfung, verändern wird.

Per App zum Fest

Erstmals hat die Handwerkskammer eine Event-App im Einsatz. Damit können sich Besucher und vor allem auch die Nicht-Besucher über die Veranstaltung informieren. Programm, Hallenpläne, Ausstellungsstücke und die Akteure werden im Detail vorgestellt. Die Vernetzung über Social Media funktioniert spielend. Die Gäste der Meisterfeier werden die App vorab und bei der Meisterfeier brauchen. Sie ist im Internet zum kostenlosen Download bereitgestellt, Stichwort „Events – HWK Stuttgart“.

Analoge und smarte Meisterstücke 

Damit sich die Besucher der Meisterfeier ein Bild von den aktuellen Standards der Meisterstücke machen können, werden stellvertretend für die Vielzahl an Arbeiten 17 Meisterstücke im Foyer des Congesscenters ausgestellt. „Analog und smart“ lautet der Titel der Präsentation.

Zukunft hat mit Innovation zu tun. Für Schreinermeister Samuel Wochner  war dies der Ansporn, ein ganz außergewöhnliches Meisterstück anzufertigen. Herausgekommen ist letztendlich ein Uhrenschrank. Das wäre nichts außergewöhnliches, wenn jetzt nicht die Komponente Innovation ins Spiel käme. Elektronik, Panels und Sensoren für biometrische Erkennung zieren das Wunderwerk aus Nussbaum und machen es einmalig.

Oder Kevin Holz aus Pforzheim: Der Elektromaschinenbaumeister hat eine Mini-Brauanlage für Bier konzipiert und erschaffen. Pro Brauvorgang werden 50 Liter des Gerstensafts produziert. Und was hat das mit Hightech zu tun? Vollautomatischer Brauvorgang, Gegenstromkühler, innovative Steuerung mit Logikmodulen und Touch Panel, die Heizleistung wird über Frequenzumrichter gesteuert – und das alles in lebensmittelechtem Edelstahl. 450 Arbeitsstunden hat Kevin Holz in sein Meisterstück investiert. Es ist bei der Feier zu sehen – aber leider nicht in Betrieb.

Die hohe Kunst des Galvaniseur-Handwerks beweist Markus Muger aus Schramberg mit einer veredelten Schiffsglocke. Buchbindermeisterin Christine Reutter aus Tübingen zeigt ein „Lederbuch mit Schutzkassette“. Für dieses Meisterstück wurde Berthold Brecht´s „Verführung“  ausgewählt, neu gebunden und dem Thema des Werkes entsprechend aufgearbeitet. Jana Bossenmaiers Meisterstück ist ein beleuchtetes Werbeelement: Die Schilder- und Lichtreklameherstellerin aus Haigerloch  hat das „Aushängeschild“ für ein Tattoo-Studio angefertigt.

Deutscher Meister bäckt für Nationalmannschaft

Maximilian Raisch ist gerade mal 21 Jahre alt und kann schon eine große Medaillen- und Urkundensammlung vorweisen. 2012 wird der junge Mann aus Calw deutscher Meister der Bäckerjugend, ein Jahr später Vierter bei der Europameisterschaft der Bäckerjugend in Dänemark. Bei der Weltmeisterschaft in Frankreich schneidet er ebenfalls als vierter Sieger ab. Nach der Bäckerausbildung sattelte Raisch noch die Konditorenlehre obenauf und bereitete sich dann auf die Meisterprüfung im Bäcker-Handwerk in Stuttgart vor. „Ich war zwar ziemlich angespannt, aber auch gut vorbereitet und hatte gute Rezepte dabei“, schildert er die Vorbereitung für die zweitägige Prüfung, die er mit Bravour bestand. Von Vorteil seien jedenfalls die Erfahrungen und die Routine aus seinen zahlreichen Wettkämpfen gewesen. Dazu gehört auch die Teilnahme an den deutschen Meisterschaften der Bäckermeister in München, bei denen er mit einer Sondergenehmigung starten durfte und den ersten Platz errang. Nun bäckt Maximilian Raisch auch für die deutsche Bäcker-Nationalmannschaft. „So können wir unser Handwerk in der ganzen Welt repräsentieren.“ Sein Wissen gibt der Jungmeister schon an die nächste Generation weiter: „In Weinheim trainiere ich die Bäckerjugend für die nächsten Meisterschaften.“ Sein Ausstellungstück bei der Meisterfeier heißt „Heimat“.

„We are the champions“

Die Bestmeister 2015: (Stand 9.10.2015)

-Franz Josef Lorenz, Klempner-Handwerk, Treuen

-Antonio Stephan, Heizungsbauer-Handwerk, Wiernsheim

-Matthias Wilhelmi, Maler und Lackierer-Handwerk, Vettelschoß

-Martin Ulrich, Müller-Handwerk, Hugelsdorf/Schweiz

-Timo Straub, Zimmerer-Handwerk, Uhingen

-Jana Pfriender, Raumausstatter-Handwerk, Markdorf

-Raphael Müller, Landmaschinenmechaniker-Handwerk, Langenau

-Sarah Barbara Steiner, Maßschneider-Handwerk, Weinstadt

-Jana Bossenmaier, Schilder- und Lichtreklamehersteller-Handwerk, Haigerloch

-Raphael Mayer, Schreiner-Handwerk, Hilzingen

 

Rotary Club unterstützt die meisterlichen Pläne

Einer der Bestmeister wird sich besonders freuen können: Der Rotary Club Stuttgart hat einen Förderpreis in Höhe von 3.000 Euro ausgelobt, der ebenfalls im Rahmen der Meisterfeier überreicht wird. Ausgezeichnet wird ein junger Handwerker oder eine Handwerkerin, welche sich neben der herausragenden fachlichen Leistung auch durch die Zukunftsplanungen hervorhebt. Und sollte die unternehmerische Selbstständigkeit im Handwerk ein Ziel sein, stehen die Chancen schon sehr gut. Das Geheimnis wird auf der Bühne von Claus Munkwitz, dem amtierenden Präsidenten des Rotary Clubs Stuttgart, gelüftet.

Ein Leichtgewicht und doch ein Wertpapier

Er ist 30 Zentimeter breit, 42 Zentimeter hoch und wiegt 50 Gramm. Vom Papier her ein Leichtgewicht, doch inhaltlich gehört er zu den Schwergewichten deutscher Wirtschaftsgeschichte. Der Meisterbrief verbindet Fachkompetenz mit theoretischem Wissen. Arbeitspädagogik gehört ebenso zu seinen Inhalten wie betriebswirtschaftliches Wissen oder eben die Perfektion handwerklicher Arbeit. „Gute Vorbereitung ist alles“, weiß Christoph Arnold, Leiter der Prüfungsabteilung bei der Handwerkskammer. „Mit unserem Lehrgangsangebot oder den Vorbereitungskursen der Handwerksorganisationen bietet sich die Möglichkeit, sich optimal auf die Prüfung vorzubereiten und so die Zukunftschancen zu nutzen. Arnold: „Wir machen die Meister.“

Voraussetzungen für den Meistertitel

Um sich für die Meisterprüfung anmelden zu können, wird grundsätzlich eine bestandene Gesellenprüfung vorausgesetzt. Wenn Handwerker den Meister im gleichen Beruf anstreben, können sie die Fortbildung im Prinzip direkt an die Ausbildung anschließen. Die Meisterprüfung besteht aus vier Teilen: praktischer Teil (I), fachtheoretischer Teil (II), betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Teil (III), berufspädagogischer Teil (IV). In der Regel findet am Ende jedes Kursteils der Vorbereitungsfortbildungen die Prüfung statt. Es ist allerdings nicht verbindlich vorgegeben, in welcher Reihenfolge die Prüfungen absolviert werden müssen.

Kreativ in den Meisterberuf starten

Im Juni verabschiedete die Kerschensteinerschule in Stuttgart die Absolventen der Raumausstattermeisterklasse. Kurz darauf konnten Lisa Wahlenmaier, Elke Walker, Tamara Edelbauer und Niclas Grosse – alle mit einem Faible für die kreative Verschönerung von Innenräumen  – topaktuelle Wandgestaltungtrends direkt beim Hersteller begutachten. Bei Lavanior in Ehingen ging es zwei Tage lang um neue Materialien und um außergewöhnliche Techniken mit Rinde, Fels und Industrielooks wie Rost und Beton. Für Lisa Wahlenmaier aus Remseck eine interessante Erfahrung: „Durch die kreativen Techniken und hochwertigen Resultate erlangen wir eine Exklusivität, die uns von der Konkurrenz abhebt.“

Kfz-Meister fürs Heilige Land?

Voraussichtlich im kommenden Januar werden zwölf israelische Teilnehmer eine Feinwerkmechaniker-Meisterprüfung im Schwerpunkt Formenbau nach deutschem Vorbild ablegen. 2009 begann die nachhaltige Zusammenarbeit. „Nach dem erfolgreichen Abschluss eines Meisterkurses und einer Meisterprüfung nach deutschen Standards im Jahre 2013 bereitet sich nun ein weiterer Kurs in Israel auf die Meisterprüfung vor“, berichtet Christoph Arnold von der Handwerkskammer. Basis der Zusammenarbeit ist die Kooperation des Landes Baden-Württemberg, der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen Baden-Württemberg, der Handwerkskammer und dem Meisterprüfungsausschuss im Feinwerkmechaniker-Handwerk mit dem israelischen Industriellen Stef Wertheimer. Die Kooperation mit der von ihm gegründeten Beruflichen Schule „Zur Lavon“ wird fortgeführt. Den Lehrgang, der von den israelischen Behörden im Rahmen eines Schulversuchs genehmigt ist, wird eine israelische Prüfungskommission unter Anleitung des Stuttgarter Meisterprüfungsausschusses nach deutschem Vorbild abnehmen. Erfreulich sei, so Arnold, dass im Rahmen eines israelisch-baden-württembergischen Bildungssymposiums, das im Juni in Emmendingen stattfand, auch der israelische Kfz-Technik-Verband ein großes Interesse an einer Zusammenarbeit zeige. Auch die Kfz-Spezialisten könnten sich vorstellen, ein duales berufliches Bildungssystem in der israelischen Kraftfahrzeugtechnik-Branche aufzubauen.

Arbeitslosigkeit? Kennen Meister nicht

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt, dass der Meisterabschluss die beste Voraussetzung zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit ist. Die Erwerbslosenquote für Meisterabsolventen liegt bei 2,0 Prozent. Das ist nach volkswirtschaftlich gängiger Definition Vollbeschäftigung. Nicht einmal akademisch Qualifizierte (2,5 Prozent Erwerbslosenquote) erreichen einen besseren Wert. Im Jahr 2005 lag die Erwerbslosenquote bei Personen mit Meisterqualifikation noch bei 6,7 Prozent (Hochschulabsolventen 5,4 %). Die Arbeitslosigkeit bei Meistern ist folglich nicht nur geringer als bei Akademikern, sie ist in den vergangenen Jahren auch stärker gesunken. Gesellen haben mit rund 5 Prozent eine im längerfristigen Vergleich historisch niedrige Arbeitslosenquote. Mitte der 2000er Jahre war sie noch fast doppelt so hoch.

Attraktivere Bedingungen beim Meister-BAföG sind überfällig

Weiterbildung kostet Geld, es gibt aber Unterstützung vom Staat. So können finanzielle Engpässe überbrückt werden. „Es ist aber zu wenig“, sagt Claus Munkwitz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart. Für eine Steigerung der Attraktivität beim Meister-BAföG setzt sich deshalb die Handwerksorganisation ein.  „Das Meister-BAföG soll für Teilnehmer an Vollzeitlehrgängen deutlich verbessert werden. Die Forderung der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, das staatliche Darlehen für den Lebensunterhalt künftig zur Hälfte zu bezuschussen, ist ein starkes Signal. Damit werden Meisterschülerinnen und Meisterschüler Studierenden gleich gestellt.“ Das Handwerk benötige dringend Unternehmernachwuchs. Munkwitz: „Wir erwarten noch in dieser Legislaturperiode von der Großen Koalition eine spürbare Verbesserung des Meister-BaföG. Die Gleichstellung beruflicher und akademischer Bildungswege muss sich auch in der Förderung ausdrücken. Wir begrüßen daher auch die angekündigte Erhöhung des Darlehenserlasses von 25 auf 40 Prozent bei erfolgreich abgeschlossener Prüfung.“ Das sei ein positiver Anreiz für den Führungsnachwuchs im Handwerk. Der Start in eine Karriere als Unternehmer oder Führungskraft im Handwerk werde durch die geplanten finanziellen Entlastungen erleichtert. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, wird der Zuschuss am häufigsten von Kraftfahrzeugtechnikermeistern und Friseurmeisterinnen beantragt.

Opfer abgelehnt

Der hohe nationale Qualitätsstandard wie der Meisterbrief darf nicht der EU-Liberalisierung zum Opfer fallen – diese Forderung ist nicht neu. Sie kommt aus den Handwerksorganisationen in Stuttgart und Berlin und wird zwischenzeitlich von den politisch Verantwortlichen mitgetragen. „Das Handwerk kann sich darauf verlassen, dass sich die Landesregierung in Brüssel für den Erhalt des Meisterbriefs stark macht“, heißt es aus der Regierungszentrale in Stuttgart. „Die Berufszugangs- und Berufsausübungsstandards sind im Interesse des Verbraucherschutzes und gewährleisten ein hohes Qualitätsniveau bei Produkten und Dienstleistungen“, lässt die Landesregierung verlauten. Man wolle auch nicht tatenlos zusehen, wie die bewährten mittelstandsfreundlichen Regelungen der Liberalisierungswut der EU-Kommission geopfert werden.

Handwerkskammer-Chef Claus Munkwitz zeigte sich erfreut über die Stellungnahme des Deutschen Bundestags im Sommer: „Der qualifikationsgebundene Berufszugang im Handwerk sichert die hohe Qualität handwerklicher Produkte und ist damit gelebter Verbraucherschutz. Er steht zudem für eine verlässliche hohe Ausbildungsleistung der Betriebe. Diese Systematik schafft nachhaltige Gründungen. Sie ist transparent und stärkt die Mobilität im europäischen Binnenmarkt. Es ist gut und richtig, dass sich der Deutsche Bundestag in seinem Antrag eindeutig für den Meisterbrief und die duale Ausbildung ausspricht. Ich erwarte, dass die Europäische Kommission jederzeit diesem politischen Signal Rechnung trägt.“

Karrierewege der Meister

Beruflich aufsteigen, selbstständig entscheiden, mehr verdienen und die handwerklichen Fähigkeiten verbessern – aus diesen Gründen machen Handwerker vor allem die Meisterprüfung. Kaum eine Rolle spielt dagegen, dass der Große Befähigungsnachweis auch den Hochschulzugang ermöglicht. Dies hat das Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln im Rahmen einer Pilotstudie herausgefunden. Untersucht wurde, welche Karrierewege die Meister im Handwerk beschreiten. „Die meisten Ziele wurden aus subjektiver Sicht weitestgehend erreicht“, fasst Claus Munkwitz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart, die Einschätzung der befragten Meister zusammen. Den Anstoß zur Pilotstudie gaben die Kammern in Stuttgart, Ulm, Freiburg und Mannheim.

Größtes Hemmnis für eine Existenzgründung, so die Studie, sei mangelndes Startkapital. „Der Meistertitel ist ein Wertpapier, welches in Politik und Gesellschaft weiter zu wenig finanzielle Aufmerksamkeit erfährt“, betont Claus Munkwitz. Eine bessere Geldanlage als einen Meisterbetrieb kann es für Banken in der momentanen Konjunktur nicht geben. Es wird höchste Zeit, dass sie die Meisterabsolventen als Zielgruppe für günstige Darlehen entdecken.“ Wenn sich Existenzgründer mutig für die Schaffung von Arbeitsplätzen entscheiden, müssten auch die Banken mutiger sein.

Weiter Infos zur Meisterfeier: http://www.hwk-stuttgart.de/handwerk-regional/aktuelles/meisterfeier-2015.html

PM

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