Wirtschaft in Baden-Württemberg stellt sich zunehmend auf Energiewende ein – Industrie sieht aber weiter Handlungsbedarf

Unternehmen im Land beurteilen die Auswirkungen der Energiewende auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit erstmals knapp positiv. Das ergab die Baden-Württemberg-spezifische Auswertung des bundesweiten DIHK-Energiewendebarometers 2015. Auf einer Skala von -100 bis +100 bewerten die am heimischen Standort befragten Unternehmen Auswirkungen auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit mit +4,1; für Deutschland liegt dieser Wert bei -3,4.
Gegenüber 2014 gab es damit eine klare Verbesserung, die sich ebenfalls in den Deutschlandwerten zeigt, dort aber weniger stark ausfällt. Die Gründe dürften in der hohen Anpassungsfähigkeit der heimischen Wirtschaft liegen. So ergreifen oder planen die baden-württembergischen Unternehmen häufiger Maßnahmen als im Bundesschnitt. Besonders deutlich wird dies beim Aufbau eigener Energieversorgungskapazitäten, beim Bezug erneuerbarer Energien oder bei der Verstärkung von Forschung und Entwicklung.
Die Industrie Baden-Württembergs bleibt in ihrer Beurteilung mit -14,6 im Negativen, allerdings weniger stark als in den Jahren zuvor. Deutschlandweit liegt die Bewertung mit -20,6 darunter, energiepolitische Maßnahmen müssen daher nach wie vor besonders die Auswirkungen auf den Industriestandort berücksichtigen.
„Die baden-württembergische Industrie hat dabei ihre Hausaufgaben im Wesentlichen gemacht“, erläutert BWIHK-Vizepräsident und Präsident der federführenden IHK Karlsruhe Wolfgang Grenke die Situation. Stärker als die Industrie in Deutschland zeigen die hiesigen Industriebetriebe Tendenzen einer Marktausrichtung auf energieeffiziente Produkte sowie der Erschließung neuer Geschäftsfelder und Absatzmärkte. 93 % der Industrieunternehmen im Land beschäftigen sich mit Aktivitäten zur Steigerung der Energieeffizienz mit zunehmendem Umsetzungsgrad und fast 50 % bauen eigene Energieversorgungskapazitäten auf oder haben dies schon getan.
Trotz sinkender Energiepreise auf den Weltmärkten sind in den letzten 12 Monaten immer noch etwas mehr Industriebetriebe von steigenden als von sinkenden Strompreisen betroffen. Die zweithäufigste Forderung der hiesigen Industrie an die Politik ist deshalb die Reduktion von Steuern und Abgaben auf den Stromverbrauch. Die Schere beim Strompreis zur weltweiten Konkurrenz muss sich schließen. Regelungen des EEG 2014 und die geplante KWKG-Novelle wirken da kontraproduktiv.
Nach Auffassung der Unternehmen in Baden-Württemberg gibt es auch bei weiteren Rahmenbedingungen für die Energiewende noch immer einiges zu tun. TOP-Forderung ist die Unterstützung des Netzausbaus. Mit einer Nennung von 84 % wird dies im Land noch häufiger gefordert als im Bund (75 %). Der Netzausbau ist auch für das Thema Versorgungssicherheit maßgebend. Selbst wenn die Stromversorgung zur Zeit weitgehend auf hohem Niveau gesichert ist, haben doch etwa ein Drittel der Industriebetriebe in Baden-Württemberg gelegentliche Probleme mit Stromausfällen.
Insgesamt denken immer noch etwas mehr als 20 % der Industriebetriebe über Verlagerung von Kapazitäten ins Ausland oder Einschränkung der Produktion im Inland aufgrund der Veränderungen in der Energiewirtschaft nach oder haben dies realisiert. Zwar bei leicht rückläufigem Trend, die Aufforderung an die Politik bleibt aber bestehen, für dauerhafte Versorgungssicherheit und wettbewerbsgerechte Strompreise zu sorgen, um den positiven Umfragetrend nicht zu einer vorübergehenden Momentaufnahme werden zu lassen.

PM

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