„Planen und Bauen in regionaler Tradition mit regionalen Baustoffen kann modern, zeitgemäß und zugleich ortsgerecht sein. Es ist der richtige Weg für mehr Lebensqualität und hoher Standortqualität der Gemeinden und Städte im Land.“ Mit diesem Statement gab Winfried Hermann, Minister für Verkehr und Infrastruktur, eine nachdrückliche Antwort auf die zentrale Frage, die der 11. Schwäbische Städte-Tag am 9. Juli 2015 in Sigmaringen stellte: Wie behalten unsere Städte ihr Gesicht im Zeitalter der Globalisierung und was macht eine zukunftsorientierte Baukultur für mehr Lebensqualität aus?
Der Gleichförmigkeit und Austauschbarkeit vieler heutiger Bauten können engagierte Bauherren und Architekten eine moderne Interpretation regionaler Bauweisen entgegensetzen: „Die Nivellierung der gebauten Umwelt wird mehr und mehr als störend empfunden“, sagte Dr. Albrecht Rittmann, Vorstandsmitglied des Schwäbischen Heimatbundes und Gastgeber der Tagung in seiner Begrüßung. Als Gegenmittel stehen erfolgreiche Konzepte und Beispiele zur Verfügung, etwa auf der Schwäbischen Alb, am Bodensee und im Schwarzwald. „Wichtig ist, traditionelle und landschaftstypische Bauweisen zeitgemäß zu interpretieren und fortzuentwickeln“, betonte Rittmann.
Minister Hermann unterstrich die Notwendigkeit ganzheitlicher Entwicklungsansätze, beispielsweise für die Stärkung der Zentren, für den Erhalt, die Anpassung und die Nutzung des lokaltypischen Gebäudebestands und für die behutsame Integration von Neuem: „Regionale Baukultur soll die soziale, ökologische und wirtschaftliche Situation verbessern: Sie hat die Kommune als Ganzes im Blick, und das Neue soll ein bereichernder Teil des Ganzen werden, der Entwicklung von Gemeinde oder Stadt gute Impulse geben.“
Beispielhafte Lösungen hierfür will das Land mit dem im Mai ausgelobten Staatspreis Baukultur Baden-Württemberg würdigen. „Preiswürdig sind Projekte, die gestalterisch-ästhetische, technisch-konstruktive, soziale, kulturelle, ökologische und ökonomische Qualitäten miteinander verbinden – und dabei auch dem Ortsbild und dem Bestand gerecht werden“, erläuterte der Minister: „Ich wünsche mir, dass wir gerade aus dem ländlichen Raum vielversprechende Bewerbungen erhalten. Bewerbungsschluss ist der 3. August 2025.“
Auch praktisch will das Land die Baukultur stärken, mit der Förderung von Gestaltungsbeiräten. „Wir wollen Kommunen beim öffentlichen Diskurs über und der Suche nach funktionalen, ästhetischen und baulichen Lösungen unterstützen“, erläuterte der Minister das Ziel der Förderung, für die demnächst Anträge gestellt werden können.
Dem 11. Schwäbischen Städte-Tag gelang es immer wieder, diese Brücke zwischen programmatischen Impulsen und praktischer Umsetzung zu schlagen – die Praxisbeispiele trugen ihren Teil dazu bei. Initiiert wurde der Städte-Tag 2004 vom Schwäbischen Heimatbund. Seitdem wurde er gemeinsam mit der Architektenkammer Baden-Württemberg bereits zehn Mal an unterschiedlichen Orten veranstaltet. Er dient Fachleuten und interessierten Bürgern als Forum für aktuelle Fragen der Stadtentwicklung und der Stadtplanung.
Neu ist die Beteiligung des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg. Dessen Initiative zur Stärkung der Baukultur startete mit der ersten Konferenz des Netzwerks Baukultur im Januar 2015, das sich wichtigen baukulturellen Fragen widmen will. Die Frage „Regionale Baukultur – Woher? Wohin?“ wurde in Sigmaringen fachübergreifend diskutiert. Die Beispiele aus der Praxis zeigten, dass der Kurs richtig ist: Baukultur ist ein Standort- und Zukunftsfaktor.
PM