Knapp 50 Gäste besuchten den zweiten Vortragsabend der Reihe „Meine Wurzeln“ im Foyer der Stadthalle in Eislingen. Interessante und persönliche Geschichten über Aufbrechen in der alten Heimat, die Flucht und das Ankommen in Deutschland wurden von zwei Geflüchteten aus dem Mittleren Osten erzählt. Untermalt wurde die Veranstaltung mit orientalischen Klängen und Köstlichkeiten der arabischen Küche. Fortgesetzt wird die Reihe am 12. November 2018, ebenfalls in der Stadthalle Eislingen.
„Wenn wir uns selbst nicht bemüht hätten, Deutsch zu lernen und uns nicht selbst bei der Arbeit angestrengt hätten, es gut zu machen, dann hätten wir uns in Deutschland nicht so gut integrieren können“, erzählt Bassem Hazzouri über seine Ankunft in Deutschland, die nun schon viele Jahre zurückliegt. Die von Integrationsmanagerin Renate Völlinger initiierte Veranstaltunsgreihe führte diesmal in die Lebenswelt orientalischer
Geflüchteter. Nach einleitenden Worten von Bernd Letzel, dem Integrationsbeauftragten der Stadt Eislingen, interviewte Integrationsmanager Veit Hagl den langjährigen Eislinger Bassem Hazzouri aus Palästina und Gita Hakimi aus Afghanistan. Aus eigener Betroffenheit erzählten beide hautnah aus ihren Herkunftsländern , in denen sie nur geringe Chancen hatten, am gesellschaftlichen Leben aktiv teilzunehmen. Dem palästinensischen Flüchtling Hazzouri war es beispielsweise im Nahen Osten nicht gestattet, viele der akademischen Berufe auszuüben und so seinen verantwortlichen Beitrag im gesellschaftlichen Leben zu leisten. Als Eislinger Bürger ist Bassem Hazzouri seit langem hier gut verwurzelt, blickt auf ein jahrzehntelanges, erfolgreiches Berufsleben in namhaften Unternehmen des Fils- und Neckartals zurück und ist stolz auf seine Familie hier in Deutschland. Drei seiner sechs Kinder sind bereits selbst in akademischen Berufen tätig und übernehmen Verantwortung im gesellschaftlichen und beruflichen Leben.
In Afghanistan ist die typische „Karriere“ für eine Frau überwiegend als Mutter und Hausfrau vorgezeichnet. Große gesellschaftliche Potenziale für ein Land werden so vergeudet, indem Frauen von Bildung und gesellschaftlicher Verantwortung in Berufen auch heute noch weitgehend ausgegrenzt werden. Flucht aus Afghanistan auf verschlungenen Wegen durch das Bergland über den Iran und die Türkei gestaltet sich immer wieder als riskantes Unterfangen. Selbst wenn die eingespielten Pfade der Flüchtlingshelfer in der Türkei und weiter über den Balkan mittlerweile gut organisiert sind, so ist und bleibt es doch ein lebensgefährliches Wagnis, wenn Menschen ihre Heimat aus Not zurücklassen, um in Deutschland ein neues Leben zu beginnen. Wie viele der Geflüchteten hat auch Gita Hakimi bereits ihr Leben in der „Neuen“ Heimat tatkräftig in die Hand genommen
und lernt gemeinsam mit ihren beiden Geschwistern Deutsch auf fortgeschrittener Stufe. In Afghanistan hatte sie schon ein Semester Jura studiert. In Deutschland möchte sie nun ihre akademische Laufbahn fortsetzten. Darauf bereitet sie sich mit ihren Geschwistern Schritt für Schritt vor. Ihr Bruder kann ein abgeschlossenes Studium als Bauingenieur vorweisen und ihre Schwester hat einige Semester Medizin in Afghanistan studiert. Eine spontane Wortmeldung einer Dame aus dem Publikum machte der jungen Afghanin Mut: „Seine Wurzeln trägt man immer in sich – aber wenn man dann hier ist, ist man Deutscher und engagiert sich für die deutsche Gesellschaft“, bekräftigte und ermutigte sie als Tochter eines deutsch-italienischen Paares. Dafür sei es es aber unbedingt auch notwendig, die deutsche Sprache zu erlernen und die deutsche Kultur zu übernehmen, unterstrich sie ihre eigenen Erfahrungen. Dank des großen Engagementes von vier Flüchtlingsfamilien war für das leibliche Wohl gesorgt: mit unterschiedlich gefüllten Teigtäschchen, gefüllten Weinblättern und gefüllten Küchlein wurden die Gaumen der Gäste üppig verwöhnt.
Vorschau:
In der nächsten Veranstaltung am 12.11.2018 um 17:00 Uhr werden wieder zwei Interview-Partner ihre Fluchtgeschichte erzählen.
Die Veranstaltung findet im Foyer der Stadthalle. Der Eintritt ist kostenfrei.
Foto (Stadt Eislingen): Das Foyer in der Stadthalle war bis auf den letzten Platz besetzt, als Integrationsmanager Veit Hagl die beiden Geflüchteten Bassem Hazzouri und Gita Hakimi interviewte
PM Pressestelle Stadt Eislingen/Fils