Göppingen: Vielfalt verbindet

Das Thema Migration beschäftigt Deutschland, Europa und andere Länder seit Generationen, doch die Diskussion um das Thema polarisiert die Gesellschaft zunehmend.

Feridun Zaimoglu
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Die Eröffnung der Interkulturellen Wochen „Vielfalt verbindet“ findet am Mittwoch, 27. September, um 18 Uhr im Atrium des Göppinger Rathauses durch Oberbürgermeister Guido Till statt. Ehrengast wird Rolf Graser, Forum der Kulturen Stuttgart, sein. Tanz und Musik gibt es vom Interkultureller Chor der VHS, Breakdance mit Turn Shoe Reflex vom Haus der Jugend, philippinische Tänze der Gruppe Mayumi, Serbische Folklore mit Brankovo Kolo und Theresa Schirmer trommelt. Für das leibliche Wohl steht ein Internationales Büffet bereit.

Seit Montag 25. und bis Freitag, 29. September, lädt die Kunsthalle Göppingen von 11 bis 15 Uhr, Jugendliche ab zwölf Jahren zu einem Workshop rund um Masken ein. In dem Workshop wird ausgehend von der Maskenform Larve, die vom Basler Karneval her kommend auch in der bildenden Kunst und im Schauspiel eingesetzt wurde, in die Tradition und in die unterschiedlichen Funktionen von Masken eingeführt. Gemeinsam mit dem in Mexiko geborenen Künstler Gabriel Rossell Santillán und der aus der ehemaligen UdSSR kommenden Künstlerin Anna Schiefer werden die Teilnehmer eigene Masken bauen und begeben sich in ein Abenteuer zwischen Handwerk, Ausdruck und Schauspieltechnik. Der Workshop wird gefördert durch die Stiftung Erlebnis Kunst. Die Teilnahme ist kostenlos. Informationen erhalten Interessierte per E-Mail kunstvermittlung@goeppingen.de oder Telefon 07161 650-795.

Am Donnerstag 28. September, findet um 18 Uhr im Hohenstaufensaal im Landratsamt, Lorcher Straße 6, eine Einbürgerungsfeier statt. Der Landkreis beglückwünscht und begrüßt alle Neu-Eingebürgerten. Zahlreiche Frauen, Männer und Kinder ausländischer Herkunft haben im Landkreis eine neue Heimat gefunden und im vergangenen Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Bei der feierlichen Veranstaltung des Landkreises wird dieser wichtige Schritt von Landrat Edgar Wolff öffentlich gewürdigt. Für musikalische Unterhaltung und gute Verpflegung ist gesorgt. Der Eintritt ist frei.

Ebenfalls am Donnerstag, 28. September, findet um 20 Uhr im Club Bambule, CVJM, Ulrichstraße 29, ein Kinoabend „Tigris-Rebellen“ (Dokumentation, 90 Minuten) statt. Der Regisseur Nedim Hazar Bora ist anwesend. Die Bewohner von Schkefta, einem Dorf im Südosten der Türkei, leisteten seit Jahrzehnten Widerstand gegen die grausame Unterdrückung der Großgrundbesitzer und des türkischen Militärs. Und nun soll das Dorf im See des Ilisu-Staudamms untergehen und mit ihm auch Teile der antiken Stadt Hasankeyf. Seit Jahren gibt es deshalb weltweite Proteste. Im Anschluss kann mit dem Regisseur diskutiert werden. Veranstalter ist das Open End Kino & amnesty international in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung und Club Bambule. Der Eintritt beträgt fünf Euro.

Von Donnerstag, 28. September, bis Samstag, 14. Oktober, ist in der Stadtbibliothek am Kornhausplatz 1 die Ausstellung des Holz-Puzzles „Ich bin ein Teil vom Ganzen“ zu sehen. Es handelt sich hierbei um ein Kunstobjekt von Kindern mit und ohne Fluchterfahrung, die sie unter kunstpädagogischer Anleitung erstellten. Der Schaffensprozess förderte ihren Zusammenhalt, ihre Freundschaften sowie ihre persönliche Einzigartigkeit. Veranstalter ist das SOS- Kinderdorf Göppingen, Kinder- und Jugendhilfen und die Stadtbibliothek.

Am Freitag, 29. September, findet um 19 Uhr, ein Ökumenisches Friedensgebet „Vielfalt verbindet: eine Vision“ in der Stadtkirche statt. Von Anfang an gehörte Vielfalt zur christlichen Gemeinde. Menschen vielerlei Herkunft und Prägung waren miteinander durch einen Glauben verbunden. Das diesjährige Ökumenische Friedensgebet nimmt die Vielfalt in Kirche und Gesellschaft in den Blick und fragt nach dem, was verbindet. Nach dem Friedensgebet gibt es im Pavillon bei der Stadtkirche Gelegenheit zum Austausch bei einem kleinen Imbiss. Veranstalter ist die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Göppingen. Mitglieder sind die Apis Göppingen, die Armenisch-apostolische Kirche, die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Göppingen, die Evangelisch-methodistische Kirche, die Griechisch-orthodoxe Gemeinde, die Heilsarmee Göppingen, die Katholische Gesamtkirchengemeinde Göppingen, die Syrisch-Orthodoxen Gemeinden St. Jakob, St. Afrem und St. Markus sowie die Volksmission Göppingen.

Am Sonntag, 1. Oktober, findet um 10:30 Uhr in der Waldeckkirche ein Erntedankgottesdienst zur Interkulturellen Woche mit Pfarrer Stahl statt.

Ebenfalls am Sonntag gibt es um 18 Uhr im Haus der Jugend, Dürerstraße 21, das Theater Frei-Zadi „Ich bin nicht wie du, aber wir sind gleich!“ zu erleben. Der aus dem Iran geflüchtete Regisseur Mehdi Mokari leitet mit seiner Tochter Kimia im Ehrenamt und mit Unterstützung der Göppinger Integrationsbeauftragten und der Flüchtlingsbeauftragten des Landratsamtes das Theaterprojekt Frei-Zadi. Seit fast einem Jahr üben junge Geflüchtete im Haus der Jugend für diese Aufführung: Ihre Fluchtgeschichten, ihre Probleme in Deutschland, aber auch Ihre Wünsche und Träume stellen sie durchaus mit Humor vor. Veranstalter ist die Integrationsbeauftragte, Flüchtlingsbeauftragte des Landkreises und das Haus der Jugend. Der Eintritt ist frei.

Am Montag, 2. Oktober, lädt die Alevitische Gemeinde um 18 Uhr zum Vortrag und Diskussion mit dem alevitische Geistlichen Ahmet Demir sowie zum anschließenden Fastenbrechen in die Heinrich-Landerer-Straße 72 ein. Aleviten stellen in der Bundesrepublik die zweitgrößte islamische Glaubensgemeinschaft das. Wie unterscheidet sich der alevitische Glaube vom sunnitischen? Warum fasten sie zu einer anderen Zeit? Der Eintritt ist frei.

Am Dienstag, 3. Oktober, sind alle Moscheen in Göppingen für Interessierten von 14 bis 16 Uhr geöffnet und laden zu einer Führung ein. Die DITIB-Moschee in der Davidstraße 26, die ATIB-Moschee in der Mittlere Karlstraße 83 sowie das Türkische Kultur- und Bildungszentrum in der Jahnstraße 67. Nach der Führung gibt es in allen Moscheen beim türkischen Büffet Gelegenheit für Gespräche.

Am Donnerstag, 5. Oktober, findet um 18 Uhr im Werner-Heisenberg-Gymnasium im neuen Foyer, Jahnstraße 4, eine Lesung mit José F. A. Oliver „Leben und Dichten in zwei Welten: Andalusien und Schwarzwald“ statt. Veranstalter ist das Werner-Heisenberg-Gymnasium; der Eintritt ist frei.

Am selbigen Tag um 20 Uhr gibt es im Alten E-Werk in der Mörikestraße 18 ein Kabarett: Die Französischstunde mit Ètienne Gillig. Das Multitalent Étienne Gillig bringt innerhalb einer Stunde seinen Freunden – den Deutschen – die französische Sprache nahe. Gemeinsamkeiten wie Unterschiede zwischen den beiden Sprachen und Mentalitäten bieten ihm den Stoff für ein Bühnenspektakel von höchstem Unterhaltungswert. Die Welt-Premiere dieses französisch-deutschen Programms fand vor zehn Jahren im Münchner Gasteig statt. Wolfgang Klein holt dieses „Kabinettstück“ nun nach Göppingen in einer Zusammenarbeit von Kulturamt, VHS, interkultureller Woche, Freunde Göppingen-Pessac und Wolfgang Klein KREAT!VSTUD!O als ausführender Produzent. Der Eintritt beträgt 15 Euro, ermäßigt zwölf Euro.

Weitere Veranstaltungen stellt GEPPO in der kommenden Ausgabe vor. Das Programm liegt außerdem in allen städtischen Einrichtungen aus und kann auf der Homepage www.goeppingen.de/Kultur/Interkultur/Interkulturelle Wochen herunter geladen werden.

Feridun Zaimoglu liest Evangelio – ein Luther Roman

Feridun Zaimoglu liest im Rahmen der Interkulturellen Wochen aus seinem Roman Evangelio am Freitag, 6. Oktober, um 20 Uhr in der Stadtbibliothek. Die Moderation übernimmt Andrea Maier.

Feridun Zaimoglu, ein vielfach ausgezeichneter deutscher Schriftsteller türkischer Herkunft, gilt als wortgewaltig. Für seinen neuesten Roman Evangelio hat er sich auch einen wortgewaltigen urdeutschen Helden ausgewählt: Martin Luther. Zaimoglu zelebriert dabei eine Sprache, die Luther sicherlich auch gefallen hätte: plastisch und aufwühlend bis deftig und derb mit einem volksnahen Zug. Luther wollte bekanntlich „dem Volk aufs Maul schauen“. Diesem Wunsch trägt Zaimoglu Rechnung. In seiner Wortwahl ist er sehr kreativ, vermeidet aber einen komplizierten Satzbau. Der bekennende Muslim Zaimoglu begibt sich im Evangelio in die Zeit vom Mai 1521 bis März 1522 auf die Wartburg, wo Martin Luther auf Geheiß des Kurfürsten von Sachsen in Gewahrsam genommen wurde. Dort sieht er sich größten Anfechtungen ausgesetzt, vollbringt aber auch sein größtes Werk: In nur zehn Wochen übersetzt er das Neue Testament ins Deutsche. Mit klingender Sprache, kenntnisreich und voll dramatischer Zuspitzungen erzählt uns Zaimoglu von einer Zeit des Umbruchs, von inneren Kämpfen, die der Bibelübersetzer auszufechten hat, von der Macht und Ohnmacht des Glaubens. Dazu bedient er sich eines Ich-Erzählers, der eine erfundene äußerst faszinierend Figur ist: Landsknecht Burkhard, ein ungeratener Kaufmannssohn. Er soll den geächteten Luther vor dem Terror seiner Feinde schützen. Doch Burkhard selbst ist katholisch. Der ungehobelte Bursche steckt in einem tiefen Gewissenskonflikt, denn als Katholik wünscht er eigentlich, dass Luther mit seinen rebellischen Bestrebungen scheitert. Dennoch muss er ihn im Auftrag des Kurfürsten von Sachsen beschützen und ihm sogar beistehen, als ihn die sogenannte Teufelsbibel in schlimmste Teufelsvisionen stürzt. Seine Perspektive ist es, die den Blick auf das Leben, das Streben und die Qualen des Reformators eröffnet. Historisch erstklassig recherchiert, in sehr authentischen und ungeheuer eindringlichen Bildern beschreibt der bekennende Muslim Zaimoglu die Krankheitsschübe, unter denen der Reformator seit der Exkommunikation durch Papst Leo X. litt. Beklemmende Szenen, in denen Luther die Nahrung verweigert und atemberaubende Episoden, in denen er bezüglich seiner Thesen mit sich selbst ringt und sich der Sünde bezichtigt. Solche Passagen liest man beklommen, sie entfalten eine überwältigende Faszinationskraft.

1964 im anatolischen Bolu geboren, kam Feridun Zaimgolu mit seinen Eltern 1965 nach München. Seit 1985 lebt er in Kiel. Sein Debütroman Kanak Sprak, (1995) katapultierte ihn sogleich in die ersten Reihen der deutschen Literaten. Ein Preis folgte dem anderen, darunter so renommierte wie der Preis der Jury beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, Grimmelshausen-Preis, Kulturpreis der Stadt Kiel. Der 2016 mit dem Berliner Literaturpreis ausgezeichnete Autor kommt nach Göppingen auf Einladung der Integrationsbeauftragten Dragica Horvat.

Der Eintritt beträgt fünf Euro. Tickets erhalten Interessierte im ipunkt Göppingen, Telefon 07161 650-292. Veranstalter sind die Integrationsbeauftragte und die Stadtbibliothek. Infos gibt es bei Dragica Horvat per E-Mail DHorvat@goeppingen.de.

Foto: Melanie Grande

PM

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