Wenn die einfachsten Dinge im Leben nur noch mühsam von der Hand gehen, die Bewältigung des Alltags sinnlos und trostlos erscheint, dann lautet oft die Diagnose Depression. Dabei trifft diese Erkrankung Frauen doppelt so häufig als Männer. Die AOK Neckar Fils beobachtet seit mehreren Jahren einen Anstieg der Behandlungen bei den Versicherten im Landkreis Göppingen. Während sich im Vorjahr 8.791 Frauen ambulant oder stationär behandeln ließen, waren es vor drei Jahren noch 7.719. Bei den Männern stieg die Zahl von 3.523 (2013) auf 4.413 (2015). Die Zahl der Erkrankten ist seit 2011 damit um durchschnittlich 8 Prozent gestiegen.
Insgesamt zählte die AOK Neckar-Fils, die mehr als 40 Prozent der Bevölkerung in den Kreisen Esslingen und Göppingen betreut, im vergangenen Jahr 36.887 Versicherte mit der Diagnose Depression. Dabei ist auffällig, dass mit zunehmendem Alter die Anfälligkeit für diese Erkrankung steigt. Im Alter von 40 bis 49 Jahren treten die Erkrankungsfälle vermehrt auf und erreicht in der Gruppe der 50- bis 64-Jährigen ihren Höchststand. Danach folgt ein kurzer Rückgang, bevor bei den Senioren im Alter von 75 bis 79 Jahren nochmals ein Ansprung zu beobachten ist. Depressionen gehören zu den fünf häufigsten Erkrankungen in der Hausarztpraxis. Meistens besteht zwischen dem Hausarzt und seinem Patienten ein besonderes Vertrauensverhältnis. Das kann bei der Diagnose hilfreich sein, denn eine Depression ist nicht immer leicht zu erkennen. „Viele Patienten berichten zunächst von Symptomen wie Schlaflosigkeit, diffusen Kopfschmerzen oder Verdauungsbeschwerden, Muskelverspannungen oder anderen vegetativen Beschwerden. Oft führen die Antworten auf zwei Fragen auf die richtige Spur: Hat sich der Betroffene im letzten Monat häufig niedergeschlagen, bedrückt, traurig oder gar hoffnungslos gefühlt? Hatte er in dieser Zeit deutlich weniger Freude an Dingen, die er sonst gerne macht?“, sagt Dipl.-Psychologe Rolf Wachendorf.
Dass Ärzte bei Frauen etwa doppelt so häufig die Diagnose Depression feststellen als bei Männern, dafür gibt es unterschiedliche biologische und psychosoziale Erklärungen. So ist bei Männern eine Depression schwieriger zu erkennen. „Frauen sprechen eher über ihre Ängste und Stimmungsschwankungen und werden so leichter als „depressiv“ eingeordnet, während bei Männern oft zuerst organische Ursachen vermutet werden“, so Wachendorf. Die Wochenbett-Depression, eine depressive Verstimmung nach der Geburt eines Kindes, sowie das prämenstruelle Syndrom zeigen, dass es für den Geschlechterunterschied auch hormonelle Gründe geben kann. Zusatzinformationen:
Die AOK Baden-Württemberg zählte 2015 insgesamt 453.738 Versicherte, davon 307.051 Frauen und 146.687 Männer, die von der Erkrankung Depression betroffen waren. Etwa 11,2 Prozent aller Versicherten (Frauen 14,5 Prozent, Männer 7,6 Prozent) waren im Jahr 2015 in ambulanter oder stationärer Behandlung. Altersstandardisiert sind Frauen etwa 1,8-mal so häufig betroffen als Männer.
PM