Im Dezember 2013 waren in Baden‑Württemberg 298 769 Personen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes. Nach einer neuen Modellrechnung des Statistischen Landesamtes zur kommenden Messe »Pflege Plus« vom 26. bis 28. April 2016 in Stuttgart, »könnte die Zahl der Pflegebedürftigen in Baden‑Württemberg allein aus demografischen Gründen bis zum Jahr 2030 um 103 000 zunehmen und damit auf rund 402 000 Menschen steigen«. Dies sagte Dr. Carmina Brenner, die Präsidentin des Statistischen Landesamtes, im Vorfeld der Messe. Dies wäre nach Brenner ein Anstieg um 35 Prozent oder gut einem Drittel. Bis zum Jahr 2050 könnte die Zahl pflegebedürftiger Menschen sogar um 93 Prozent zunehmen und damit um fast 279 000 Personen auf dann rund 578 000 Pflegebedürftige steigen. Im Jahr 2030 würde sich für Baden‑Württemberg somit eine Pflegequote von 3,61 Prozent errechnen, für 2050 von 5,28 Prozent. Die Pflegequote im Jahr 2013 lag bei 2,81 Prozent und war nach der von Bayern mit 2,61 die niedrigste in Deutschland.
Brenner: »Die Menschen werden nicht nur älter, sie sind auch meist länger in einer guten körperlichen und geistigen Verfassung. Mit dem höheren Alter nimmt aber die Pflegebedürftigkeit zu. Ob die Kosten der Pflege auch in diesem Umfang steigen, kann niemand sagen. Die technische Entwicklung und neue Methoden der Gesundheitsfürsorge könnten sich hier dämpfend auswirken.«
Nach den Ergebnissen dieser neuen Modellrechnung dürfte die Zahl der pflegebedürftigen Frauen bis 2030 auf rund 252 000 um 31 Prozent oder rund 60 000 steigen, während die Zahl der männlichen Pflegebedürftigen um 40 Prozent oder rund 43 000 auf dann 150 000 zunehmen könnte. Je nach Pflegeart fällt die Zunahme bis zum Jahr 2030 jedoch unterschiedlich aus. Die Zahl der vollstationär Untergebrachten würde mit 43 Prozent von allen drei Pflegearten am stärksten steigen, von 90 845 auf fast 130 000 Personen (Schaubild). Die Zahl der ambulant Gepflegten könnte demnach bis 2030 von 63 331 auf rund 88 000 Personen zunehmen, d.h. um 39 Prozent. Deutlich darunter läge dagegen die Zunahme bei den Pflegegeldempfängern, also der Personen, die ausschließlich durch ihre Angehörigen versorgt werden. Hier beträgt der Zuwachs nach der Modellrechnung 28 Prozent, d.h. die Zahl der Pflegegeldempfänger würde von 144 593 auf rund 185 000 Personen zunehmen. Wurden 2013 noch 48 Prozent aller Pflegebedürftigen zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt, könnte dieser Anteil bis 2030 auf 46 Prozent sinken. Der Anteil der vollstationär gepflegten Menschen würde dagegen von 30 Prozent auf 32 Prozent ansteigen, während sich nach der Modellrechnung im ambulanten Bereich der Anteil der Pflegebedürftigen von heute 21 Prozent auf 22 Prozent in Zukunft nur unwesentlich verändern würde.
Annahmen der Modellrechnung: Die Modellrechnung des Statistischen Landesamtes unterstellt dabei, dass sich die derzeitigen Pflegewahrscheinlichkeiten in den kommenden Jahren nicht wesentlich verändern (Status-Quo-Rechnung). Da sich die Pflegehäufigkeiten sowohl nach dem Geschlecht wie auch nach der Art der Pflege stark unterscheiden und auch nach den Altersjahren variieren, wurden die Pflegehäufigkeiten für die einzelnen Jahrgänge nach dem Geschlecht sowie nach der Art der Pflege getrennt ermittelt. Bei dieser Modellrechnung bleibt allerdings die Möglichkeit unberücksichtigt, dass die bis 2030 bzw. 2050 zu erwartende Verlängerung der Lebenszeit unter Umständen auch zu einer Veränderung des Pflegerisikos führen wird. Weiter ist zu bedenken, dass der derzeit mit 48 Prozent noch recht hohe Anteil von Pflegegeldempfängern vor allem als Folge der Veränderungen in den Familienstrukturen deutlich zurückgehen könnte und stattdessen professionelle Einrichtungen stärker in Anspruch genommen werden. Es ist zudem festzuhalten, dass dieser Vorausrechnung die Bevölkerungsvorausrechnung für Baden‑Württemberg mit dem Bevölkerungsstand zum 31. Dezember 2014 zugrunde liegt.
Ausgehend von der Zahl der hochgerechneten Pflegebedürftigen, die von ambulanten und stationären Einrichtungen versorgt werden, kann auch auf den wahrscheinlichen zukünftigen Bedarf an Pflegekräften geschlossen werden. Die Modellrechnung geht dabei davon aus, dass sich das Verhältnis von Pflegebedürftigen zu Pflegepersonen bis 2030 nicht wesentlich ändert. Dann würde sich bis 2030 der Bedarf an Pflegekräften und sonstigem Pflegepersonal von 122 420 Beschäftigten im Jahre 2013 um 42 % erhöhen und läge somit bei rund 173 000 Personen.
Die tatsächliche Entwicklung bei den Pflegebedürftigen sowie bei den Pflegekräften kann nicht punktgenau bestimmt werden. Die aufgezeigte langfristige Entwicklung hat Modellcharakter und zeigt, wie sich unter den getroffenen Annahmen die Zahl der Pflegebedürftigen bzw. die Zahl der Pflegekräfte entwickeln könnte. Dabei wird der Verlauf der maßgeblichen Einflußgrößen (auch der Bevölkerungsstruktur) mit zunehmendem Abstand zum Basiszeitpunkt immer schwerer vorhersehbar.
Tabelle 1
Zahl der Pflegebedürftigen in Baden-Württemberg 2013 und 2030 nach Art der Pflege | |||
Pflegebedürftige | 2013 | 2030 | in % |
vollstationär Gepflegte | 90.845 | 130.000 | 43 |
ambulant Gepflegte | 63.331 | 88.000 | 39 |
Pflegegeldempfänger | 144.593 | 185.000 | 28 |
Zusammen | 298.769 | 402.000 | 35 |
Herausgegeben vom Statistischen Landesamt Baden‑Württemberg.