Sozialministerin Katrin Altpeter hat einen neuen Report zur Lebenssituation von Vätern in Baden-Württemberg vorgestellt. Demnach sagen zwei Drittel der Männer mit minderjährigen Kindern, dass ihnen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht gut gelingt. Viele wünschen sich mehr Zeit für die Familie, sehen aber keine Möglichkeit, diesen Wunsch zu realisieren. Ministerin Altpeter will deshalb bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Zukunft die Anliegen von Männern stärker berücksichtigen.
„Oft wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausschließlich als Frauenthema diskutiert. Bei Vätern wird zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Work-Life-Balance selbstverständlich gelingt oder gar nicht angestrebt wird. Aber auch viele Männer fühlen sich von der Gesellschaft und der Wirtschaft nicht genug unterstützt, um sich neben dem Beruf mehr um ihre Kinder zu kümmern. Das müssen wir ändern“, sagte die Ministerin. Der Familienreport „Väter“ wurde von der Familienforschung Baden-Württemberg im Auftrag des Sozialministeriums erarbeitet.
Welche Unterstützung wünschen sich Väter?
Unterstützungsbedarf, um Beruf und Familie vereinbaren zu können, sehen Väter in den Bereichen Infrastruktur, Finanzen und Zeitpolitik. Die größte Entlastung würde es für sie eigenen Angaben zufolge bedeuten, weniger arbeiten zu müssen (50 Prozent), sich die Arbeitszeiten flexibler einteilen zu können (37 Prozent) oder die Möglichkeit zu haben, Arbeit von zuhause aus erledigen zu können (29 Prozent).
Veränderung der Arbeitskultur erforderlich
Ministerin Altpeter setzt vor allem auf eine Veränderung der Arbeitskultur, um Männern mehr Familienleben zu ermöglichen. „Wir müssen weg von der Präsenzkultur und hin zu einer modernen Arbeitswelt mit einer echten Vielfalt von Berufs- und Karrieremodellen“, sagte Altpeter. Erforderlich sei die Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots an Teilzeitarbeitsplätzen, insbesondere auch bei Stellen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben. Zudem müsse das Management für das Thema sensibilisiert und die Akzeptanz einer aktiven Vaterschaft am besten durch eigenes Vorleben erhöht werden.
„Je höher der Anteil von ‚neuen Vätern‘ in den Unternehmen und unter den Vorgesetzten ist, umso mehr Männer werden sich das zum Vorbild nehmen“, sagte Altpeter. Die Ministerin wies auf das Angebot des Kompetenzzentrums „Beruf und Familie Baden-Württemberg“ hin, mit dem das Land Arbeitgeber bei der familiengerechten Weiterentwicklung von Verwaltung und Unternehmen unter anderem mit Informations- und Beratungsleistungen sowie Führungskräftefortbildungen unterstütze.
Familienfreundlichkeit als Standortfaktor
Auch angesichts des mit dem demografischen Wandel einhergehenden drohenden Fachkräftemangels liegt es Ministerin Altpeter zufolge im Interesse der Unternehmen, familienbewusste Personalmaßnahmen auch für Väter auszuweiten. „Für die baden-württembergischen Unternehmen und Betriebe ist die Familienfreundlichkeit zu einem echten Standortfaktor geworden. Die Unternehmen müssen qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen und halten. Familienbewusste Personalmaßnahmen kommen dabei Arbeitgebern wie Beschäftigten gleichermaßen zugute, denn sie erhöhen die Zufriedenheit der Beschäftigten und tragen dazu bei, gut eingearbeitete und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig an ein Unternehmen zu binden“, so Altpeter. Sie verwies auf aktuelle Zahlen, wonach 80 Prozent der Arbeitgeber Väterfreundlichkeit zwar als wichtiges Zukunftsthema identifiziert haben, jedoch lediglich 18 Prozent bereits spezielle Maßnahmen umgesetzt haben.
Zentrale Ergebnisse des Reports „Väter“
- In Baden-Württemberg lebten 2013 rund 22 Prozent aller Männer mit minderjährigen Kindern zusammen in einem Haushalt, das waren gut 941.000 Männer.
- 000 der Väter (rund 90 Prozent) waren verheiratet. Rund 72.000 der Väter lebten mit Kind/ern und der Mutter in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Gut 18.000 Väter waren alleinerziehend. Das Durchschnittsalter von Vätern mit minderjährigen Kindern im Haushalt lag bei 43 Jahren.
- Fast zwei Drittel der Väter gelingt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie laut eigener Aussage nicht. Drei Viertel der Väter gab an, dass sie mehr arbeiten als sie wollen.
- Wenn Männer Väter werden, erhöht sich ihre wöchentliche Arbeitszeit, sie arbeiten durchschnittlich zwei bis vier Stunden mehr als Männer gleichen Alters ohne Kinder. Weniger als fünf Prozent der Väter arbeiten in Teilzeit.
- Eine Familiengründung führt zu einer Retraditionalisierung der Rollenverteilung in Familien – selbst dann, wenn die Aufteilung der Hausarbeit zuvor egalitär gestaltet war. Nur etwa neun Prozent aller Väter übernehmen nach der Geburt des Kindes mindestens in gleichem Maße Aufgaben rund um das Kind wie die Mutter.
- In 55 Prozent aller Familien in Baden-Württemberg arbeitet der Vater in Vollzeit und die Mutter Teilzeit. Dieser Prozentsatz liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt (47 Prozent). Dass beide Eltern Vollzeit arbeiten, kommt in Baden-Württemberg dagegen weniger häufig vor als im Bundesdurchschnitt (14 Prozent vs. 18,3 Prozent).
- Viele, vor allem jüngere Väter bewerten die Retraditionalisierung der Arbeitsteilung nach der Familiengründung nicht unbedingt positiv. Der Anteil der Männer, der egalitäre Rollenmodelle befürwortet, ist in den vergangenen 30 Jahren deutlich angestiegen, von weniger als einem Drittel auf drei Viertel aller Männer. Viele Männer haben den Wunsch, nach der Familiengründung viel Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und im Alltag Verantwortung zu übernehmen. 44 Prozent wollen Elternzeit nehmen, 30 Prozent können sich vorstellen, nur halbtags zu arbeiten und 17 Prozent können sich vorstellen, als Hausmann zu Hause zu bleiben.
Weitere Informationen
Die Reports „Familien in Baden-Württemberg“ werden im Rahmen der Familienberichterstattung des Landes im Auftrag des Sozialministeriums erstellt. Sie erscheinen mehrmals jährlich mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten.
FamilienForschung Baden-Württemberg
Sozialministerium: Familien in Baden-Württemberg – Väter (PDF)
PM