Dank der Fahrten der Spezialbeförderung können Menschen mit eingeschränkter Bewegungsmöglichkeit am kulturellen Leben teilnehmen und soziale Kontakte pflegen.
Margit Haas, Pressereferentin
Der Lebensmut und die positive Haltung von Petra H. nötigen Respekt ab. Vor 30 Jahren erhielt sie die Diagnose MS. Anfänglich war es nur ein Kribbeln in den Beinen. Heute ist sie auf Hilfsmittel, bereits seit 1997 auf einen Rollstuhl angewiesen. „Anfangs brauchte ich ihn nur für längere Strecken“, erinnert sie sich. Bis 1997 hatte sie auch bei der Telekom gearbeitet. Dann war dies aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr möglich. Die schreiten fort. „Vor einem Jahr noch konnte ich morgens alleine aufstehen und alleine ins Bad. Das ist heute nicht mehr möglich“. Mit diesem Umstand will sie sich aber nicht abfinden, hadert auch nicht mit ihrem Schicksal, fragt nicht nach dem Warum, sondern blickt nach vorn und sagt mit großer Überzeugung: „Ich will wieder auf die Füße kommen“. An diesem heißen Sommertag wartet sie – wie beinahe jeden Tag – auf die Krankengymnastin. Und will am Nachmittag zu ihrem Friseur nach Reichenbach an der Fils. Ohne eine Begleitung würde sie diesen Weg freilich nicht schaffen. Sie ist auf eine Spezialbeförderung angewiesen, wie sie vom Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes angeboten wird.
Mitarbeiter/innen im Bundesfreiwilligendienst oder im Freiwilligen Sozialen Jahr mit entsprechend ausgerüsteten Fahrzeugen fahren die Menschen mit einer Körperbehinderung eben zum Friseur, ins Kino oder vielleicht auch einmal zu einem Klassentreffen. Finanziert werden diese Fahrten vom Kreissozialamt. Auf Antrag der Wohlfahrtsverbände hatte die Behörde vor zwei Jahren die als Freiwilligkeitsleistung gewährte Entschädigungen für die Aufwendungen der Verbände erhöht – gleichzeitig aber den Personenkreis, der Anspruch auf die Spezialbeförderung hat, deutlich reduziert und Einkommensgrenzen ebenfalls zum Nachteil von eventuell Berechtigten „angepasst“. „Die Zahl derer, die Anspruch auf die Spezialbeförderung haben, hat sich so deutlich reduziert“, bedauert Birgit Dibowski, beim DRK-Kreisverband Göppingen für die Sozialarbeit verantwortlich. Aus ihrer langjährigen Erfahrung weiß sie aber, „wie wichtig gerade kulturelle Aktivitäten und soziale Kontakte für Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit sind“. Dies kann Petra H. nur bekräftigen. Sie bedauert sehr, „dass die Fahrten deutlich reduziert wurden. Ich muss nämlich jetzt selbst schauen, wie ich alles erledige“. Zum Glück hat die 50-Jährige Familie und Freunde, die sie unterstützen. Nicht jeder aber, der dies gerne tun würde, kann dies auch. Denn es erfordert Geschicklichkeit und Kraft, Petra H., die nur noch den rechten Arm bewegen kann, aus dem Rollstuhl heraus und in ein Auto hinein zu tragen. All diese Beschwernisse geht Petra H. aber relativ gelassen an – und ist damit Vorbild für viele andere Menschen.
Info: Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Vermerk „aG“ haben – abhängig von ihrem Einkommen – Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die Spezialbeförderung nach der „Richtlinie für die Inanspruchnahme von Spezialbeförderungsdiensten nach den Vorschriften des SGB XII“. Der Antrag ist beim Kreissozialamt zu stellen. Weitere Informationen im „Wegweiser für Menschen mit Behinderung im Landkreis Göppingen“ des Landratsamtes.