Generation 65 plus: landschaftlich attraktive Regionen gefragt – Der Bodensee- und der Ortenaukreis profitierten zuletzt am stärksten vom Zuzug 65-Jähriger und Älterer

Die Zuwanderung nach Baden‑Württemberg ist in den vergangenen Jahren enorm angestiegen: Lag das Wanderungsplus, also die Differenz zwischen Zu- und Fortzügen, in den Jahren 2008 und 2009 nur bei etwa 4.000 bzw. ca. 3.000 Personen, so waren es im Jahr 2012 bereits 66 000 und in 2013 sogar 70 000 Personen. Ein noch höherer Wanderungsgewinn als im Jahr 2013 wurde damit letztmalig im Jahr 1992 erzielt, so das Statistische Landesamt.

Die Wanderungsgewinne Baden‑Württembergs konzentrieren sich hierbei vor allem auf die Altersgruppe der jungen Erwachsenen. Dagegen war und ist der Wanderungssaldo bei den Älteren negativ. In der Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren sind in den letzten Jahren per Saldo jeweils zwischen 2 000 und 3 000 Personen aus dem Südwesten fortgezogen. Dabei entfiel der Großteil des Wanderungsverlusts auf ausländische Mitbürger. Es handelt sich hierbei wohl vor allem um europäische Zuwanderer, die insbesondere bis zum Anwerbestopp im Jahr 1973 nach Baden‑Württemberg kamen und nunmehr nach dem Eintritt in den Ruhestand in ihr früheres Heimatland zurückgekehrt sind. 1 Von einer Abwanderung älterer Menschen sind die einzelnen Stadt- und Landkreise im Südwesten recht unterschiedlich betroffen: Die mit Abstand stärksten Verluste zeigen sich im Zeitraum 2011 bis 2013 für die Landeshauptstadt Stuttgart und zwar sowohl bei der ausländischen als auch bei der deutschen Bevölkerung 2 . Dagegen haben in den letzten Jahren vor allem der Bodensee- sowie der Ortenaukreis am stärksten von Wanderungsgewinnen bei den 65-Jährigen und Älteren profitiert, wobei der Wanderungssaldo bei den ausländischen Senioren auch in diesen Kreisen negativ war. Die einzigen Kreise, in denen etwas mehr ältere Ausländer zu- als fortzogen, waren im Betrachtungszeitraum die Kur- und Bäderstadt Baden-Baden sowie der Landkreis Waldshut.

Die amtliche Wanderungsstatistik liefert keine unmittelbaren Erkenntnisse darüber, weshalb von Senioren bestimmte Gebiete als »Altersruhesitz« präferiert werden. Die vorliegenden Daten sowie auch Umfrageergebnisse lassen aber erkennen, dass Ältere vor allem landschaftlich und kulturell attraktive Gegenden mit einer seniorengerechten Infrastruktur auswählen oder dorthin ziehen, wo sich die eigenen biografischen Wurzeln befinden. Im höheren Alter spielt aber auch die Pflege- bzw. Hilfsbedürftigkeit eine zunehmende Rolle, so dass das Vorhandensein von Pflegeeinrichtungen einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Wanderungsgeschehen hat. 3 Schließlich stellt die größere räumliche Nähe zu Verwandten, insbesondere zu Kindern, ein wichtiges Motiv für die Wahl eines neuen Wohnortes dar. 4

1Vgl. Möser, Thilo: Remigration von „Gastarbeitern“ in ihre Herkunftsländer – eine Verlaufsdatenanalyse mit dem Sozio-ökonomischen Panel, Diplomarbeit 2005, S. 67.

2Um Zufallsschwankungen möglichst auszuschließen, wurden bei der Kreisbetrachtung die drei aktuellsten verfügbaren Jahre – 2011 bis 2013 – zusammengefasst.

3Vgl. Schwarck, Cornelia: Wohin zieht es ältere Menschen in Baden‑Württemberg?, in: Statistisches Monatsheft Baden‑Württemberg 5/2008, S. 14 ff.

4Vgl. LBS Norddeutsche Landesbausparkasse: Die Zukunft der Städte in Niedersachsen – Osnabrück, Untersuchung erstellt durch das Pestel Institut e.V., Osnabrück 2004, zitiert aus: Eichhorn, Lothar: Wanderungssalden der Senioren in den Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands, in: Statistische Monatshefte Niedersachsen, 4/2006, S. 168.

 

Wanderungssaldo in Baden-Württemberg seit dem Jahr 2000
Jahr Wanderungs-saldo insgesamt Davon Wanderungs-saldo der 65jährigen und Älteren Davon
Deutsche Ausländer Deutsche Ausländer
2000 37.641 27.908 9.733 −122 815 −937
2001 69.222 38.577 30.645 57 933 −876
2002 56.117 32.086 24.031 −157 828 −985
2003 31.213 19.139 12.074 −869 411 −1.280
2004 20.065 13.474 6.591 −2.047 17 −2.064
2005 18.145 5.829 12.316 −2.222 −314 −1.908
2006 3.930 −3.758 7.688 −2.358 −311 −2.047
2007 12.392 −1.284 13.676 −2.531 −580 −1.951
2008 4.407 −1.629 6.036 −3.313 −678 −2.635
2009 3.421 −6.443 9.864 −3.742 −1.000 −2.742
2010 17.275 −6.813 24.088 −2.954 −479 −2.475
2011 41.458 −4.997 46.455 −2.703 −582 −2.121
2012 65.806 −3.003 68.809 −2.150 −252 −1.898
2013 70.172 −6.043 76.215 −2.636 −694 −1.942

 

Wanderungssaldo der 65jährigen und Älteren in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs 2011 bis 2013
Stadtkreis (SKR)
Landkreis (LKR)
Wanderungs-saldo der 65jährigen und Älteren insgesamt Davon von …
Deutschen Ausländern
Anzahl
Stuttgart (SKR) −2.343 −1.308 −1.035
Esslingen (LKR) −720 −253 −467
Mannheim (SKR) −963 −539 −424
Böblingen LKR) −324 55 −379
Ludwigsburg (LKR) −671 −293 −378
Rems-Murr-Kreis (LKR) −173 66 −239
Reutlingen (LKR) −272 −69 −203
Rhein-Neckar-Kreis (LKR) 114 286 −172
Göppingen (LKR) −381 −213 −168
Ostalbkreis (LKR) −300 −146 −154
Calw (LKR) −287 −142 −145
Heilbronn (LKR) 89 230 −141
Ulm (SKR) −146 −8 −138
Karlsruhe (SKR) −517 −383 −134
Rastatt (LKR) −331 −200 −131
Karlsruhe (LKR) 223 343 −120
Schwarzwald-Baar-Kreis (LKR) −97 13 −110
Zollernalbkreis (LKR) −224 −127 −97
Alb-Donau-Kreis (LKR) 15 110 −95
Heidelberg (SKR) −288 −195 −93
Ravensburg (LKR) 63 155 −92
Konstanz (LKR) 231 319 −88
Heilbronn (SKR) −306 −220 −86
Biberach (LKR) 3 71 −68
Freudenstadt (LKR) 5 72 −67
Bodenseekreis (LKR) 352 418 −66
Tübingen (LKR) 121 182 −61
Heidenheim (LKR) −222 −163 −59
Pforzheim (SKR) −118 −59 −59
Hohenlohekreis (LKR) 10 64 −54
Schwäbisch Hall (LKR) −40 14 −54
Neckar-Odenwald-Kreis (LKR) 18 71 −53
Tuttlingen (LKR) −149 −96 −53
Lörrach (LKR) −215 −166 −49
Enzkreis (LKR) −77 −29 −48
Rottweil (LKR) −236 −195 −41
Ortenaukreis (LKR) 261 297 −36
Main-Tauber-Kreis (LKR) 36 67 −31
Sigmaringen (LKR) −58 −28 −30
Breisgau-Hochschwarzwald (LKR) 236 264 −28
Freiburg im Breisgau (SKR) 114 140 −26
Emmendingen (LKR) 146 164 −18
Waldshut (LKR) −196 −206 10
Baden-Baden (SKR) 128 109 19
Baden-Württemberg −7.489 −1.528 −5.961

© Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2015

 

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