Mehr Aufmerksamkeit für geflüchtete Mädchen und junge Frauen!

Expertinnen und Fachkräfte benennen notwendige fachliche Kompetenzen, Qualifikationen, Ressourcen und Rahmenbedingungen für die Jugendhilfe

Bei der Tagung „Geflüchtete Mädchen und junge Frauen im Spannungsfeld von Fluchterfahrung, Aufenthaltsrecht und Jugendhilfe“ am 23. und 24. Juni in Hamburg steht die spezifische Situation von Mädchen und jungen Frauen mit Fluchterfahrungen im Mittelpunkt. Es werden fachliche Kompetenzen, Qualifikationen, Ressourcen und Rahmenbedingungen identifiziert, die für die Kinder- und Jugendhilfe notwendig sind, um die Lebenssituationen von begleiteten und unbegleiteten Mädchen und jungen Frauen zu verbessern und ihren Hilfe- und Unterstützungsbedarfen gerecht zu werden.

„Bisher wird der spezifischen Situation von geflüchteten Mädchen und jungen Frauen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Das gilt auch für die Kinder- und Jugendhilfe“, sagt Liliana Jaques (Landesarbeitsgemeinschaft Mädchenpolitik Hamburg e.V.) Angesichts globaler Entwicklungen und Kriege steigt die Anzahl geflüchteter Menschen in Deutschland und damit auch die Anzahl von Kindern und Jugendlichen. Dies stellt die Kinder- und Jugendhilfe insgesamt vor neue Herausforderungen: „Es gilt Zugänge zu Jugendhilfeangeboten zu verbessern, fachliche Standards zu hinterfragen und das sozialpädagogische Handeln weiterzuentwickeln. Auf die Situation geflüchteter Mädchen und junger Frauen – ob unbegleitet oder in Familien – muss mit spezifischen und niedrigschwelligen Angeboten eingegangen werden“, so Christine Schubart (Bundesarbeitsgemeinschaft Mädchenpolitik). Zu diesen Angeboten gehören nicht nur Sprachkurse, sondern auch geschlechtssensible Beratungs- und Freizeitangebote. Geschlechtshomogene Einrichtungen sind ein erster Schritt, um einen sicheren Zufluchtsort bereitzustellen. Flächendeckende Weiterqualifizierungen und Fortbildungen für Fachkräfte und Ehrenamtliche bieten eine wichtige Unterstützung für eine gelingende Praxis.

Erstaufnahmestellen und Folgeeinrichtungen sind nur in den seltensten Fällen mit Schutzräumen für Mädchen, Frauen und Familien ausgestattet. Aufgrund des großen Ungleichgewichts zwischen männlichen und weiblichen Flüchtlingen, gerade auch im Bereich der unbegleiteten Minderjährigen, sind weibliche Flüchtlinge in der Regel in der Minderheit. In Deutschland geht man von einem geschätzten Verhältnis von 30 zu 70 Prozent aus. Von daher sind Einrichtungen und Angebote in vielen Fällen männlich dominiert. Mit ihren Familien geflüchtete Mädchen werden oft „unsichtbar“, da sie aufgrund der traumatischen Erfahrungen auf der Flucht, von ihren Angehörigen abgeschirmt und extrem beschützt werden. „Der Blick auf mädchenspezifische Bedarfe muss daher standardmäßig ein Qualitätskriterium aller Flüchtlingsarbeit sein, geschützte Räume müssen überall geschaffen werden!“ sagt Susanne Käppler (Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit).

Die Veranstalterinnen fordern angelehnt an Nordrhein-Westfalen eine behördliche Handlungsanweisung für die Jugendämter, dass Mädchen nur von weiblichem Personal betreut werden. Tanja Chawla (HAW Hamburg, Dept. Soziale Arbeit) betont: „Der Bedarf an Austausch über geschlechtssensible Handlungsansätze in diesem Feld ist groß.“

Bei der mit rund 150 Teilnehmenden gut besuchten Veranstaltung wird nicht nur über die Zielgruppe gesprochen. Geflüchtete Mädchen und junge Frauen selbst berichten von ihren Erfahrungen und formulieren ihre Ideen, Wünsche und Bedarfe – eine der wichtigsten Grundlagen zur Entwicklung von Perspektiven.

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