Zur heute vorgestellten Greenpeace-Studie und zu den Bioland-Forderungen zum Thema Pestizide erklärt Harald Ebner, Sprecher für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik und Pestizidexperte der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen:
Große Teile unserer Landwirtschaft brauchen dringend einen Systemwechsel. Die Abhängigkeit von giftigen Pestiziden, die Menschen krank machen und langfristig unsere Lebensgrundlagen zerstören, ist eine gefährliche Sackgasse. Die Studienergebnisse zeigen ein weiteres Mal die Notwendigkeit einer echten Agrarwende auf. Unsere Landwirtschaft muss endlich von der Spritze loskommen. Es geht auch ohne Gift, wie der Biolandbau seit Jahrzehnten eindrucksvoll beweist.
Die Krebswarnung der WHO-Experten für das allgegenwärtige Acker- und Gartengift Glyphosat ist für die Bundesregierung und ihre Behörden kein Grund zu Handeln. Was muss noch passieren, um sie aufzuwecken? Stattdessen ergreifen jetzt schon Baumärkte selbst die Initiative und nehmen den Pflanzenkiller aus den Regalen. Das ist lobenswert, aber es ersetzt kein Glyphosatverbot. Die EU-Zulassung für den Stoff darf nicht verlängert werden.
Auch die bienengiftigen Neonikotinoide müssen jetzt dauerhaft aus dem Verkehr gezogen werden. Denn ohne Bienen hat unsere Landwirtschaft keine Zukunft. Ohne Gift dagegen schon. Die aktuellen Meldungen zu Glyphosat und Neonikotinoiden müssen Anlass sein, alle zugelassenen Pestizide noch einmal kritisch und vor allem unabhängig unter die Lupe zu nehmen. Bis zur vollständigen Umstellung auf eine giftfreie Landwirtschaft muss ihr Einsatz noch strenger reglementiert werden als bisher.
Ein Weg, diese Umstellung zu beschleunigen, könnte eine Pestizidabgabe sein, wie sie Bioland jetzt vorgeschlagen hat. Schließlich wäre es nur fair, die Verursacher an den immensen Folgekosten durch Umwelt- und Gesundheitsschäden zu beteiligen. Dadurch würden gleichzeitig pestizidfrei erzeugte Produkte aus Öko-Anbau wettbewerbsfähiger. Eine Pestizidabgabe wäre also auch ein Mittel der Wettbewerbspolitik. Diesen Vorschlag sollten wir mit allen Beteiligten vorurteilsfrei diskutieren.
PM