Der Ministerrat hat am Dienstag (12. Mai 2015) den Entwurf einer landesweiten „Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ zur Anhörung der Verbände freigegeben. „Der Klimawandel ist auch in Baden-Württemberg bereits in vollem Gange“, betonte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Neben dringend notwendigen Maßnahmen für einen wirksamen Klimaschutz müssen wir uns daher auch überlegen, wie wir unser Land vor den unvermeidbaren Folgen des Klimawandels schützen und wie wir mögliche Chancen nutzen können.“
„Die durchschnittliche Jahrestemperatur in Baden-Württemberg ist von 8° Celsius im Jahr 1900 auf heute über 9° Celsius angestiegen“, erklärte Umweltminister Franz Untersteller. „Die Sommer im Land fallen trockener aus als früher, dafür haben die Niederschläge im Winter bis zu 35 Prozent zugenommen. Und in den letzten 25 Jahren setzte die Apfelblüte rund 13 Tage früher ein als im Vergleichszeitraum 1961 bis 1990.“ Studien zufolge werden sich diese Entwicklungen auch dann weiter fortsetzen, wenn das klimapolitische 2-Grad-Ziel doch noch erreicht werden könne, sagte der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft weiter. „Die Folgen hiervon betreffen uns alle“, sagte Ministerpräsident Kretschmann. So könnten Hitzeperioden insbesondere älteren Bürgerinnen und Bürgern gesundheitliche Probleme bereiten, die zunehmende Trockenheit im Sommer könne die Waldbrandgefahr erhöhen und zu landwirtschaftlichen Ernteausfällen führen. Auch neu einwandernde Tier- und Pflanzenarten könnten das ökologische Gleichgewicht aus den Fugen bringen oder bisher bei uns unbekannte Krankheitserreger und Schädlinge könnten sich ausbreiten. „Wir wollen daher rechtzeitig Anpassungsmaßnahmen speziell für unser Land entwickeln, die uns weniger verwundbar machen gegenüber den Folgen des Klimawandels“, so der Ministerpräsident. Nicht zuletzt senke eine gute Vorbereitung auch die Klimafolgekosten.
„Der vorliegende Strategie-Entwurf basiert auf wissenschaftlich fundierten Abschätzungen, wie sich das Klima in Baden-Württemberg entwickeln wird“, erläuterte Umweltminister Untersteller weiter. Hierzu seien auch die Ergebnisse aus 30 regionalen Klimaprojektionen ausgewertet und hierauf basierend eine sogenannte „Vulnerabilitätsanalyse“ erstellt worden. Diese umfasse eine landesweite Darstellung der Risiken und Chancen der Folgen des Klimawandels für neun besonders betroffene Handlungsfelder, darunter zum Beispiel die Bereiche Gesundheit, Stadt- und Raumplanung, Wald- und Forstwirtschaft, Tourismus, Naturschutz und Biodiversität oder Wasserhaushalt. „In jedem Handlungsfeld haben wir bis zu zehn mögliche Anpassungsmaßnahmen vorgeschlagen“, so der Umweltminister. So solle beispielsweise die Information und Bewusstseinsbildung zu Tropenkrankheiten und deren Überträgern, die in Baden-Württemberg heimisch zu werden drohen, durch entsprechend spezialisierte Diagnose- und Therapiekapazitäten erhöht werden. Für Personen, die Berufe im Freien ausüben, sind verbesserte Arbeitsschutzmaßnahmen erforderlich. Bei der Züchtung von Pflanzensorten solle der Klimaaspekt stärker berücksichtigt werden. Und wertvolle Kulturen könnten vermehrt durch Überdachungssysteme wie Hagelnetze oder Foliendächer vor Hagel und Starkregen geschützt werden. Der natürliche Wasserrückhalt in der Fläche soll gefördert werden, damit Hochwasser nach regenreichen Wintern und Niedrigwasser nach heißen Sommern besser abgepuffert werden können. In allen Tourismusbereichen sollen zudem nachhaltige Angebote zum naturnahen, regionalen Tourismus gestärkt und geschaffen werden. In der Stadtplanung soll der Kühlung im öffentlichen Raum, zum Beispiel durch Schatten spendende Maßnahmen wie Überdachungen, größere Bedeutung zukommen.
Von der bevorstehenden Anhörung erhoffe er sich konstruktive Rückmeldungen zum vorgelegten Strategie-Entwurf und kreative Vorschläge für weitere mögliche Maßnahmen, betonte der Minister. „Auch die Bürgerinnen und Bürger können den Entwurf der Anpassungsstrategie im Beteiligungsportal des Landes kommentieren“, so Untersteller.
Ergänzende Informationen:
Einen Arbeitsentwurf der Anpassungsstrategie hatte das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft am 14. November 2014 auf einem Kongress vorgestellt und mit 130 Vertretern aus Wirtschaft, Kommunal- und Landesverwaltung, Regionalverbänden, Umwelt- und Interessensverbänden sowie Experten aus Wissenschaft und Forschung diskutiert. Weiter wurde der Arbeitsentwurf bereits vom 14. November bis 19. Dezember 2014 über das Beteiligungsportal des Landes der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Bürgerinnen und Bürger konnten hierbei mitteilen, wie sie den Klimawandel und die Folgen für Baden-Württemberg und sich selbst einschätzen. Der Arbeitsentwurf der Anpassungsstrategie wurde anschließend überarbeitet und fortgeschrieben. Die Anhörung der Verbände läuft bis zum 12.Juni 2015. Solange besteht auch die Möglichkeit zur Kommentierung des Strategieentwurfs im Beteiligungsportal des Landes. Nach Abschluss und Auswertung der Anhörung soll der Ministerrat abschließend über die Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels entscheiden. Nach derzeitigem Zeitplan könnte dies noch vor der Sommerpause der Fall sein.
Der Entwurf der Anpassungsstrategie ist im Internet unter www.um.baden-wuerttemberg.de und www.beteiligungsportal-bw.de/anpassung-klimawandel bereitgestellt.
PM