Umsteigefrei von Geislingen zum Stuttgarter Flughafen?

Wird eine verlängerte S-Bahnlinie S 2 dauerhaft in Neuhausen enden oder ist eine Weiterführung nach Wendlingen/Plochingen realistisch? Und gibt es auf diesem Weg dann eine direkte Verbindung bis Geislingen? Hat eine Bahnverbindung vom Flughafen über die Neubaustrecke ins Neckartal bessere Chancen?

Die möglichen Streckenverläufe einer solchen Direktverbindung hat die VWI Verkehrswissenschaftliches Institut Stuttgart GmbH im Rahmen einer Studie im Auftrag des Verbands Region Stuttgart untersucht. Stefan Tritschler, Geschäftsführer des VWI, hat sie mir vorgestellt. Um den Lückenschluss zu schaffen, muss entweder eine Anschlussmöglichkeit von der Stuttgart 21-Neubaustrecke in Richtung Wendlingen geschaffen oder eine neue Strecke von Neuhausen aus ins Neckartal gebaut werden.

Eine für die letztgenannte Option unter Fahrgastgesichtspunkten durchaus vielversprechende Trassierung führt von Neuhausen über Denkendorf-Süd nach Altbach. Dadurch könnten täglich 18.300 Fahrgäste zusätzlich auf die Schiene gebracht werden. Die nicht unerheblichen Kosten lägen bei 660 bis 750 Millionen Euro. Ein großer Kostentreiber wäre die nötige Unterfahrung von Neuhausen in einem tief gelegenen Tunnel. Der Tunnel verursacht sehr hohe Kosten, da die Strecke bereits deutlich vor Neuhausen auf Höhe der Firma Thyssen in Tieflage gehen muss, um Neuhausen komplett zu unterqueren. Der Halt in Neuhausen müsste ebenfalls in die Tiefe verlegt werden, da der geplante ebenerdige Halt dann nicht mehr angefahren werden kann. Nichtsdestotrotz ermöglicht eine solche Streckenführung die Einrichtung einer S7 von Böblingen nach Göppingen und eine Verlängerung der S2 von Neuhausen nach Nürtingen mit großem verkehrlichen Nutzen. Diese Variante ist in der Abbildung als Variante 1 gekennzeichnet.

Eine preisgünstigere Variante wäre, lediglich Abzweige vom Flughafen auf die Stuttgart 21- Neubaustrecke und bei Wendlingen auf die Neckar-Alb-Bahn in Richtung Wendlingen/Plochingen zu schaffen. Die Züge würden einen Abschnitt der Neubaustrecke entlang der Autobahn mitnutzen. Diese Variante mit den beiden Abzweigen wird auf 210 bis 230 Mio. Euro taxiert. Allerdings wäre die Anzahl an zusätzlichen Fahrgästen mit etwa 5.400 deutlich geringer. Grund dafür ist einmal, dass hierbei nicht auf die Filstalbahn Richtung Göppingen geleitet werden kann. Ein weiterer Grund ist zudem die beschränkte Möglichkeit für die Taktung. Die freie Kapazität auf der Neubaustrecke Flughafen – Wendlingen lässt nur eine S-Bahnlinie im Halbstundentakt zu. Siehe Variante 2 in der Abbildung.

Für mich zeigt sich wieder einmal, dass mit Stuttgart 21 teure Infrastruktur mit stark begrenztem Potential für zukunftsfähige Betriebskonzepte geschaffen wird. Bei den Planungen wurden aus meiner Sicht Zukunftsoptionen für die Weiterentwicklung des Bahnverkehrs unzureichend berücksichtigt.

Mein Vorschlag zur Streckenführung, der alternativ mituntersucht werden sollte, sieht aus wie folgt (siehe Variante 3 in der Abbildung): Die S-Bahn aus Filderstadt macht in Neuhausen Kopf, um Neuhausen zunächst westlich und anschließend Neuhausen und Denkendorf nördlich zu umfahren. In Neuhausen-Nord ist optional eine zweite Haltestelle denkbar und in Denkendorf ist ein solcher fest vorgesehen. Bei Altbach kann dann an die Filstalbahn angeschlossen werden. Damit lässt sich die komplizierte und extrem teure Tunnelstrecke durch Neuhausen vermeiden, man verbindet die Filder auf kurzem Wege mit dem wichtigen Umsteigebahnhof Plochingen und schafft sogar die Option einer durchgehenden Bahnverbindung nach Göppingen. Sollte ein 15-Minuten-Takt über Filderstadt in Richtung Neuhausen kommen: Dann könnte jeder zweite Zug bereits vor Neuhausen nach Norden abbiegen und über Neuhausen-Nord und Denkendorf auf schnellstem Wege ins Neckartal fahren. Ergänzend ist denkbar, die Stadtbahn von Nellingen zu einem möglichen Bahnhof Denkendorf-Nord zu verlängern. Da es auch Überlegungen gibt, eine Stadtbahnverbindung von Esslingen nach Ostfildern zu bauen, ergeben sich weitere sehr spannende Optionen mit vielen potentiellen Fahrgästen.

Was wir jetzt brauchen ist die rasche Untersuchung der Varianten auf ihre Kosten und ihre Fahrgastpotentiale. Dann sind mutige politische Entscheidungen und weitere Planungsschritte erforderlich. Die täglich überlasteten Straßen in der Region zeigen das Potential möglicher Umsteiger, das es bestmöglich auszuschöpfen gilt.

Grafik: Selbst gefertigte, stark vereinfachte grafische Darstellung. Für die Planideen gibt es noch keine konkreten Trassierungen.

PM

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