Die Digitalisierung werde unsere Gesellschaft wie nie zuvor verändern. So startete der Fachreferent und ehemalige Bundestagsabgeordnete Clemens Binninger seinen Vortrag bei der Bezirkstagung des CDU Arbeitskreises der Polizei in Nordwürttemberg. Die Tagung stand unter dem Motto „Kriminalität 4.0 – Straftatenbegehung im Wandel“.
Es werde zum Beispiel ganz neue Formen von Mobbing bei Kindern und Jugendlichen geben. Früher ging es um das Malen von Herzen im Poesiealbum – heute werden die Herzen durch Likes in sozialen Netzwerken ersetzt, Fotos im Internet öffentlich preisgegeben und Diffamierungswellen über das Netz ausgelöst. Bereits Kinder bekommen die komplette Bandbreite von Mobbing im Internet zu spüren- so etwas präge, meint der Fachmann.
Wie sieht die aktuelle Sicherheitslage im Netz aus? Das Problem sei das riesige Dunkelfeld. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) verzeichnet 60.000 illegale Zugriffe auf Homepages im Monat. Das größte Problem seien Angriffe auf die sogenannte „kritische Infrastruktur“, wie Kliniken, Wasserversorgung, Energieunternehmen, Finanzen und Logistik. Die Unternehmen würden jetzt in einem IT-Sicherheitsgesetz verpflichtet, an das BSI verdächtige Vorfälle zu melden.
Was hieße das letztlich für die Ermittlungsbehörden? Binninger ist der Meinung, dass eine „Länderspezifika“, bei dem die Bundesländer alles allein organisieren, der falsche Weg sei. Es seien einfach zu viele Daten, die irgendwann einmal abgeglichen werden müssen. Darum gehe kein Weg an Kooperationsformen zwischen Polizei und Wirtschaftsunternehmen vorbei, ist sich Binninger, der mittlerweile auch an einer Universität in Berlin beschäftigt ist, sicher.
Was die Erhebung von Mautdaten angeht, sei der aktuelle Status eine Unverschämtheit. Es müsse wenigstens möglich sein, zur Aufklärung schwerer Straftaten auf Daten zugreifen zu dürfen, die sowieso erhoben werden. Auch eine DNA-Analyse auf ethnische Herkunft müsse, wenn wissenschaftlich abgesichert, ethisch vertretbar und datenschutzrechtlich abgesichert, möglich sein, so der Sicherheitsfachmann abschließend.
Bereits in seiner Begrüßung wies der Bezirksvorsitzende des Polizeiarbeitskreises Rainer Staib darauf hin, dass sich die Kriminalität verändert habe. „Kriminelle werden weiterhin neue Wege suchen, um an Beute zu gelangen.“ Den klassischen Bankraub werde es so nicht mehr lange geben. Die Polizei müsse sich mit ihren Ermittlungsbehörden darauf einstellen und neben mehr Personal und Technik auch die notwendigen rechtlichen Eingriffsbefugnisse bekommen, so Rainer Staib. „Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden“. In seinem Geschäftsbericht legte Rainer Staib die Arbeit der vergangenen zwei Jahre für den Polizeiarbeitskreis dar. Vor allem Bundes- und Landtagswahlen standen im Fokus der Diskussionen. Alle Kandidaten wurden über die Ziele des Arbeitskreises informiert und um Unterstützung gebeten. Insbesondere waren dies die mangelnde Personalausstattung, die Schaffung entsprechender Rechtsgrundlagen – welche eine zeitgemäße Ermittlungsarbeit ermöglicht – aber auch die Themen Vorratsdatenspeicherung und die Möglichkeit, Standortdaten rückwirkend erheben zu können.
Bei den danach durchgeführten Wahlen wurde Rainer Staib aus Bad Boll in seinem Amt bestätigt. Der Bereitschaftspolizist freue sich auf die spannende Aufgabe, sich auch weiterhin für die technischen, aber auch rechtlichen Verbesserungen bei der Polizei auf allen politischen Ebenen einzusetzen. „Die Sicherheit ist das Ruhekissen der Gesellschaft – dieses gilt es mehr denn je zu pflegen“, mahnt Rainer Staib. Ihm zur Seite wurden die beiden Stellvertreter Bettina Narr aus Böblingen und Christian Gehring aus Fellbach ebenfalls bestätigt. Im weiteren Vorstand: Frank Förstermann, Anita Mackh, Elke Groß, Petra Mugele, Karsten Bryant, Markus Fischer, Uli Müller, Thorsten Lange, Tomke Beddies, Martin Rathgeb, Rüdiger Giebler, Roland Stähle, Christoph Berroth und Manuel August.
Zum Abschluss der Tagung beschäftigten sich die Polizisten noch mit drei Fachanträgen. Zwei Anträge behandelten die oben genannten Themen Vorratsdatenspeicherung, Verpflichtung zur Datenherausgabe an Sicherheitsbehörden, wenn Unternehmen in Deutschland am Markt tätig sind, eine vorbehaltlose Ausweisung von Internetkriminalität in der polizeilichen Kriminalstatistik und die Möglichkeit einer rückwirkenden Standortdatenerhebung bei in Deutschland ansässigen Providern. In einem weiteren Antrag diskutierten die Polizisten die Frage, ob es eine Möglichkeit gäbe, eine Haftpflichtversicherungspflicht für Jedermann einführen zu können. Allen Anträgen folgten die Mitglieder, so dass jetzt der Weg für diese Anträge in den Landesvorstand des Polizeiarbeitskreises und in den CDU Bezirksvorstand frei ist.
Foto: Vorstand des CDU Arbeitskreis Polizei Nordwürttemberg
PM