Die seit langem verfolgten Pläne für den Ausbau der Autobahn Stuttgart-München am sogenannten Albaufstieg haben eine wichtige Hürde genommen. Das Bundesverkehrsministerium hat die Planunterlagen der baden-württembergischen Straßenbauverwaltung abgezeichnet und damit den Einstieg in das förmliche Planfeststellungsverfahren ermöglicht, wie das Verkehrsministerium in Stuttgart am Freitag mitteilte. Minister Winfried Hermann erklärte: „Es geht darum, dass der letzte Engpass auf der A 8 möglichst bald beseitigt werden kann. Deshalb setze ich mich auch mit Nachdruck für eine konventionelle Finanzierung aus dem Straßenbauetat des Bundes ein. Bisherige Pläne, den Albaufstieg als sogenanntes ÖPP-Projekt privat zu finanzieren müssen endlich ad acta gelegt werden. Der Bund hat derzeit genügend Geld im Haushalt und die Umsetzung durch die Straßenbauverwaltung des Landes geht schneller und ist preiswerter als durch Privatinvestoren. Deshalb ist auch die Forderung des Bundes, erneut auch die ÖPP-Variante zu untersuchen, unsinnig und würde das Projekt weiter verzögern.“
Der Bund hatte 2014 auf Drängen von Verkehrsminister Hermann entschieden, dass die Planung für den Albaufstieg fortgesetzt wird, nachdem sie 2006 wegen ungeklärter Finanzierungsfragen ausgesetzt worden war. Für die Wiederaufnahme der Planung hatte der Bund mitgeteilt, es könne nun ohne Mautstation auf der Albhochfläche geplant werden. Bei der aktuellen Planung ist auch vorgesehen, die bestehende Aufstiegstrasse als leistungsfähige, Bedarfsumleitungsstrecke zu erhalten.
Minister Hermann betonte: „Die Autobahn 8 Karlsruhe-Stuttgart-München ist eine Hauptverkehrsachse von europäischer Bedeutung. Der durchgehende Ausbau dieser Autobahn ist eines der größten und wichtigsten Straßenbauprojekte im Land. Deshalb wird auch die Planung des noch ausstehenden Ausbaus des Albaufstiegs vom Land vorrangig vorangetrieben. Ich hoffe der Bund stellt sicher, dass – nach Vorliegen des Baurechts – dieses wichtige Projekt dann auch vom Bund zeitnah finanziert werden kann. Mit großer Sorge sehe ich deshalb die vom Bundesverkehrsministerium mit dem Gesehenvermerk mitgeteilte Absicht, erneut die Realisierung des Projekts als ÖPP-Modell prüfen zu wollen. Diese Prüfung wurde bereits mehrfach ohne ein positives Ergebnis durchgeführt und hat schon im Jahr 2007 dazu geführt, dass der damals fertiggestellte Panfeststellungsbeschluss auf Anweisung des Bundes nicht erlassen werden konnte. Das darf sich so nicht wiederholen“, betonte Minister Hermann. „Das Land Baden-Württemberg braucht den Ausbau des Albaufstieges jetzt und wir wollen so schnell wie möglich mit dem Bau beginnen.“
Um das zu erreichen, brauche das Land jetzt freie Hand vom Bund bei der zügigen Umsetzung des Ausbaus der Strecke. Weitere Verzögerungen durch langwierige Untersuchungen möglicher ÖPP-Modelle und durch die Übertragung des Projektes an die geplante Infrastrukturgesellschaft des Bundes für die Autobahnen, von der man bislang noch nicht wisse wann und wie sie einmal arbeiten wird, dürfe es nicht geben, sagte Minister Hermann. „Ich fordere alle Entscheidungsträger dazu auf, uns mit aller Macht darin zu unterstützen das Planfeststellungsverfahren jetzt so schnell wie möglich abzuschließen und danach unmittelbar mit der Umsetzung des Projektes unter der Federführung des Landes zu beginnen. Wenn nicht jetzt wann dann? Wir stehen kurz vor dem Baurecht, wir haben das Wissen und die Kapazitäten und der Bund hat das Geld.“
Die A 8 gehört im Bereich des Albaufstiegs zu den ältesten Autobahnstrecken Deutschlands. Die Albabstiegstrasse wurde 1937, die Albaufstiegstrasse 1957 mit jeweils 2 Fahrstreifen fertig gestellt. Seit dem Bau wurden außer der Substanzerhaltung keine nennenswerten Um- und Ausbauten vorgenommen. Insgesamt genügt die A 8 mit ihren großen Steigungen und großen Gefällen, den engen Kurven sowie der lediglich 2-streifigen Fahrbahnen ohne Standstreifen in keiner Weise mehr den Anforderungen, die heutzutage an eine Autobahn hinsichtlich Leistungsfähigkeit, Verkehrsqualität und Verkehrssicherheit gestellt werden.
Um den Albaufstieg den gestiegen Anforderungen anzupassen, wurden bereits in den 70er Jahren erste Planungen aufgestellt, welche Mitte der 80er Jahre weiterentwickelt wurden. 1993 erfolgte dann die Linienbestimmung durch das zuständige Bundesministerium. Der daraufhin erstellte RE-Vorentwurf erhielt im Jahr 2001 den Gesehenvermerk des Bundes. Auf Grundlage dieses RE-Vorentwurfs wurde die Genehmigungsplanung erstellt und am 27.09.2004 das Planfeststellungsverfahren zur Herstellung des Baurechts eingeleitet. Die Finanzierung des Projektes sollte aufgrund der hohen Kosten zu diesem Zeitpunkt über eine Mautstation auf der Albhochfläche in Form eines sogenannten F-Modells erfolgen, bei dem eine gesonderte Maut für die Befahrung des Albaufstiegs erhoben werden sollte. Das Planfeststellungsverfahren wurde jedoch kurz vor dem Planfeststellungsbeschluss bis zur endgültigen Entscheidung über die Finanzierung des Projektes auf das einseitige Verlangen des Bundes – und gegen den Wunsch des Landes – ausgesetzt.
Die vorgesehene Trasse des Albaufstiegs hat eine Länge von 8,3 km und ist damit um rd. 3,8 km kürzer als die bisherige Streckenführung, wodurch auch eine erhebliche Reisezeitverkürzung bewirkt wird. Aufgrund der Topographie werden künftig große Streckenabschnitte in zwei Tunneln (Tunnel „Drackenstein“, Länge rd. 1.700 m und Tunnel „Himmelschleife“, Länge rd. 1.200 m) und auf zwei Brücken (Filstalbrücke, Länge rd. 800 m, max. Höhe 52 m und Gosbachtalbrücke, Länge rd. 460 m, max. Höhe 71 m) verlaufen. Steigung bzw. Gefälle werden statt derzeit 5 % bzw. 6 % zukünftig jeweils maximal 3,5 % betragen. Als Fahrbahnquerschnitt ist ein 6-streifiger Ausbau mit Standstreifen vorgesehen, wodurch der Verkehrsablauf sowie die Verkehrssicherheit erheblich verbessert werden. Die Gesamtkosten des Projekts werden derzeit auf rund 617 Mio. Euro (brutto) veranschlagt.
Nachdem der Bund nun den Gesehenvermerk erteilt hat, muss das Land noch letzte Änderungen in die Planfeststellungsunterlagen einarbeiten und die sehr umfangreichen Planunterlagen (rd. 400 Planordner) zu vervielfältigen. Dafür wird mit einem Zeitbedarf von ca. 3 bis 6 Monaten gerechnet. Erst dann kann das Planfeststellungsverfahren wiederaufgenommen werden. Für das Planfeststellungsverfahren geht das zuständige Regierungspräsidium Stuttgart derzeit von einer Dauer von ca. einem Jahr aus.
A 8, sechsstreifiger Ausbau zwischen Mühlhausen und Hohenstadt (Albaufstieg Chronologie der A 8-Planung
- 1977-1978 Aufstellung und Genehmigung RE-Vorentwurf Brückentrasse Albabstieg
- 1989 Vorlage Gesamtwirtschaftliche Bewertung und Ökologische Risikoeinschätzung und Zusendung einer Wirtschaftlichkeitsberechnung seitens des Bundes
- 1991 Bund bittet um Kostenreduzierung vor allem hinsichtlich der Tunnel
- 1992 Antrag auf Linienbestimmung nach §16 FStrG
- 1993 Bestimmung der Linienführung für Variante E durch den Bund
- 1995 Planungsauftrag für RE-Vorentwurf, Betreibermodelle sind weiter zu entwickeln
- 1997-2001 Aufstellung und Genehmigung/Gesehen-Vermerk RE-Vorentwurf
- 1998 Privatfinanzierung in der Diskussion
- 1999 Leistungsbeschreibung für Machbarkeitsstudie nach dem Fern-Straßenbaufinanzierungsgesetz (FStrPrivFinG)
- 2000-2001 Machbarkeitsstudie eines Betreibermodells und RE-Vorentwurf mit geändertem Tunnelquerschnitt (12,75 m auf 13,50 m)
- 2002-2003 Fortschreibung Vorentwurf mit nachrichtlicher Darstellung einer kleinen Mautstelle
- 2003 Gesamtwirtschaftliche Bewertungen für 5 Varianten des Streckenabschnittes Mühlhausen – Hohenstadt der BAB A 8 mit Mauterhebung (Gutachten AVISO GmbH)
- 2003 Aktualisierung der Mautkalkulation für die Realisierungsvariante G (Gutachten IVV Aachen)
- 2003 Stellungnahme zu Schreiben des Bundes vom 16.05.03 hinsichtlich Größe der Mautstation
- 2003 Weisung des Bundes zur Aufteilung der Kosten in BAB-Trasse und Umfahrung einschl. Umrüstung und Suche nach automatischen Kassensystemen
- 2004 Mitteilung des Bundes; Kosten für Ertüchtigung des Bypasses und für die Rekultivierung können nicht über das F-Modell finanziert werden
- 2004 Fortschreibung RE-Vorentwurf mit Mautstelle und Tunnelquerschnittsprüfung
- 2004 Einleitung Planfeststellungsverfahren und Auslegung der Unterlagen
- 2005 erneute Planänderung
- 2005 Planänderungsverfahren und Erörterungstermin in Gruibingen
- 2005 Auf Wunsch des Bundes wurde das Verfahren vorläufig ausgesetzt.
- 2006 Fortschreibung der Kosten
- 2007-2008 Aufstellung einer Machbarkeitsstudie und Aktualisierung
- 2011 Bund bittet um Eignungsabschätzung
- 2014 Übermittlung der Eignungsabschätzung an den Bund
- 2014 Auf Drängen von Landesverkehrsminister Hermann erteilt der Bund den Auftrag, die Planung ohne Mautstation auf der Albhochfläche weiterzuführen; die Entscheidung über die Finanzierung (konventionell/ÖPP) steht noch aus
- 2015 Risikoanalyse für die beiden Tunnel wurde durchgeführt. Das Land ist der Ansicht, dass die Tunnel – insbesondere aus Sicherheitsgründen – mit Seitenstreifen auszuführen sind.
- 2016 Zustimmung des Bundes zum Vorschlag des Landes zum Tunnelquerschnitt mit Seitenstreifen (Querschnitt 33T). Aktualisierung der Planung
- Sept. 2017 Vorlage der Änderungsunterlagen an den Bund mit der Bitte um Erteilung des Gesehenvermerks
- Nov. 2017 Vorlage einer überarbeiteten Kostenberechnung an den Bund
PM