Zum Welternährungstag am 16. Oktober 2017 appelliert Slow Food Deutschland e. V. an die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft sowie an die Verbraucher, dem hoch industrialisierten Lebensmittelsystem ein Ende zu setzen. Es beutet die natürlichen Ressourcen der Erde aus, führt im globalen Norden zu Überproduktion und Verschwendung von Lebensmitteln während Millionen Menschen weltweit an Hunger leiden. Nur eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft, die auf Vielfalt setzt und angepasst an die lokalen Gegebenheiten produziert, kann die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung sicherstellen.
Ein hoch industrialisiertes Lebensmittelsystem, welches den Klimawandel anheizt, die natürlichen Ressourcen ausbeutet, die Weltmeere verschmutzt und überfischt und der biologischen Vielfalt schadet: Das ist die zentrale Herausforderung, welche die Ernährungssicherung für eine wachsende Weltbevölkerung bedroht. „Zum Welternährungstag fordern wir Politik und Wirtschaft auf, endlich Schluss zu machen mit diesem nachweislich ausbeuterischen System,“ so Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland e. V. „Es gilt die politische Uhr sofort umzustellen, ohne zögern. Es kann nur noch gut für alle weitergehen mit einer biologisch nachhaltigen Landwirtschaft, welche kleinbäuerliche Strukturen fördert, lokale Produktionsstätten wiederaufbaut und die Sorten- und Geschmacksvielfalt erhält. Das sichert den Menschen Zugang zu Nahrung sowie Arbeitsplätze in ihrer Region,“ so Hudson weiter.
Ein solcher Systemwechsel in der Lebensmittelproduktion gelingt nur mit einem entsprechenden politischen Willen und konsequentem Handeln. Enkeltauglichkeit muss auf der politischen Agenda an erster Stelle stehen. Die drängenden Ernährungsfragen müssen ganzheitlich und Ministerien übergreifend gelöst werden. Dem Einsatz von Pestiziden, Herbiziden sowie Insektiziden muss durch effektive Richtlinien deutliche Grenzen gesetzt werden und fehlgeleitete Subventionen gilt es umzuschichten.
Allein in Europa ist Landwirtschaft der größte subventionierte Sektor. Die Finanzspritzen aber fließen nicht in die Ökologisierung der Landwirtschaft, sondern in flächenstarke Ackerbaubetriebe sowie zu außerlandwirtschaftlichen Investoren mit viel Bodenbesitz. „Solange die Zukunft von Landwirtschaft und Ernährung in den Händen dieser Akteure liegt, gerät die Ernährungssicherheit immer stärker ins Wanken. Es ruiniert Kleinbauern, schädigt Umwelt und Tier und produziert Überschüsse, die in der Tonne landen oder in andere Länder exportiert werden. Dort zerstören sie die lokalen Märkte,“ erklärt Hudson und weist insbesondere auf den Skandal der Lebensmittelverschwendung hin. Rund ein Drittel der weltweit hergestellten Produkte werden überhaupt nie verzehrt, während über 800 Millionen Menschen unter- und mangelernährt sind. Für diesen ökologischen und ethischen Skandal trägt jeder Verbraucher Mitverantwortung. Denn mit unseren täglichen Kaufentscheidungen nehmen wir Einfluss darauf, welche Kultur des Essens und der Lebensmittelproduktion aufrechterhalten wird.
Um die Debatte zur Reformation des Lebensmittelsystems zu unterstützen, haben Slow Food Deutschland und Misereor im Reformationsjahr das Thesenpapier „95 Thesen für Kopf und Bauch“ veröffentlicht. Die begleitende Veranstaltungsreihe lädt Entscheidungsträger, Experten und Verbraucher bundesweit zu einem gesellschaftlich breit angelegten Dialog ein. International läuft seit Oktober die Slow-Food-Kampagne „Menu for change: Mit Genuss und Verantwortung gegen den Klimawandel„. Verbrauchern werden hier konkrete Lösungen für einen täglich nachhaltigeren Konsum aufgezeigt. Im Rahmen dessen startet am Welternährung die Mitmachaktion „Eat local – Regional, nachhaltig, gut„. Bundesweit sind Menschen aufgerufen, sich drei Wochen lang ausschließlich von Lebensmitteln zu ernähren, die gerade Saison haben sowie aus regionaler und handwerklicher Erzeugung stammen. Verbraucher teilen dafür ihre Rezepte und Erfahrungen.
PM