Göppingen: Krankenhausreform nimmt den Krankenhäusern finanzielle Mittel

In Baden-Württemberg haben im Jahr 2014 rund 45 Prozent der Krankenhäuser rote Zahlen geschrieben, in den kommenden Monaten wird mit einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage gerechnet. Dennoch sieht der im Juni vom Bundeskabinett verabschiedete Reformentwurf keine Verbesserungen der Finanzierung, sondern weitere Kürzungen vor.

Die ALB FILS KLINIKEN stellen an den beiden Klinikstandorten Klinik am Eichert in Göppingen und Helfenstein Klinik in Geislingen mit rund 2.300 Mitarbeitern die Gesundheitsversorgung von über 250.000 Bürgern im Landkreis Göppingen und darüber hinaus sicher. Im Jahr 2014 waren über 144.700 Patienten stationär und ambulant zur Behandlung in den ALB FILS KLINIKEN, im stationären Bereich ein Plus von 1.000 Patienten im Vergleich zum Vorjahr. Die demografische Entwicklung und der medizinisch-technische Fortschritt wird auch künftig dazu führen, dass bundesweit in den Krankenhäusern mehr Patienten behandelt werden. Das Gesetz muss sicherstellen, dass die Krankenhäuser für diese Patienten eine Vergütung bekommen, die die Kosten vollständig deckt. Die geplante Krankenhausreform gibt auf diese großen Zukunftsfragen des Gesundheitswesens keine Antworten.

„Die zentralen Probleme der Krankenhäuser wie die Finanzierung des Personals, der ambulanten Notfallversorgung und der erforderlichen Investitionen in Medizintechnik, Neubauten oder Sanierung bestehender Bauten sowie IT-Infrastruktur bleiben ohne Lösung“, zieht Dr. Jörg Noetzel, Medizinischer Geschäftsführer, Bilanz. „Im Gegenteil, die neue Reform bringt neue Kürzungen und weitere Belastungen mit sich“.

Konkret sieht der Kabinettsbeschluss Kürzungen im Jahr 2017 für alle Krankenhäuser in Deutschland im Umfang von etwa 1 Milliarde Euro vor. Seit 2013 erhält jedes Krankenhaus einen Versorgungszuschlag von 0,8 %, deutschlandweit sind das 500 Millionen Euro. Dieser soll nun 2017 ersatzlos gestrichen werden. Damit verlieren die ALB FILS KLINIKEN jährlich rund 1 Million Euro und damit Mittel, die dringend für die Finanzierung des Personals gebraucht werden. Das im Gesetzentwurf vorgesehene Pflege-Förderprogramm zur Bezuschussung von Neueinstellungen bei Pflegekräften stellt weit weniger Mittel zur Verfügung, als diese Kürzungen ausmachen. „Unser vordringliches Problem ist die Finanzierung des Personalbestandes. Dazu brauchen wir den Versorgungszuschlag. Die Fördermittel für Neueinstellungen sind wenig hilfreich, wenn das Personal, das bereits beschäftigt ist, nicht gesichert finanziert werden kann“, so der Kaufmännische Geschäftsführer Wolfgang Schmid. Der Betriebsratsvorsitzende der ALB FILS KLINIKEN, Max Radloff, ergänzt: „Um bundesweit in den Krankenhäusern den erforderlichen Personalbedarf, insbesondere in der Pflege, decken zu können, brauchen wir politische Regelungen und eine einheitliche Finanzierung“.

Im Gesetz sind bisher Mechanismen verankert, die zu einem Absinken des für alle Krankenhäuser geltenden Landesbasisfallwertes – der Grundpreis für die Krankenhausleistungen – führen, wenn die Leistungen bei einigen Krankenhäusern im Land steigen. Dies führt zu Ungerechtigkeiten. Mit den Eckpunkten der Krankenhausreform soll es ab dem Jahr 2017 keine Absenkungen des Landesbasisfallwertes mehr geben. Bisherige Abzüge aufgrund Leistungssteigerungen bei allen Entgelten, die nicht mit Fallpauschalen im Rahmen des DRG-Katalogs vergütet werden, bleiben jedoch bestehen. Neue Abzüge werden darüber hinaus eingeführt. Weiter sieht der Regierungsbeschluss vor, dass mit den Krankenkassen ab 2017 vereinbarte Leistungszuwächse, in der Regel mehr Behandlungsfälle, nur noch zu massiv abgesenkten Fallpauschalen vergütet werden sollen. Diese Absenkungsquoten führen weiter dazu, dass der zukünftige medizinische Versorgungsbedarf der Menschen in der Region nicht kostendeckend finanziert werden kann. „Unsere dringende Erwartung, dass mit dem neuen Strukturgesetz die unabweisbaren Kostensteigerungen zum Beispiel aufgrund Tariflohnerhöhungen auch zu gleich hohen Steigerungen bei den Budgets führen müssen, wird weiterhin nicht erfüllt“, beanstandet Wolfgang Schmid. Im Jahr 2015 steigen die Budgets in Baden-Württemberg für Krankenhäuser ohne Leistungssteigerungen nur um 1 Prozent, obgleich Tariflohnerhöhungen von rund 3 Prozent zu verkraften sind.

Ein weiterer Brennpunkt im Reformentwurf stellt die ambulante Notfallversorgung dar. Jahr für Jahr wenden sich immer mehr Patienten an die Krankenhäuser. Auch in den ALB FILS KLINIKEN zeichnet sich seit Bestehen der beiden Zentralen Notaufnahmen in Geislingen und Göppingen eine deutliche Steigerung ab. Im Jahr 2014 haben an beiden Standorten über 61.800 Patienten die Notaufnahme aufgesucht, davon sind rund 45.300 Notfallpatienten ambulant behandelt worden. Die ambulante Notfallversorgung ist jedoch deutlich unterfinanziert. Pro behandeltem Patienten erhalten wir durchschnittlich 32 Euro, das ist bei weitem nicht kostendeckend. Das Krankenhausstrukturgesetz sieht lediglich eine leichte Verbesserung der Vergütung vor, die aber nicht mehr als der berühmte ‚Tropfen auf den heißen Stein‘ ist.

Auch eine verlässliche Finanzierung der Investitionskosten sieht der Reformentwurf nicht vor, so dass es nach wie vor einen Investitionsstau geben wird. Finanzielle Mittel, die dringend benötigt werden, um in moderne Strukturen und Qualität investieren zu können.

„Der Gesetzentwurf beinhaltet ohne Zweifel auch punktuelle Entlastungen, diese stehen jedoch in keinem Verhältnis zur bestehenden und noch weiter verschärften Unterfinanzierung der Krankenhäuser“, macht Dr. Jörg Noetzel deutlich. „Wir, die Krankenhäuser landauf landab, gehen in die Offensive, damit wir im Interesse unserer Patienten die qualitativ hochwertige medizinische und pflegerische Versorgung zukunftsfähig erhalten können“.

PM

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