Wie man als grüner Oberbürgermeister die Wirtschaft einen Stadt ankurbelt und dabei gleichzeitig noch den Haushalt schuldenfrei macht, die Kultur und den Sport fördert und auch die Umwelt nicht außer Acht lässt, darüber referierte der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer vor gut 70 Zuhörern in Geislingen.
Was er zu erzählen hatte, hätte auch den Gemeinderäten der CDU, der Freien Wähler und auch der SPD gefallen, sie blieben der Veranstaltung, in der man erfahren konnte, wie man eine verschlafene und verschuldete Stadt auf Vordermann bringt, aber lieber fern. Der gebürtige Remstäler wollte den Geislingern keine Ratschläge geben, aber vieles von dem, was er in Tübingen bewegt hat, lässt sich mit etwas Phantasie auch auf Geislingen übertragen.
Vor 20 Jahren war Tübingen noch eine verschlafene Universitätsstadt in der Industrieansiedlungen mit aller Kraft verhindert wurden. So wuchsen in Tübingen die Schulden, das nahe gelegene Reutlingen dagegen blühte wirtschaftlich auf. Erst langsam besannen sich die Tübinger eines besseren, und erst mit der Wahl von Boris Palmer zum Oberbürgermeister ging es richtig bergauf. Innerhalb weniger Jahre wurden Industriegebiete ausgewiesen in denen 5.000 neue Arbeitsplätze entstanden. Die Gewerbesteuereinnahmen stiegen kontinuierlich und haben heute das Niveau Reutlingens erreicht. Heute können jährlich über 25 Mill. Euro dem Vermögenshaushalt zugeführt werden, was wiederum die Möglichkeit von zukunftsweisenden Investitionen ermöglicht. Gleichzeitig verringerte Tübingen seine Verschuldung. Heute übersteigen die Rücklagen sogar die Schulden, so dass Tübingen rechnerisch schuldenfrei ist.
Investiert wurde unter anderem in die städtischen Gebäude, deren Sanierungsstau sich von 68 Mill. Euro auf 50 Mill. Euro verringerte. Mit der Sanierung verringerte sich der Wärmebedarf der Gebäude um über 20 Prozent. Die kommunalen Tübinger Stadtwerke investierten in Ökostrom und eine nachhaltige Energieversorgung. Inzwischen gibt es in Tübingen über 10.00 Ökostromkunden, über 2.000 Bürger sind Mitglied bei „teilAuto Tübingen“. Über 75 % der Tübinger Verkehre werden heute mit dem Bus, dem Fahrrad oder zu Fuss zurückgelegt. Die Fahrgastzahl der Stadtverkehr Tübingen stieg auf über 21 Millionen. Auf Hauptverkehrsstrecken fahren zur Hauptberufszeit die Busse im 90-Sekunden-Takt, ansonsten max. im 15-Minueten-Takt. Ein kühner Zukunftsplan von Boris Palmer sieht vor, der ÖPNV in der Stadt für seine Bürger kostenfrei zu gestalten. Dafür soll von allen Bürgern eine Steuer erhoben werden und der Personalausweis als Fahrschein dienen.
Tübingen reduzierte den CO2-Ausstoss seit 2006 um 18 % und investierte in innovative Stromspeichertechniken wofür es zahlreiche Auszeichnungen gab.
Die Einwohnerzahl Tübingens erhöhte sich von 77.000 in 2008 auf über 84.000. Jährlich entstehen in Tübingen rund 400 neue Wohnungen. Die Hälfte aller Sozialwohnungen in Baden-Württemberg entsteht in Tübingen. Für 89 Prozent alle Kleinkinder gibt es eine Kleinkindbetreuung. Die Ganztagsbetreuung von Kindern wurde als Standortfaktor erkannt und stetig ausgebaut.
Aber auch für die Bereiche Kultur und Sport ist Geld übrig: die Förderung der Kultur stieg von gut 500.000 Euro in 2001 auf über 1,2 Mill Euro in 2013. Mehr als neun Mill. Euro wurden in Sportstätten investiert.
220.000 Schulessen werden jährlich an den Tübinger Gymnasien, in die rund 70 Prozent aller Schüler gehen und den Gemeinschaftsschulen ausgegeben. Werkrealschulen gibt es wegen mangelnder Nachfrage schon lange nicht mehr und auch die letzte Realschule gibt jetzt mangels Schüler auf. Über 35 Mill. Euro gibt die Stadt heute jährlich für die Kinderbetreuung aus.
Einige Spitzenpositionen nimmt Tübingen heute ein, was Boris Palmer nicht ohne Stolz am Ende seiner Rede verkündete: Bei der Kleinkindbetreuung belegt Tübingen den 1. Platz in Westdeutschland, Beim Klimaschutz einen Spitzenplatz in Deutschland, das Busangebot erhält einen Spitzenplatz bei Zufriedenheit und Wachstum, bei der Investitionskraft belegt Tübingen Platz sechs in Baden-Württemberg, beim sozialen Wohnungsbau sogar Platz 1. Tübingen hat einen historischen Höchststand der Gewerbesteuer und der Arbeitsplätze und einen schuldenfreien Haushalt.
In der anschließenden Diskussion beeindruckte Boris Palmer durch seine Forderung, nicht allen Forderungen nachzugeben. Das Allgemeinwohl steht für ihn über Eigeninteresse. Er befürwortet ein Bauen nach dem Stand der Technik, kein Erstellen teurer und „nervenaufreibender“ Modellprojekte. Eine schnelle Umsetzung von Projekten gelingt ihm durch ein hohes Maß an Transparenz, Offenheit und Bürgerbeteiligung.
Boris Palmer wurde nach seiner ersten Wahlperiode mit über 60 Prozent der Stimmen als grüner Oberbürgermeister in seinem Amt bestätigt.
Nur am Rande sei erwähnt, dass Boris Palmer wegen des Bahnstreiks mit dem Fahrrad von Tübingen nach Geislingen anreiste – in nur gut drei Stunden!
Der Vorsitzende des grünen Ortsverbandes Helfensteiner Land, Eckhart Klein, bedanke sich denn auch ganz besonders bei Boris Palmer für dessen Engagement und die vielen Ideen, die man auch in Geislingen umsetzen könne (Foto unten).