Geislingen: Kultur verstehen und voneinander lernen

Was ist Kultur? Und welche Auswirkungen hat sie auf unser Zusammenleben? Welche Prozesse gehen in uns vor, wenn wir fremde Kulturen und Menschen wahrnehmen? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich jüngst fünfundzwanzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines interkulturellen Trainings in Geislingen, zu dem der Freundeskreis Uganda e.V. eingeladen hatte.

Freundeskreis Uganda Training 1Es war eine bunt gemischte Truppe, die sich zum interkulturellen Training des Freundeskreises Uganda e.V. in der Krypta der Kirchengemeinde St. Johannes eingefunden hatte. Der Geislinger Afrikaverein hatte neben in Geislingen lebenden Flüchtlingen sowie Mitgliedern des Geislinger Arbeitskreises Asyl auch Vertreter aus Kommunalpolitik und Verwaltung zu einem interkulturellen Training eingeladen. „Derzeit redet das ganze Land pausenlos über Asylsuchende und die Auswirkungen der anhaltenden Flüchtlingswellen. Dabei wird viel zu selten miteinander statt übereinander geredet. Zu verstehen, was uns trennt und verbindet, ist aber die Voraussetzung für gutes Zusammenleben“, erläuterte der Vorsitzende des Freundeskreises Uganda, Tim Zajontz, die Initiative seines Vereins.

Gleich zu Beginn machte Juliane Kautzsch, Trainerin für interkulturelle Kommunikation, deutlich, welche Irritationen enstehen können, wenn mit kulturellen Gepflogenheiten gebrochen wird. Kautzsch bot den Teilnehmern an, sich vorzustellen, verstummte – auf Fragen der Anwesenden wartend – anschließend jedoch. Erst nach Minuten der Verwunderung, der Scham, ja sogar der Wut auf Seiten der Teilnehmenden traute sich die erste, mit der gesellschaftlichen Konvention zu brechen und die Trainerin durch eigenes Fragen kennenzulernen. Es folgte ein Training, in dem deutlich wurde, dass unsere Erwartungen und Bewertungen von Verhaltensweisen Ergebnisse verinnerlichter Regeln und Wertvorstellungen sind. Und so kamen – auf Deutsch, Englisch, Somali, Tigrinisch oder Arabisch – zahlreiche Erfahrungen mit kulturellen Unterschieden zur Sprache. Alltägliches wie der Händedruck oder der Augenkontakt werden in unterschiedlichen Kulturen ganz unterschiedlich interpretiert. Während der Schwabe einen leichten Händedruck einem willensschwachen „Lällabäbbl“ zuschreibt, gilt ein starker Händedruck in Teilen Afrikas als feindselig. Als selbstverständlich erwarten Europäer, dass unser Gesprächspartner uns in die Augen schaut. In vielen afrikanischen Gesellschaften ist es jedoch ein Zeichen des Respekts, seinem Gegenüber „volles Gehör“ zu schenken und deshalb während eines Gesprächs besser ins Leere oder auf den Boden zu blicken.

Freundeskreis Uganda Training 2„Ein Holzkreuz um den Hals oder ein Kopftuch nehmen wir visuell zunächst alle gleich wahr. Erst die Bedeutung, die wir Gegenständen oder Verhaltensweisen geben, lassen kulturelle Unterschiede entstehen“, erläuterte Kautzsch den Teilnehmenden. Die Trainerin legte besonderen Wert darauf, dass die Teilnehmenden zwischen Beobachtung und Interpretation zu trennen lernen, da es so möglich werde, ins Gespräch zu kommen. „Durch die Beschreibung dessen was wir sehen und das Aussprechen unserer eigenen Interpretation hat der Andere eine Chance, seine Interpretation daneben zu stellen. So kann Kommunikation entstehen“, erklärte die Expertin für interkulturelle Kommunikation. Kautzschs Credo: „Wir können negative Emotionen als Ergebnis enttäuschter kultureller Erwartungen nicht vermeiden. Wir haben jedoch die Chance, sie als Wegweiser zu nutzen.“

Der Freundeskreis Uganda wertete das interkulturelle Training als einen Erfolg. „Unsere Initiative kann aber nur ein erster Schritt gewesen sein“, stellte Tim Zajontz klar. „Unsere Gesellschaft ist mäßig bis gar nicht auf Flüchtlinge vorbereitet. Wir brauchen unter anderem viel mehr Dialog und Training sowohl für Neuankömmlinge in unserer Gesellschaft als auch für Haupt- und Ehrenamtliche, die sich diesen Menschen annehmen“, forderte Zajontz von den politisch Verantwortlichen.

INFO: Spendenkonto des Freundeskreises Uganda e.V.: IBAN DE25 4306 0967 7010 7487 00

PM

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