Der Landesverkehrsminister Winfried Hermann hat sich für den weiteren Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in der Landeshauptstadt und den umliegenden Landkreisen ausgesprochen. Anlässlich der abschließenden zweiten Beratung des Gesetzes zum ÖPNV-Pakt im Landtag sagte er am Mittwoch: „Ein besserer ÖPNV macht Stuttgart zu einer nachhaltig mobilen Region und bedeutet mehr Lebensqualität für die Menschen. Der Gesetzentwurf nutzt den Menschen und der Wirtschaft in der Region. Zusätzlich trägt er dazu bei, die Feinstaubbelastung im Raum Stuttgart zu senken.“
Das Parlament verabschiedete am Mittwoch, 15. April 2015, einstimmig in abschließender zweiter Lesung das Gesetz zur Fortentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs in der Region Stuttgart. Die Landesregierung hatte den Gesetzentwurf am 3. März 2015 gebilligt und in den Landtag eingebracht. Ziel ist es, das Angebot im ÖPNV zu verbessern, um den Menschen den Umstieg vom Auto auf Busse und Bahnen zu erleichtern.
Insgesamt sollen mit dem neuen Gesetz das Angebot der Bahnen und Busse so verbessert werden, dass in 10 Jahren mindestens 20 Prozent mehr Menschen diese nutzen. Die Verbindung von Auto-, Rad- und Fußverkehr, also eine bessere Vernetzung dieser Angebote ist dabei ein wesentliches Ziel. Zudem ist geplant, durch neue Angebote wie Expressbusse sowie neue Informationstechnologien die Nutzung kundenfreundlicher zu gestalten.
Der Gesetzentwurf setzt damit wesentliche Teile des sogenannten ÖPNV-Pakts um. Unabhängig vom Gesetzgebungsverfahren sieht der Pakt außerdem vor, eine Metropol-Express-Bahn einzuführen, einheitliche Standards im Zubringerverkehr zur S-Bahn herzustellen und eine zuverlässige Schieneninfrastruktur im Raum Stuttgart fortzuentwickeln. Für letzteres wurde unter anderem eine Expertenkommission Schieneninfrastruktur eingerichtet. Ihr Ziel ist es, die Zuverlässigkeit der Schieneninfrastruktur in der Region Stuttgart und den angrenzenden Räumen und damit die Pünktlichkeit zu erhöhen.
Im Februar 2014 hatten sich die Vertreter des Verbandes Region Stuttgart (VRS), der Landeshauptstadt und der Verbundlandkreise unter Beteiligung des VVS nach monatelangen Verhandlungen auf ein umfassendes Arbeitsprogramm bis 2025 geeinigt. Ursache für die Verhandlungen war der formale Kompetenzstreit zwischen dem Verband Region Stuttgart und den umliegenden Landkreisen. Künftig werden die Parteien des ÖPNV-Pakts in einem jährlichen Spitzentreffen den Fortschritt der einzelnen Vereinbarungen kontrollieren. Dieser Lenkungskreis hat bereits im September 2014 zum ersten Mal getagt.
Die Ziele des ÖPNV-Pakts im Einzelnen:
Zuverlässige Schieneninfrastruktur
Angestrebt wird die Fortentwicklung einer zuverlässigen Schieneninfrastruktur im Eisenbahnnetz der Region Stuttgart und den angrenzenden Räumen. Die Partner VRS, Land und VVS gehen aktiv auf die Deutsche Bahn zu, um schnellstmöglich eine Verbesserung der Infrastruktur (Weichen, Signale, Beschleunigungsstrecken, Verkehrsstationen) zu erwirken.
Stabilisierung der S-Bahn Stuttgart als Rückgrat des ÖPNV
Um Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit der S-Bahn zu sichern, sollen kurzfristig alle Maßnahmen zur Stabilisierung des Betriebs und zur Erhöhung der Pünktlichkeit ergriffen werden. Große Bedeutung hat dabei insbesondere die Einhaltung der 3-Minuten-Pünktlichkeit, d.h. eine maximale Verspätung von 2:59 Minuten. „Dass hier akuter Handlungsbedarf besteht, haben die unlängst veröffentlichten Zahlen zur Pünktlichkeit der S-Bahn-Stuttgart gezeigt“, sagte Minister Hermann.
Aufbau einer Metropol-Express-Bahn für die Metropolregion
Da der Verkehrsraum der Metropolregion Stuttgart inzwischen weit über das S-Bahn-Netz hinausreicht, sollen die heutigen Regionalexpresszüge vom Aufgabenträger Land Baden-Württemberg zu einem vertakteten Metropol-Express-System im 30-Minuten-Takt fortentwickelt werden. Der Metropol-Express kann an den Außenästen aufgrund der kürzeren Fahrzeiten eine Alternative zur kostspieligen Verlängerung von S-Bahn-Linien sein. Im Kernbereich der Region kann er das S-Bahn-System entlasten.
Expressbusse – Ergänzung des S-Bahn-Systems
Angebotslücken in dem weitgehend sternförmig auf das Zentrum Stuttgart ausgerichteten S-Bahn-Netz sollen meist durch kreisüberschreitende Expressbuslinien geschlossen werden. Fehlende schnelle Verbindungen können aus verschiedenen Gründen (Kosten, Nachfragemenge, Topografie) auch künftig nicht durch Schienenstrecken geschaffen werden. „Die Expressbuslinien verbinden die Mittelzentren und andere Knotenpunkte im Raum Stuttgart, wo es bislang wenige oder keine S-Bahn-Verbindungen gibt“, erklärte Minister Hermann. „Das Ziel ist, dass die Fahrgäste gar nicht auf das belastete S-Bahn-Netz zurückgreifen müssen, um an ihr Ziel zu kommen.“
Busverkehr: Einheitliche Standards für die S-Bahn-Zubringer
Für alle Buslinien im Zubringerverkehr zur S-Bahn sollen künftig in der ganzen Region einheitliche Standards gelten. Dazu zählen eine mindestens halbstündliche Bedienung während der Hauptverkehrs- und Normalverkehrszeiten (6 – 20 Uhr), eine mindestens stündliche Bedienung in den Schwachverkehrszeiten (20 – 24 Uhr, Wochenende) und die Anbindung aller Nacht-S-Bahnen. In Gebieten des ländlichen Raums können Rufbusse und -taxis eingesetzt werden und sollen Ausnahmen in der Taktdichte möglich sein. Alle Verbindungen verkehren zum VVS-Tarif, auch Rufbusse und -taxis.
Regionales Verkehrsmanagement – Intermodale Vernetzung der Verkehrsträger
Angesichts wachsender Nachfrage nach Mobilität in der Region Stuttgart muss die Effizienz der Mobilitätssysteme gesteigert werden. Unter Federführung des Verbands Region Stuttgart soll die Vermittlung von Mitfahrmöglichkeiten, betriebliches Mobilitätsmanagement, Fußwegeberatung und Radroutenplanung für Endnutzer sowie für kleine und mittlere Kommunen und intermodale Verkehrsinformation erfolgen. „Das regionale Verkehrsmanagement soll die einzelnen Verkehrsmittel gezielt aufeinander abstimmen und besser vernetzen“, erklärte Minister Hermann.
Klare Aufgabenzuweisung – eindeutige Zuständigkeiten
Die Landkreise und die Landeshauptstadt bleiben Aufgabenträger für den Busverkehr und die Stadtbahnen (mit Ausnahme der Expressbusse) sowie für die Nebenbahnen. Der VRS erstellt weiterhin den Regionalverkehrsplan und behält die Aufgabenträgerschaft für den bestehenden S-Bahn-Verkehr und neue S-Bahn-Linien. Neu hinzu kommt die Zuständigkeit für S-Bahn-Linien, die über das Regionsgebiet hinausreichen. Dabei sind die außerhalb des Verbandsgebiets gelegenen Teilstrecken in Investition und Betrieb von den dortigen Gebietskörperschaften in vollem Umfang zu finanzieren. Weitere neue Aufgaben für den Verband sind die Expressbuslinien und das regionale Verkehrsmanagement.
PM