Wer lesen kann, ist klar im Vorteil

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts sagte Enrique Jardiel Poncela: „Wenn etwas leicht zu lesen ist, war es schwer zu schreiben.“ Ein Jahrhundert später hat sich daran nichts geändert.

Ob Gebrauchsanweisung oder Gesetzestext: Wichtige Informationen sind oft unnötig aufgebläht und durch viele Fachbegriffe schwer verständlich. Um sprachliche Kompetenz und damit die Voraussetzung für Kommunikation und Teilhabe in demokratischen Gesellschaften zu fördern, gibt es in Deutschland seit vielen Jahren die sogenannte „Leichte Sprache.“ Dabei handelt es sich um eine eigene Grammatik und verschiedene Regeln mit dem Ziel, Texte so einfach wie möglich zu formulieren. Alle relevanten Informationen eines Textes sollen hierdurch möglichst verständlich aufgezeigt werden. Leichte Sprache hat eine breite Zielgruppe, wie beispielsweise Menschen mit funktionalem Analphabetismus. Jeder fünfte EU-Bürger im Alter von 16 bis 64 Jahren kann zwar einzelne Sätze lesen und verstehen, nicht aber zusammenhängende Texte. Andere Menschen, die von der Leichten Sprache profitieren, sind Touristen, Migranten, Menschen mit einer geistigen Behinderung und natürlich alle, die zwar zu keiner der oben genannten Gruppen gehören, aber schnell die wichtigsten Informationen überfliegen möchten. Während der Einsatz von Leichter Sprache im Ausland oft selbstverständlich ist, gibt es in Deutschland noch wenig Angebote. Für die Betroffenen ist es daher schwierig, an leicht verständliche Informationen zu kommen. Einen Schritt in diese Richtung geht ab sofort die Göppinger Stadtbibliothek mit einem breit gefächerten Angebot rund um die Leichte Sprache. So befinden sich im ersten Obergeschoss am Standort „Einfache Sprache“ speziell gekennzeichnete Bücher aus einem breiten Themen-Spektrum wie zum Beispiel das Grundgesetz, Kochbücher, diverse Ratgeber und interessante Romane. Neu sind auch ein Flyer und ein spezieller Bereich auf der Webseite der Stadtbibliothek nach den Regeln der Leichten Sprache. Hier finden sich alle wichtigen Informationen rund um die Einrichtung und deren Angebote, so beispielsweise „Wie leihe ich Medien aus?“ oder „Wie bekomme ich einen Bibliotheks-Ausweis?“. Diese Informationen wurden von der Medienwerkstatt für Leichte Sprache in München zertifiziert und sind an einem speziellen blau-roten Symbol erkennbar. Zur Abrundung gibt es außerdem zwei unterschiedliche Führungen für Gruppen durch die Bibliothek. So können sich Menschen mit Migrationshintergrund zu einer „Interkulturellen Führung“ anmelden. Des Weiteren gibt es eine Führung speziell in Leichter Sprache, die gemeinsam mit der Stiftung Haus Lindenhof Göppingen erarbeitet wurde. Ziel beider Führungen ist es, einen lebendigen Einblick in das Haus und die besonders interessanten Angebote der Stadtbibliothek zu ermöglichen. Offizieller Startschuss ist eine Lesung in Leichter Sprache am Donnerstag, 9. Februar, um 18 Uhr. Unter dem Motto „Lesen verbindet“ wird Andrea Kohle im ersten Obergeschoss aus dem Buch „Die Kunst der Einfachheit“ lesen.

PM

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