Vierzig Jahre nach der Einführung des privatwirtschaftlichen Rundfunks in Deutschland trafen sich am 23. April Expert:innen aus den Bereichen Medienpolitik, -aufsicht, Medienwirtschaft und Journalismus zum DLM-Symposium in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW). Unter dem Thema „Vielfalt schützen, Freiheit sichern“ bot die Veranstaltung Raum für eine Zwischenbilanz und zeigte auf, wie sich das duale Rundfunksystem angesichts digitaler Transformationen entwickelt hat.
Dr. Eva Flecken, Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), sprach über die zentrale Aufgabe der Medienaufsicht, die Vielfalt im dualen Rundfunksystem zu gewährleisten. Sie unterstrich die Bedeutung eines rechtlichen Rahmens für Anbieter- und Meinungsvielfalt und machte deutlich, dass Rechtsdurchsetzung nicht als Einschränkung der Meinungsfreiheit, sondern als Garant für Pluralismus angesehen werden muss.
Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, würdigte die duale Medienordnung als Erfolgsgeschichte, die zur vielfältigsten Medienlandschaft in Europa geführt habe. Sie betonte die Rolle der Medienpolitik in der Demokratie, insbesondere im Kampf gegen Desinformation und Hass im Internet.
Jürgen Doetz, Gründungsgeschäftsführer der Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk (PKS), erinnerte daran, wie technologische Innovationen das duale Rundfunksystem vorangetrieben haben und anfangs auch Ängste in der Gesellschaft auslösten. So verglich der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt die Gefahren, die vom Privatrundfunk ausgingen, mit denen von Atomkraftwerken. Doetz unterstrich die Bedeutung von Vielfalt und stellte fest, dass die Regulierung im Wandel der Medientechnologie angepasst werden müsse.
In der Diskussion, wie Informationsvielfalt tatsächlich beim Publikum ankommt, wies Martin Gradl, Geschäftsführer von RTL News, auf die wichtige Rolle von Nachrichtenangeboten in der politischen Information hin. Er sprach über die Notwendigkeit, Inhalte zielgruppenspezifisch aufzubereiten. Für Yasmine M’Barek, Journalistin und Autorin bei „Die Zeit“, erfülle die Pop-Kultur eine wichtige Vermittlerfunktion, um Politik an breite Bevölkerungsschichten heranzutragen. Marco Maier, Geschäftsführer der FFH Mediengruppe, sieht in Podcasts und individualisierbaren Inhalten eine große Bedeutung für die Hörfunk-Branche und unterstrich, dass die gesamte Bandbreite der Medienlandschaft heute wichtig sei, um – insbesondere in Krisenzeiten – Orientierung und Wohlbefinden zu bieten. Moderator, TV-Autor und Podcaster Micky Beisenherz plädierte für eine emotionale Ansprache in der Medienkommunikation und betonte die Notwendigkeit, belastbare Informationen durch unterhaltsame Personen zu verbreiten, um neue Publika zu erschließen, auch über umstrittene Online-Plattformen wie TikTok.
Prof. Dr. Bernhard Pörksen von der Universität Tübingen identifizierte in seinem Vortrag tektonische Verschiebungen im Medienalltag und warnte vor den Paradoxien der digitalen Medienlandschaft. Er forderte eine Regulierung, die die Informationsökologie schützt und eine „andere Sprache“. Konkrete und weniger abstrakte Geschichten könnten eine neue Möglichkeit „verbindender Lagerfeuer-Momente“ sein. Eine „neue Erzählkunst“ würde Institutionen resilienter machen.
Die abschließende Diskussion lotete Möglichkeiten aus, normativen demokratischen Funktionen und ökonomischen Belangen im digitalen Zeitalter gerecht zu werden. Henrik Pabst, Managing Director / Chief Content Officer der Seven.One Entertainment Group, zeigte sich überzeugt davon, dass glaubwürdige Persönlichkeiten aus dem Entertainment-Bereich Informationen wirkungsvoll einordnen können. Dem stimmte auch Dr. Michael König, Associate General Counsel Digital Media, Devices, Alexa EMEA bei Amazon Europe, zu. Wolf Plesmann, Abteilungsleiter Bundes- und Europaangelegenheiten, Medienpolitik der Senatskanzlei Berlin, sah eine Chance in neugierig machenden Geschichten, die Perspektivwechsel ermöglichen. Der Europabeauftragte der DLM und Direktor der Landesanstalt für Medien NRW Dr. Tobias Schmid wies auf den schmalen Grat zwischen Regulierung und einer Einschränkung der Meinungsfreiheit hin und konstatierte, dass es nur eine „scheinbare Weiterung“ der publizistischen Angebote gebe. Dr. Christiane Schenderlein, MdB, Sprecherin für Kultur und Medien der CDU/CSU-Fraktion, zeigte sich besorgt angesichts der Frage, ob alle Bevölkerungsgruppen mit adäquaten Informationen erreicht würden und mediale Angebote angemessen bewerten könnten.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Torben Klausa, der beim Think Tank Agora Digitale Transformation den Bereich Digitale Öffentlichkeit leitet.
Rund 150 Gäste nahmen vor Ort in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) teil, weitere verfolgten das Streaming der Veranstaltung durch den Offenen Kanal Alex Berlin.
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