Zur erneuten Ablehnung der technischen Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge durch den VDA-Präsidenten Mattes (FAZ vom 24.03.2018) erklärt Matthias Gastel MdB (Grüne), baden-württembergisches Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestages:
„Mit der erneuten Ablehnung von Hardware-Nachrüstungen älterer Dieselfahrzeuge versetzt der Verband der Deutschen Automobilindustrie den Kunden seiner Branche weitere Schläge ins Gesicht. Erst haben die Hersteller ihren Kunden Autos verkauft, die den Versprechen nicht gerecht wurden, sondern zu viele Stickoxide ausstoßen. Nun lassen sie ihre Kunden alleine, wenn Fahrverbote drohen. Betrügen und tricksen, Milliardengewinne einfahren, hohe Vorstandsboni ausbezahlen, aber die Kunden im Stich lassen – Die Automobilindustrie ramponiert ihr Image weiter. Bei alledem schaut die Bundesregierung zu und nimmt die Hersteller in Schutz. Die unheilige Allianz zwischen Automobilindustrie und Bundesregierung, die den Dieselskandal erst ermöglicht hat, lebt weiter. Zum Schaden der Kunden und des Automobilstandortes.“
Der Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel hat durch eine Umfrage unter Anwaltskanzleien herausgefunden, dass in Deutschland mindestens 70.000 Klagen im Zusammenhang mit dem Dieselabgasskandal gegen Autokonzerne geführt werden.
Hierzu erklärt Matthias Gastel (Grüne), der zugleich Leiter der Fraktionsarbeitsgruppe Verkehr der Grünen-Bundestagsfraktion ist:
„Mindestens 70.000 Klagen getäuschter Kunden aus Deutschland sind gegen Automobilhersteller anhängig – und es werden immer mehr. Die Erfolgsaussichten der Kläger sind sehr gut. Die Urteile lauten beispielsweise auf `vorsätzliche sittenwidrige Schädigung´. Und in der Tat: Einige Autohersteller haben mit krimineller Energie betrogen. Die Leidtragenden sind die Kunden, deren Fahrzeuge einen deutlichen Wertverlust erlitten haben. Daher sind die immer eindeutiger werdenden Gerichtsurteile im Interesse der Verbraucher zu begrüßen. Sie stellen einen Teil der Gerechtigkeit wieder her. Die Urteile zeigen, dass einzelne Verbraucher gegenüber Konzernen alles andere als wehrlos sind. Das ist ein gutes Zeichen für unseren Rechtsstaat.
Nicht vergessen werden sollte, dass die Betrügereien einiger Automobilkonzerne auch zu Lasten der Gesundheit der Menschen gehen, die überhöhten Schadstoffwerten ausgesetzt sind. Auch hier stehen die Autobauer in der Verantwortung.“
Hintergrundinformationen:
Allein die fünf von uns befragten Kanzleien vertreten rund 70.000 Kläger aus Deutschland. Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Luftreinhalteplänen und Fahrverboten verzeichnen die Kanzleien deutliche Anstiege an Neu-Mandatierungen. Der Anteil der im Sinne der Klagenden erfolgreichen Gerichtsverfahren tendiert inzwischen gegen 100 Prozent. Am häufigsten wird der VW-Konzern mit vier seiner Kernmarken, darunter VW und Audi, verklagt. Aber auch gegen Daimler werden Klagen geführt und führten bereits zu vergleichbaren Ergebnissen wie bei VW.
Im Erfolgsfalle wird die Entschädigungssumme bei Rücknahme des Fahrzeuges wie folgt errechnet: Es wird von einer möglichen Fahrleistung bis zum Lebensende eines Autos von 300.000 Kilometer ausgegangen. Anhand des damaligen Kaufpreises und des heutigen Kilometerstandes wird der Restwert ermittelt. Für die Kläger ergibt sich dadurch im Erfolgsfalle eine relativ hohe Entschädigung. Die Gerichtskosten tragen in diesen Fällen die Autokonzerne. In etwa einem Drittel der Klagen werden Vergleiche erzielt, in zwei Dritteln kommt es zum Urteil. Kommt es zum Vergleich, müssen sich die Kläger schriftlich verpflichten, über den Vergleich zu schweigen. Die Autohersteller haben kein Interesse daran, dass noch mehr ihrer Kunden den Rechtsweg beschreiten. Eine höchstrichterliche Entscheidung gibt es noch nicht. Insbesondere der Volkswagenkonzern möchte eine solche lieber vermeiden und stimmt lieber Vergleichen zu.
Betroffenen ohne Rechtsschutzversicherung wird nicht unbedingt zum Klageweg geraten.
Teilweise wollen Gerichte von den Autoherstellern Beweise geliefert bekommen haben, dass sie nicht betrogen haben. „Die Wortwahl der Richter ist erstaunlich hart“ schreibt das Handelsblatt. In der Tat: Gerichte argumentieren und urteilen gegenüber den Automobilbauern sehr deutlich. Dann ist die Rede von „vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung“ (§ 626 BGB), von „arglistiger Täuschung“ und einem „System zur planmäßigen Verschleierung des Vorgehens gegenüber Aufsichtsbehörden und Verbrauchern.“
PM