Die Folgen des Großbrandes am Samstag, 10. März 2018 bei der SAM Automotive GmbH in Böhmenkirch erfordern aufwändige und langwierige Nachsorgemaßnahmen. Der Grund dafür ist, dass verunreinigtes Löschwasser in verschiedene Anlagen zur Regenwasserbehandlung im Umfeld des Betriebes und auch ins angrenzende offene Gelände und Entwässerungsgräben abgeflossen sind. Über die Brandursache liegen den Behörden derzeit noch keine Informationen vor. Nach Auskunft des Polizeipräsidiums ist mit einem zeitnahen Abschluss der Ermittlungen nicht zu rechnen. Die Schadensbeseigung hat für die Behörden oberste Priorität, um Gefahren für, Wasser, Boden und die Bevölkerung abzuwenden.
Der Brand am Samstag, 10. März 2018, hat die Galvanik der Firma SAM Automotive komplett zerstört. Die aus Kunststoff bestehenden Tauchbecken verbrannten und die enthaltenen Eloxier-Bäder, die aus konzentrierter Schwefel- und Phosphorsäure sowie Natronlauge sowie einer nickelhaltigen Lösung bestanden, liefen aus und vermischten sich dabei mit dem Löschwasser. Das säurehaltige Gemisch wurde zum Teil im Keller des Gebäudes aufgefangen. Ein Teil floss jedoch über die Hofflächen des Betriebsgeländes in verschiedene Richtungen ab. Die Betriebsfeuerwehr der Firma ZG aus Eislingen konnte rund 70 bis 80 Kubikmeter des Löschwassers auffangen, in Spezialfahrzeuge pumpen und abtransportieren. Weitere Mengen an Löschwasser flossen in Regenwasserbehandlungsanlagen auf dem Betriebsgelände und außerhalb des Betriebsgeländes. Dabei handelt es sich sowohl um zum Untergrund hin abgedichtete Regenklärbecken und Retentionsbodenfilter, aber zum Teil auch um Versickerungsanlagen, in denen das Regenwasser dem Untergrund zugeführt wird. Ein Teil der Flüssigkeit floss auch nach Norden ins freie Gelände ab und versickerte dort.
Als Sofortmaßnahme wurde durch Einbringen von Kalk die saure Flüssigkeit in den betroffenen Regenwasserbecken neutralisiert. In den Versickerungsanlagen entstand dabei als Reaktionsprodukt Gips, der sich am Beckengrund absetzte und dadurch die Beckensohle teilweise abdichtete, so dass Löschwasser im Becken stehenblieb. Nach der Neutralisierung wurde das Löschwasser in Container gepumpt, die bei der Firma SAM aufgestellt wurden. Die darin befindlichen Schadstoffe werden umfassend analysiert. Nach Vorliegen der Analyseergebnisse wird das Gemisch schnellstmöglich ordnungsgemäß entsorgt werden. Für diesen Zweck stehen Spezialfirmen der Entsorgungswirtschaft zur Verfügung. Bei geringer Belastung kommen auch größere leistungsfähige Kläranlagen in Frage.
Im Zuge der Nachsorge werden nun die betroffenen Regenwasserbehandlungsanlagen saniert. Das heißt, der Inhalt muss ausgeräumt und ordnungsgemäß entsorgt werden. Anschließend muss die Anlage wiederhergestellt werden. Die Planung dieser komplexen Maßnahmen ist fertiggestellt und zwischen SAM und den Behörden abgestimmt. Die Umsetzung hat bereits begonnen. Der Regenwasserkanal der Gemeinde wurde gespült und die Verschmutzungen des offenen Grabens entfernt. Im Bereich der betroffenen Versickerungsanlagen gelangt das Wasser im Untergrund nicht direkt in den durchlässigen Weißjura-Karst, sondern wird durch mächtige Lehmschichten gefiltert und gepuffert. Dieser Feuersteinlehm ist am Grunde der Rauhen Wiese, der großen Karstwanne, in der die Heidhöfe liegen, bis zu 30 m mächtig.
Der Betreiber der in 5 km Entfernung gelegenen Trinkwasserversorgung (Steinheim) wurde zeitnah informiert, um notfalls schnell auf Veränderungen der Rohwasserqualität zu reagieren. Die Wasserfassungen waren ständig am Netz, da die Besorgnis einer relevanten Kontamination als sehr gering eingestuft wurde aufgrund der Verdünnung des Löschwassers im Karst. Zusätzlich wurden vorsorglich engmaschige Laboruntersuchungen des Rohwassers auf Schwermetalle hin unternommen. Verunreinigungen konnten jedoch nicht festgestellt werden.
Aus der Brandwolke, die nach Norden Richtung Bartholomä zog, haben sich auf den Wiesenflächen Aschepartikel abgesetzt. Von diesem Material hat das Landratsamt Rückstellproben sichergestellt. Wie in Bezug auf die eventuellen Auswirkungen von luftgetragenen Schadstoffen vorzugehen ist, wird zurzeit noch geprüft. Löschwasseranalysen vom Tag des Brandes liegen den Behörden vor. Weitere Proben, sowohl des Bodens als auch des Löschwassers, wurden genommen. Sobald die Analyseergebnisse vorliegen und ausgewertet sind, werden die Behörden bei einer Veranstaltung in Böhmenkirch nach den Osterferien die Öffentlichkeit informieren.
Hintergrundinformationen:
Das Regierungspräsidium Stuttgart ist Genehmigungs- und Überwachungsbehörde in Bezug auf den Arbeits- und Umweltschutz. Ausgenommen ist der Bodenschutz innerhalb des Betriebsgeländes der SAM automotive GmbH (SAM) am Standort Böhmenkirch-Heidhöfe. Das Landratsamt Göppingen ist im Hinblick auf das Betriebsgelände ausschließlich als untere Bodenschutzbehörde im Fall von Bodenverunreinigungen für deren Bewertung und nötigenfalls Sanierung zuständig. Im Umfeld des Betriebsgeländes ist das Landratsamt als untere Verwaltungsbehörde zuständig für den Schutz von Wasser und Boden. Regierungspräsidium und Landratsamt stimmen sich eng miteinander ab.
Die Firma SAM hat mehrere Ingenieurbüros und Fachfirmen mit der Schadensermittlung und -beseitigung beauftragt und die Maßnahmen mit Regierungspräsidium und Landratsamt abgestimmt. Die Nachsorge ist erst dann beendet, wenn die von den Behörden und Sachverständigen vorgegebenen Sanierungsziele erreicht wurden und die zuständigen Behörden die Freigabe erteilt haben. Arbeitet die Verursacherin nicht mit, müssten die Behörden die notwendigen Maßnahmen per Anordnung durchsetzen. Dies war bisher im Fall Großbrand SAM nicht erforderlich.
PM