Baden-Württemberg will in den kommenden Jahren im Rahmen einer ÖPNV-Offensive den Bahn- und Busverkehr im Land wesentlich ausbauen. Leitbild ist dabei ein verlässliches Mobilitätsangebot im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Wie das Verkehrsministerium am Montag in Stuttgart mitteilte, sollen alle Kommunen am Tag öfter als bisher und mindestens im Stundentakt angebunden sein – von frühmorgens bis spätabends, an allen Wochentagen. „Dieses Mobilitätsversprechen wollen wir in den kommenden Jahren schrittweise umsetzen“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann. Er fügte hinzu: „Das hilft, den Stau auf den Straßen abzubauen, und bereitet den Weg hin zu einer umweltfreundlichen Mobilität.“
So soll der ländliche Raum als attraktiver Lebensraum auch für Familien weiter gestärkt werden. Darüber hinaus soll zum Erreichen der Klimaschutzziele im Verkehrsbereich der öffentliche Verkehr mit Bahnen und Bussen deutlich zulegen. „Wir brauchen im Ballungsraum und in der Fläche ein verlässliches Angebot. Nur so können wir eine ähnliche Akzeptanz des öffentlichen Verkehrssystems schaffen, wie es beispielsweise die Schweiz schon hat. Dort sind die Fahrgastzahlen in den Zentren, aber auch im ländlichen Raum doppelt so hoch wie bei uns“, so Hermann. „Mit Bahn und Bus kommst du überall hin, im ganzen Land – das soll bei den Leuten ankommen.“
Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ausbauen
Das Land ist zuständig für die Nahverkehrszüge im regionalen Schienenverkehr. Das Verkehrsministerium wird deshalb in den kommenden Jahren das vom Kabinett verabschiedete „Zielkonzept 2025 für den Schienenpersonennahverkehr“ umsetzen. Dieses sieht neben qualitativen Verbesserungen wie dem Einsatz neuer Züge, WLAN in den Zügen oder verbesserter Fahrradmitnahme auch zahlenmäßig mehr Zugverbindungen vor. Die ersten neuen Metropolexpresszüge starten noch in diesem Jahr. Sie werden im weiteren Großraum um Stuttgart von und nach der Landeshauptstadt fahren. Entsprechend dem Nachfragepotenzial auf den einzelnen Strecken werden die Taktfahrpläne verdichtet. Unabhängig von der Nachfrage soll aber auf allen Strecken auch im ländlichen Raum ein Stundentakt von 5 bis 24 Uhr umgesetzt werden. Mit der Aufstockung der Regionalisierungsmittel, die die Länder vom Bund für die Bestellung des regionalen Schienenverkehrs erhalten, haben sich die Aussichten auf eine zügige Umsetzung deutlich verbessert.
Mehr Regiobuslinien einrichten
Allerdings liegen nicht alle größeren Kommunen des Landes an den vorhandenen Schienenstrecken. Daher hat das Land ein Förderprogramm für Regiobuslinien aufgelegt. „Damit fördern wir hochwertige und vertaktete Schnellbuslinien, welche die Landkreise zur Anbindung von Mittel- und Unterzentren an das Schienennetz einrichten. So bringen wir den verlässlichen Takt in die Fläche. Zehn Linien zwischen Bad Mergentheim im Norden und Überlingen im Süden laufen bereits. Wir können wir uns insgesamt rund 60 Linien vorstellen“, sagte Minister Hermann. Das Land übernimmt bei diesen Linien die Hälfte der Kosten, die nicht durch Einnahmen gedeckt werden können.
Mit innovativen Angeboten den ÖPNV stärken
Für den örtlichen Busverkehr sind die Landkreise zuständig. Der Verkehrsminister betonte: „Wir werben bei den Landkreisen für unser Leitbild des flächendeckenden Stundentakts als Grundangebot. Klar ist, dass ein solch ambitioniertes Angebot im ländlichen Raum und zu Schwachverkehrszeiten nicht mit dem klassischen Linienbus funktioniert. Da würde viel warme Luft transportiert, das wäre wirtschaftlich wie auch ökologisch nicht tragfähig.“ Daher setzt das Land in solchen Fällen auf bedarfsgesteuerte Rufbussysteme. Derzeit fördert das Land zwei Modellvorhaben in den Landkreisen Göppingen und Calw, mit denen der flächendeckende Stundentakt von 5 bis 24 Uhr im ländlichen Raum beispielhaft mit Rufbussen erprobt wird.
Auch das automatisierte, fahrerlose Fahren kann für solche Rufbussysteme in der Fläche und als Zubringer zur Bahn neue Perspektiven bieten. So werden in Karlsruhe auf dem Digitalen Testfeld Baden-Württemberg die ersten derartigen Kleinbusse getestet. „Auch die Zukunft des ÖPNV wird digitaler“, meinte Minister Hermann.
ÖPNV-Finanzierung neu regeln
In Vorbereitung befindet sich zudem eine Neuordnung der ÖPNV-Finanzierung. Mit dieser Reform sollen die Stadt- und Landkreise, die für den ÖPNV zuständig sind, zukünftig vom Land mehr Mittel und mehr Gestaltungsmöglichkeiten erhalten. „Damit schaffen wir eine wesentliche Voraussetzung, um mit unserem Ziel einer ÖPNV-Offensive im Land, voranzukommen“, sagte der Minister. Daher ist es von großer Bedeutung, dass die ÖPNV-Finanzreform gelingt, um auch die Angebote von Seiten der kommunalen Ebene erweitern zu können.
Baden-Württemberg-Tarif umsetzen
Die schrittweise Einführung eines Baden-Württemberg-Tarifs wird es zudem künftig ermöglichen, über die Grenzen der einzelnen Verkehrsverbünde hinweg mit nur einem Fahrschein unterwegs zu sein. Minister Hermann erläuterte: „Die Zeiten, in denen man drei Fahrscheine braucht, um von Karlsruhe Waldstadt zum Stuttgarter Fernsehturm zu kommen, werden dann vorbei sein. Das umweltfreundliche Angebot wird lauten: Eine Fahrt – ein Ticket.“
PM