Komplexe Handlungsabläufe, wurden durch eine vorherrschende Eigendynamik unter zahlreichen hilfswilligen Personen erschwert.
Von Alfred Brandner Dozent in der Gewaltprävention / Rettungsdienst
Irgendwo in einem Ort in Baden Württemberg. Ich befinde mich als Teilnehmer an einem Kampfsportseminar in einer Mehrzweckhalle, um meinen Wissensstand zu erweitern. Doch nicht nur im Sport verfüge ich über diverse Kenntnisse – auch die Notfallmedizin hat mich geprägt. Dreißig Jahre als Rettungsassistent im Einsatzdienst, auf nahezu allen Rettungsmitteln bieten eine gute Grundlage. Hunderte Stunden kontinuierlicher Weiterbildung gewähren einen aktuellen Wissensstand.
Die Stimmung ist ganz gut. Viele nette Menschen sind anwesend – die einen kennt man schon, und die anderen lernt man kennen. Mehrere Referenten leiten diverse Seminare auf verschiedenen Wettkampfflächen. Geschätzte 100 Teilnehmer sind anwesend – überdies das Betreuungs- und Führungspersonal aus den verschiedenen Vereinen, sowie zwei Ersthelfer, ggf. Sanitäter, in entsprechender Dienstkleidung.
Während ich den Ausführungen des Referenten folge leiste, höre ich mehrfach einen sehr lauten Schmerzschrei. Eine Menschenansammlung aus Sportlern und Personen in Zivil, weist den Weg zum Geschehen. In der Annahme, dass eventuell Hilfestellung erforderlich sein könnte, melde ich mich aus meiner Gruppe ab, um mich zur angenommenen Notfallstelle zu begeben.
Ich sehe schon aus einer gewissen Distanz, wie die Sanitäter/Ersthelfer „bemüht“ sind, einen Sportler auf dem Hallenboden zu lagern – die widerholten lauten Schmerzschreie des Verletzten, begleiten das Geschehen.
Eine Ersteinschätzung ist somit erfolgt, und weitere Schritte sollen folgen. Mit großer Mühe gelingt es mir an den Patienten zu kommen. Obwohl ich mich als „Rettungsassistent“ vorgestellt hatte, war es mühsam „mitwirken“ zu können. Komplexe Handlungsabläufe wurden durch eine vorherrschende Eigendynamik unter zahlreichen hilfswilligen Personen erschwert.
Neben den Sanitätern, waren Sportkollegen, bzw. Hilfswillige am Patienten. Alle sind bemüht mit Ratschlägen und Anweisungen Hilfe zu leisten. Die Verabreichung von Erfrischungsgetränken konnte ich gerade noch verhindern.
Eine erste regelrechte Untersuchung ergibt: Der Sportler ist ansprechbar, zeitlich und örtlich orientiert, und in einem stabilen Allgemeinzustand. Bis auf diverse Prellungen, und dem Verdacht auf eine Fraktur (Schwellung/Fehlstellung) an einer der unteren Extremitäten, sind keine Verletzungen festzustellen. Der Verletzte gibt zu erkennen, dass er während dem Kampf von seinem Gegner heftig getroffen wurde.
Nach entsprechender Lagerung, und der Anweisung zur kontrollierten Atmung, wegen zunächst schmerzbedingter Hyperventilation, konnte der Patient die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes in einem relativ entspannten Zustand verbringen.
Nun – beschrieben wurde eine Situation, wie sie oftmals anzutreffen ist. Etwas nervig, aber man hat gelernt damit umzugehen.
Letztendlich, und im Vergleich zu häufig fehlenden Hilfsbereitschaft bei Notfällen in der Öffentlichkeit, waren die Bemühungen der Ersthelfer und Sportler jedoch zufriedenstellend.
1 Kommentar
Beschrieben wird eine Situation, wie sie angetroffen wurde. Die Leistungen von Ersthelfern im Allgemeinen, werden hiermit nicht in Frage gestellt.