Aus dem Hörsaal in die Werkstatt – 30 Prozent brechen Studium ab

Knapp 30 Prozent der Bachelor-Studenten verlassen ohne Abschluss die Universität. Nicht für jeden ist ein Studium der richtige Weg. Wer aussteigt, steht vor der Frage, wie es weiter gehen soll. „Eine Ausbildung im Handwerk kann eine gute Alternative sein“, weiß Michaela Geya, Ausbildungsexpertin bei der Handwerkskammer Region Stuttgart.

Mehr als 500.000 Studenten beginnen jährlich ein Studium, Tendenz weiter steigend. Zu Semesterbeginn sind die Hörsäle prall gefüllt. Für ihren Wunschstudienplatz nehmen einige junge Menschen sogar lange Wartezeiten in Kauf. Nur etwas mehr als Zweidrittel halten aber bis zum Ende durch. Knapp 30 Prozent verlassen die Uni ohne Abschluss. Die wichtigsten Gründe für den Studienausstieg sind unter anderem Leistungsprobleme, finanzielle Engpässe, mangelnde Motivation und fehlender Praxisbezug – so eine Untersuchung des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW).

Verena Fischle aus Esslingen kann diese Beweggründe aus eigener Erfahrung bestätigen: „Nach dem Abi war mein Ziel das Grund- und Hauptschullehramt. Deshalb habe ich in Ludwigsburg studiert. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese Aufgabe gar nichts für mich ist – und habe das Studium abgebrochen.“ Über ein Praktikum kam die 25-Jährige ins Handwerk. Aus ihrem Faible fürs Backen wurde eine berufliche Ausbildung im Konditoren-Handwerk. „Jetzt sehe ich, was ich mache und freue mich morgens auf die Arbeit.“ Ihre persönliche Lehre: „Nach dem Abi nur den Blick aufs Studium zu richten ist total falsch.“

Auch Alexander Zorn aus Birenbach bei Göppingen kennt Studienfrust nur zu gut: „Das Studium der Elektro- und Informationstechnik war nicht mein Ding. Ich wusste rasch, dass das nichts wird“, sagt er. „Ich brauche etwas, das ich tatsächlich auch möchte – das habe ich jetzt im Handwerk gefunden.“ Als Auszubildender im Schreinerhandwerk durchläuft der 29-Jährige alle Bereiche in seinem Ausbildungsbetrieb in Stuttgart Feuerbach, der Firma Türenmann. „Der Tag ist gut strukturiert, die Teamarbeit liegt mir und die Arbeitsergebnisse kann ich in die Hand nehmen“, beschreibt der Schreiner-Azubi die neuen Erkenntnisse.

Nur  31 Prozent der Aussteiger aus Bachelor-Studiengängen beginnen laut DZHW eine Ausbildung. Ausbildungsexpertin Michaela Geya von der Handwerkskammer erklärt: „Das Handwerk bietet Studienaussteigern attraktive Ausbildungsplätze in über 130 Berufen mit viel Praxis, eigenem Gehalt und guten Aufstiegschancen.  Studienaussteiger haben dabei sogar die Möglichkeit, die Ausbildung um ein Jahr zu verkürzen. Wenn sie im Anschluss den Meisterbrief machen, haben sie zudem einen Abschluss in der Tasche, der dem Bachelor gleichgestellt ist.“ Bei der Entscheidung für den passenden Handwerksberuf helfen die Berater der Handwerkskammer. Speziell für Studienaussteiger werden in Kooperation mit Universitäten und Arbeitsagentur auch vor Ort – beispielsweise an den Stuttgarter Universitäten – Beratungen  angeboten, so zur verkürzten Ausbildung und zu passenden Ausbildungsbetrieben. Der Weg vom Hörsaal in die Werkstatt ist bei vielen unglücklichen Studenten aber noch nicht hinreichend bekannt. Ausbildungsexpertin Michaela Geya rät: „Wer mit dem Studium nicht klarkommt, sollte damit aufhören. Ein Praktikum in einem Handwerksbetrieb, beispielsweise in den Semesterferien, schafft Klarheit, wie es weitergehen kann.“

Zur Information:

Aktuell greift die Imagekampagne des deutschen Handwerks das Thema Studienabbrecher auf. Kurze Videosequenzen zeigen Studienaussteiger als „Helden des Handwerks“. Zu sehen auf www.handwerk.de/walloffame, auf Facebook, YouTube, Instagram und weiteren Websites.

Weitere Infos: www.handwerk.de/walloffame, www.lehrstellen-radar.de, www.azubitv.de

PM

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