Lärmbelastung in Klassenräumen lässt sich stark verbessern – Lärmschutzbeauftragter Marwein: Mit vergleichsweise geringem finanziellem Einsatz kann Lehrenden und Lernenden geholfen werden

Der Lärmschutzbeauftragte Marwein fordert, die Akustik in Kitas und an Schulen deutlich zu verbessern: „Eine Sanierung ist pro Klassenzimmer ab 3.000 bis 10.000 Euro zu haben – und zwar mit Wandabsorbern aus Vliesstoffen oder einer Kombination aus einer Mineraldecke und einem Pinnwandabsorber. Das reduziert für die Schülerinnen und Schüler als auch für die die Lehrerinnen und Lehrer den Stress und erleichtert das Lernen.“ Der Lärmschutzbeauftragte hatte beim Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP drei Förderprojekte angestoßen, die neben der Dämmmöglichkeit in Klassenzimmern auch für die Akustik in Innenhöfen und die Wechselwirkungen von Tourismus und Lärm betrachteten. Aufgrund der Ergebnisse fordert Marwein: „In den Schulferien könnten Kommunen Klassenzimmer nachrüsten lassen, und damit die Akustik in den Räumen verbessern. Für die Lernsituation in den Klassenzimmern, auch für Lehrerinnen und Lehrer, wird das für die Zeit nach dem Lockdown eine große Unterstützung sein“.

Professor Philip Leistner, Institutsleiter des Fraunhofer IBP, hat die Ergebnisse nun vorgestellt. Untersucht wurden die preiswerte Umsetzung anspruchsvoller Akustik in Schulen und Kitas, der Lärmschutz mit speziellem Augenmerk auf die Akustik in Innenhöfen und die Wechselwirkungen von Tourismus und Lärm. Die Projekte wurden mit jeweils 30.000 Euro gefördert.

Winfried Hermann, Minister für Verkehr, hebt den Wert der Untersuchungen hervor: „Der Wert des Lärmschutzes beim Verkehr ist bekannt, aber das Thema hat ein weitaus größeres Potential. Es freut mich, dass dank der Untersuchungen nun konkrete und kostengünstige Vorschläge unterbreitet werden, um in Klassenzimmern und in Innenhöfen Lärmstress zu verringern.“

PREIS UND WERT – Gute Akustik in Schulen und Kitas

„Bei dem Projekt ‚Gute Akustik in Schulen und Kitas‘ konnten Ergebnisse gewonnen werden, die in der Praxis weiterhelfen. Das gilt nicht nur für die Kinder, sondern auch für Erzieherinnen und Erzieher und Lehrerinnen und Lehrer“, freut sich der Lärmschutzbeauftrage Thomas Marwein. „Vielfach ist es in Kitas und Schulen zu laut, was an der schlechten Raumakustik liegt. Die neuen Handreichungen des Fraunhofer IBP sind da eine echte Hilfe.  Die Vorschläge zeigen auf, worauf zu achten ist, wie es geht und was es kostet.“

Das Fraunhofer IBP hat bereits 2015 eine Richtlinie zur Akustik in Lebensräumen für Erziehung und Bildung veröffentlicht, die im Oktober 2016 neu aufgelegt wurde (siehe: https://vm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mvi/intern/Dateien/PDF/PM_Anhang/Laerm_IBP_Richtlinie_Akustik_Erziehung_und_Bildung_2016.pdf ).

Diese Handreichung des Fraunhofer IBP wird nun mit den Ergebnissen des Projekts um den wichtigen Kostenaspekt ergänzt. Die Verantwortlichen für die Bauprojekte bei Kommunen und Landkreisen erhalten Informationen über die kosten- und zeitoptimierten Lösungen bei Sanierung und Neubau. Die akustischen Eigenschaften und Funktionen der Räume stehen dabei im Vordergrund, um Nutzwert und Aufenthaltsqualität zu steigern.

Alle Schülerinnen und Schüler profitieren von solchen Lösungen, besonders für Kleinkinder und Kinder im Grundschulalter ist eine gute Akustik für die Sprachentwicklung sehr bedeutend. Auch für die Erzieherinnen und Erzieher und die Lehrerinnen und Lehrer würde das eine „hörbare“ und damit spürbare Verbesserung sein. Die aktuelle Studie zeigt, dass wirkungsvolle Maßnahmen nicht zwingend teuer und schwer umsetzbar sein müssen. Viele Klassenräume haben bereits schallabsorbierende Unterdecken, häufig fehlen aber Schallabsorber an den Wänden. Wandabsorber aus Vliesstoffen sind relativ kostengünstig, sorgen bei vorhandener Unterdecke für eine spürbare Wirkung und können im laufenden Betrieb installiert werden. Auch eine Kombination aus einer Mineraldecke und einem Pinnwandabsorber ist in einen kleinen Raum mit 150m3 schon für rund 3000 Euro und innerhalb von 50 Stunden realisierbar. Die meisten Lösungen sind für typische Raumgrößen in einem Kostenrahmen unter 10.000 Euro erhältlich, wobei die Raumgröße nahezu proportional einfließt. In wenigen Spezialfällen können auch teure Lösungen gerechtfertigt sein, für die breite Masse ist das weder notwendig noch wirtschaftlich.

DER RUHE DEN HOF MACHEN – Akustik in Innenhöfen

„Wenn Innenhöfe zu urbanen Rückzugsorten umgestaltet werden, ist das ein echter Gewinn an Lebensqualität“, betont der Lärmschutzbeauftragte Thomas Marwein. „Das Projekt zeigt Konzepte auf, die zur allgemeinen Beruhigung von Innenhöfen beitragen – und wie auf solchen Flächen urbane und dennoch vielseitige Naherholungsbereiche geschaffen werden können.“

Ziel des Projekts war, die akustische Qualität der Innenhöfe als Aufenthalts- und Erholungsräume zu verbessern. Innenhöfe sind durch Gebäude umschlossen und damit von der Lärmbelastung des Straßenverkehrs abgeschirmt. Allerdings dringt der Verkehrslärm durch Öffnungen und Durchgänge in den Innenhof ein. Die meist schallharten Oberflächen führen zu vielfachen Reflexionen sowie zu einer Hellhörigkeit für jegliche Form der Alltagsgeräusche. Auch werden Innenhöfe meist als Parkplatz und Rangierfläche genutzt. Sie könnten stattdessen besser Freiräume und urbane Rückzugsorte sein. Dafür müssen sie umgestaltet und aufgewertet werden.

In der Innenhofsituation stellen Parkplatzbewegungen eine gewichtige Lärmquelle dar. Falls eine Umnutzung, z. B. in Grünanlagen, nicht möglich ist, können niedrige Lärmschutzwände und der Einsatz absorbierender Oberflächen Abhilfe schaffen. Abgeschirmte Dachflächen, schallabsorbierend verkleidete Durchgangsbereiche, aber auch Lärmbarrieren vor Durchgängen sorgen für Schutz vor eindringendem Verkehrslärm in den Innenhof. Insgesamt konnten in dem Projekt zahlreiche Ansatzpunkte und vielversprechende Maßnahmen zur Beruhigung von Innenhöfen betrachtet und deren Wirksamkeit durch praxisnahe Simulationsberechnungen nachgewiesen werden.

UNERHÖRTE GÄSTE – Wechselwirkungen von Tourismus und Lärm

Der Lärmschutzbeauftragte Thomas Marwein hebt den Stellenwert dieser Studie hervor: „Die Wechselwirkungen von Tourismus und Lärm sind vielfältig und wurden bisher kaum untersucht. Es gibt eine Vielzahl von Lärmquellen und Lärmproblemen, nicht nur den Lärm des Verkehrs. Der interdisziplinäre Ansatz dieser Studie hat daher Pilotcharakter.“

Ziel dieses Projekts war, die Wechselwirkungen zwischen Tourismus und Lärm zu analysieren, um für praktische Herausforderungen wissenschaftlich fundierte Lösungswege zu finden. Hierfür gab es einen Austausch mit dem für Tourismus zuständigen Ministerium der Justiz und für Europa und Beteiligten aus der Praxis. Zusätzlich wurde eine umfangreiche Analyse der Fachliteratur unter Einbezug von regionalen Fallbeispielen und Lärmschutzinitiativen durchgeführt. Untersucht wurden der typische Städtetourismus mit vielfältigen, ganzjährig auftretenden Lärmkonflikten und Erholungstourismus mit einer saisonalen Ausprägung.

Im Rahmen des Projekts wurde ein Leitfaden entwickelt, der als Gesprächs- und Handlungshilfe von Kommunen und deren Fachleuten eingesetzt werden kann, um die Lärmproblematik fundiert zu bewerten. Um allgemein nutzbare Lösungen und Planungshilfen zu formulieren, sind jedoch weitere Projekte dieser Art erforderlich.

Detailinformationen zu allen drei Projekten sind abrufbar unter: https://www.ibp.fraunhofer.de/de/projekte-referenzen.html

 

PM Ministerium für Verkehr nBaden-Württemberg

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