Was kommt nach der Schule? Welcher Beruf kommt für mich in Frage? Schulabgänger treiben häufig diese Fragen um. Wird Ihnen eine Ausbildung in den grünen Berufen vorgeschlagen, denken die meisten an eine Ausbildung zum Landwirt, stellt Regierungspräsident Wolfgang Reimer oft in Gesprächen mit jungen Menschen fest. Aber weit gefehlt. „Hinter dem Begriff „Grüne Berufe“ verbergen sich 14 Ausbildungsberufe des Agrarbereichs, die eine vielseitige, spannende und zukunftsorientierte Ausbildung beinhalten“, so Reimer. Für die 14 „Grünen Berufe“ sind in Baden-Württemberg die Regierungspräsidien als zuständige Stelle für die Berufsausbildung verantwortlich.
„Gute Voraussetzungen für eine Ausbildung im Agrarbereich sind Interesse an Pflanzen, Tieren und Technik, die Verbundenheit mit Natur und Umwelt, Engagement und Zuverlässigkeit sowie Freude an Bewegung und praxisorientierter Tätigkeit“, weiß der Regierungspräsident aus eigener Erfahrung. Die Ausbildung beträgt in der Regel drei Jahre und erfolgt im dualen System, das heißt, im Ausbildungsbetrieb und in der Berufsschule. Inhalte, die nicht durch den Ausbildungsbetrieb vermittelt werden können, werden in überbetrieblichen Ausbildungsstätten ergänzt.
Der Weg über eine duale Ausbildung in den Agrarbereich steht ausländischen Auszubildenden offen. Bei den „Grünen Berufen“ ist bei diesen vor allem der Ausbildungsberuf Gärtner/in beliebt. Laut einer Mitteilung des statistischen Landesamts Baden-Württemberg vom 21. August 2017 hat sich die Zahl der ausländischen Auszubildenden an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Jahr 2016 insgesamt in allen Ausbildungsberufen um 8,8 % erhöht.
Zu den 14 „Grünen Berufen“ zählen: Brenner/in, Fachkraft Agrarservice, Fischwirt/in, Forstwirt/in, Gärtner/in, Hauswirtschafter/in, Landwirt/in, Milchtechnologe/-technologin, Milchwirtschaftliche/r Laborant/in, Pferdewirt/in, Pflanzentechnologe/ -technologin, Revierjäger/in, Tierwirt/in, Winzer/in.
Neu in der Reihe der „Grünen Berufe“ ist die Ausbildung zum Pflanzentechnologen, ein attraktiver Ausbildungsberuf, den es erst seit August 2013 gibt. In diesem Beruf arbeiten die Jugendlichen zielgerichtet auf Versuchsfeldern und im Gewächshaus. Im Labor werden Pflanzen auf chemische Inhaltsstoffe oder bestimmte Erbanlagen untersucht. Die Ausbildung erfolgt in staatlich anerkannten Ausbildungsstätten, wie z.B. staatliche Institute und Ämter, aber auch in privaten Firmen. Neben der Ausbildung im Betrieb besuchen die Auszubildenden den Blockunterricht in der Berufsfachklasse für Pflanzentechnologen in Einbeck, Niedersachsen. Tätigkeitsfelder nach der Ausbildung können Pflanzenzuchtunternehmen, Labore oder Versuchs- und Forschungsanstalten sein. Bei entsprechenden Voraussetzungen kann ab 2018 eine Fort- und Weiterbildung zum Pflanzentechnologiemeister/in, Labormeister/in oder zum Studium an einer Fachhochschule oder Universität erfolgen.
Der Agrarbereich bietet auch für Menschen mit Handicap eine gute Chance, Fuß im Arbeitsleben zu fassen und ermöglicht dazu berufliche Perspektiven durch die Ausbildung zum/zur Fachwerker/innen im Gartenbau und in der Landwirtschaft. Im Regierungsbezirk Stuttgart werden derzeit über 200 Fachwerker im Gartenbau und in der Landwirtschaft ausgebildet. Junge Schulabgänger/innen aus Förderschulen können entsprechend ihrer Fähigkeiten eine stark praktisch geprägte Berufsausbildung in besonders geeigneten Bildungseinrichtungen durchlaufen. Ausbildung und Beschäftigung dieser Menschen ist für beide Seiten – Unternehmen und Auszubildenden – eine „win-win“-Situation. „Einerseits verfügen Menschen mit Handicap über spezielle Fähigkeiten, welche für das Unternehmen einen Mehrwert darstellen können. Andererseits ist für diese Menschen die Teilhabe am Arbeitsleben sowohl eine wichtige Voraussetzung für ein gleichberechtigtes Leben in der Gesellschaft als auch ein Beleg für Vollwertigkeit und Leistungsfähigkeit“, so Reimer.
Für insgesamt über 4.500 Personen tragen die Regierungspräsidien als zuständige Stelle die Verantwortung für die Berufsausbildung in den „Grünen Berufen. Gemessen an der Gesamtzahl der Auszubildenden in Baden-Württemberg, entspricht dies 2,4 % aller Auszubildenden.
Zahlenmäßige Schwerpunkte in der beruflichen Bildung, für welche das Regierungspräsidium Stuttgart verantwortlich ist, sind die Ausbildungsberufe „Gärtner/in und „Landwirt“. Nahezu 2500 junge Menschen werden momentan in den baden-württembergischen Gartenbaubetrieben und rund 900 in landwirtschaftlichen Betrieben ausgebildet. Erstaunlicherweise entscheiden sich immer mehr junge Menschen ohne einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb für eine Ausbildung zum Landwirt. In den Berufsschulen Ludwigsburg und Herrenberg sind derzeit im ersten Ausbildungsjahr 50 % der Auszubildenden in der Landwirtschaft ohne eigenen Betrieb. Spätere Tätigkeitsfelder für die jungen Menschen sind z.B. landtechnische Unternehmen, Betriebshelfer, Betriebe der Pflanzen- oder Tierzucht.
Im Anschluss an die qualifizierte Berufsausbildung in einem Agrarberuf gibt es vielfältige Fortbildungsmöglichkeiten durch Fachschulen, Meisterfortbildung oder ein Studium. Rund ein Drittel der Auszubildenden nimmt nach der Abschlussprüfung diese Gelegenheit wahr. Wie die Berufsausbildung liegt auch die Fort- und Weiterbildung der „Grünen Berufe“ im Zuständigkeitsbereich der Regierungspräsidien.
Die Fachschule ist eine wesentliche Säule der beruflichen Weiterbildung. Die 1-jährigen Fachschulen in den Fachrichtungen Landwirtschaft, Hauswirtschaft, Obstbau und Obstveredlung, Weinbau und Oenologie, Garten- und Landschaftsbau, bilden die künftigen Unternehmerinnen und Unternehmer entsprechend neuesten Erkenntnissen bedarfsgerecht aus. Sie vermitteln vertiefte berufliche Fachqualifikationen und bereiten auf eine verantwortliche Berufstätigkeit und die Meistprüfung vor.
2017 haben im Regierungsbezirk Stuttgart 33 Landwirtschaftsmeister/innen, 10 Winzermeister/innen, 27 Obstbaumeister/innen und 66 Gärtnermeister/innen ihre Meisterbriefe in Empfang nehmen können. Die 2-jährigen Fachschulen in den Fachrichtungen Gartenbau, Weinbau und Oenologie, auch Technikerschule genannt, führen zum Abschluss „Staatlich geprüfter Techniker/in in der entsprechenden Fachrichtung. Die 2-jährige Fachschule im Fachbereich Hauswirtschaft führt zum Abschluss „Staatlich geprüfte/r hauswirtschaftliche/r Betriebsleiter/in“. Mit dem erfolgreichen Abschluss der 2-jährigen Fachschulen werden zugleich die Fachhochschulreife und die Ausbildereignung erlangt.
„Durch das durchgängige Bildungssystem der „Grünen Berufe“ – von der Basisausbildung bis zum Studium an der Hochschule oder Universität – ist es gelungen, eine ganzheitliche zukunftsorientierte Ausbildung zu gewährleisten, die aufgrund ihrer Vielseitigkeit für viele Jugendliche eine interessante berufliche Perspektive bietet“ so Regierungspräsident Reimer abschließend.
PM