Wenn der Chef den Lohn prellt: Im Landkreis Göppingen bekommen immer noch nicht alle Beschäftigten die Bezahlung, die ihnen per Gesetz zusteht. Das kritisiert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Die NGG beruft sich hierbei auf neue Zahlen des Bundesfinanzministeriums. Danach leitete das verantwortliche Hauptzollamt Ulm in den ersten sechs Monaten des Jahres insgesamt 47 Ermittlungsverfahren wegen nicht gezahlter Mindestlöhne ein. Im Hotel- und Gaststättengewerbe wurden die Beamten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zehn Mal fündig.
„Je gründlicher der Zoll kontrolliert, desto größer ist das Risiko für Unternehmen im Kreis Göppingen, bei schmutzigen Praktiken erwischt zu werden“, betont NGG-Geschäftsführerin Karin Brugger. Die Gewerkschafterin geht von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus. Deshalb müsse das Zoll-Personal deutlich aufgestockt werden. Die Arbeit der FKS sei eines der wichtigsten Mittel, um die Einhaltung des Mindestlohns flächendeckend durchzusetzen, so Brugger. Hier gelte einmal mehr: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“
„Jeder Verstoß ist einer zu viel. Es kann nicht angehen, dass sich auch zwei Jahre nach seiner Einführung noch immer nicht alle Betriebe an den gesetzlichen Mindestlohn halten.“ Auch spezielle Branchenmindestlöhne, wie es sie etwa für die Leih- und Zeitarbeit gebe, würden zu häufig unterlaufen.
Zugleich wendet sich die NGG gegen Pläne, die Dokumentationspflichten beim Mindestlohn aufzuweichen. Dafür hatten sich Union und FDP im Wahlkampf ausgesprochen. Brugger: „Nur wenn die Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten aufschreiben, können die Stunden auch tatsächlich gezahlt werden. Darauf ist jeder ehrliche Unternehmer angewiesen. Wer jetzt an die Dokumentationspflicht will, der öffnet dem Lohnbetrug Tür und Tor.“
Die Zoll-Halbjahresbilanz geht auf eine aktuelle Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke an das Bundesfinanzministerium zurück. Demnach überprüfte das Hauptzollamt Ulm im ersten Halbjahr 89 Betriebe des Gastgewerbes. Bundesweit waren es rund 3.700.
PM