„Junge Menschen haben heutzutage in Baden-Württemberg in ihrem Berufsleben die allerbesten Entwicklungsmöglichkeiten“, sagt Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart und Federführer Ausbildung der 12 IHKs in Baden-Württemberg. „Im vergangenen Jahr haben rund 27.000 Ausbildungsbetriebe aus Industrie, Handel und Dienstleitung mit fast 45.500 Auszubildenden einen Lehrvertrag abgeschlossen und ihnen damit einen attraktiven Start ins Berufsleben geboten.“
Jeder Jugendliche und junge Erwachsene, der die Fähigkeit und das Interesse an einer Ausbildung mitbringe, könne sich ausbilden lassen, ganz gleich mit welchem Schulabschluss und welcher Herkunft. Im Zuge rückläufiger Bewerberzahlen haben sich die Chancen auf einen Ausbildungsplatz eher noch verbessert, so Richter.
Der IHK-Hauptgeschäftsführer widerspricht damit der Interpretation einer Ausbildungsstudie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), der zufolge immer weniger Hauptschüler eine duale Ausbildung absolvierten. Richtig sei vielmehr, dass die Zahl der Hauptschüler in den vergangenen 10 Jahren in Baden-Württemberg um rund 38 Prozent zurückgegangen ist. Heute verlassen nur noch 20 Prozent der Schüler eines Jahrgangs in Baden-Württemberg die Schule mit einem Hauptschulabschluss. Deren Chancen seien aber hervorragend, denn viele von ihnen beginnen eine betriebliche Ausbildung. Die Ausbildungschancen für Hauptschüler werden also nicht schlechter, sondern immer besser.
Wie im nationalen Berufsbildungsbericht 2015 vermerkt, gelte auch für Baden-Württemberg, dass die Zahl der Auszubildenden jedoch weiter rückläufig ist. Mehr als 6.000 Lehrstellen blieben laut Arbeitsagentur 2014 über alle Bereiche hinweg unbesetzt. Ursache dafür sei auch der Trend zu höheren Bildungsabschlüssen, vor allem zum Studium. Richter appelliert an Politik und Gesellschaft, die Wertigkeit der dualen Ausbildung nicht gering zu schätzen: „Für viele junge Menschen ist eine betriebliche Ausbildung die bessere Alternative zum Studium“. Heute seien die Verdienst- und Entwicklungsmöglichkeiten mit einer Berufsausbildung in vielen Fällen genauso gut wie mit einem mittleren Studienabschluss. Häufig sei das jungen Menschen und deren Eltern aber nicht bekannt. Die Politik müsse sich verstärkt für mehr Information und Berufsorientierung einsetzen.
Die IHKs im Land unterstützen die Betriebe bei der Besetzung freier Ausbildungsplätze und setzen sich bei der Politik für mehr Berufsorientierung ein. So startet auf Initiative der IHKs ab dem Schuljahr 2016/2017 ein neues Unterrichtsfach „Wirtschaft und Berufsorientierung“ mit dem mehr Inhalte aus Wirtschaft und Beruf in den Schulunterricht einfließen sollen. Auch setzen sich die IHKs für einen „Tag der Berufsbildung“ an allen allgemeinbildenden Schulen vor allem an Gymnasien des Landes ein. Mit der Aktion „Ausbildungsbotschafter“, bei der Auszubildende von Unternehmen in Schulen geschickt werden, um dort über ihren Beruf und ihre Ausbildung zu berichten, wurden bisher mehr als 95.000 Schülerinnen und Schüler landesweit zur Berufsorientierung informiert.
Auch die Unternehmen müssten verstärkt daran arbeiten, ihre Ausbildungsangebote attraktiv zu gestalten. Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen sei das laut IHK-Hauptgeschäftsführer eine große Herausforderung. Mit einer Sinus-Studie zu Jugendmillieus haben die IHKs den Betrieben wichtige Informationen an die Hand gegeben, mit welchen Botschaften und Sujets sie bei Jugendlichen werben sollten, um diese für eine betriebliche Ausbildung zu begeistern.
PM