Psychiatrie-Beschäftigte im Land protestieren am Donnerstag im Rahmen bundesweiter Aktionen gegen Gesetzentwurf

Landesweit beteiligen sich Psychiatrie-Beschäftigte an dezentralen Protestaktionen an ihren psychiatrischen, psychosomatischen und psychotherapeutischen Kliniken und Abteilungen anlässlich der ersten Lesung im Bundestag zum Psychiatriefinanzierungsgesetz PsychVVG am 22. September.

Die Aktionen finden in der Regel am Mittag statt und eignen sich gut für Bildberichterstattung.

Um der Forderung nach einer verbindlichen, umfassenden und bedarfsgerechten Personalbemessung mit gesicherter Finanzierung Nachdruck zu verleihen, hat ver.di bundesweit zu Aktionen aufgerufen. Die Personalräte der Zentren für Psychiatrie, an psychiatrischen Kliniken der Uniklinika, Betriebsräte und Mitarbeitervertretungen im Land unterstützen den Aufruf in ihren Einrichtungen, weil eine gesetzliche Personalbemessung für sie höchste Priorität hat. Das neue Gesetz stellt die Weichen für eine Psychiatrie-Finanzierung völlig neu. Ebenso löst es ab 2020 die bisherige Psychiatriepersonalverordnung PsychPV ab, die den Bedarf ermittelt, wie viel und welches Personal für Therapie, Beratung und psychiatrische Pflege bei welcher Krankheit und welchem Behandlungsstadium gebraucht wird.

„Trotz eines Bekenntnisses zur Personalmindestausstattung, trotz Fortschritten hin zu einem Budgetsystem, enthält der Gesetzentwurf Schwachstellen, die diese Weichenstellung in der praktischen Umsetzung untertunneln werden: zu Lasten des Personals. Weniger Personal bedeutet im psychiatrischen Setting automatisch ungünstigere Therapiebedingungen. Die Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten sinkt dann sofort, die Arbeitsbedingungen werden noch schlechter. Deshalb brauchen wir Nachbesserungen am Gesetzentwurf, und zwar wasserdichte“, so Irene Gölz, ver.di Landesfachbereichsleiterin für das Gesundheitswesen.

Das Gesetz stellt die Weichen für Psychiatrie, Psychosomatik und stationäre Psychotherapie grundsätzlich neu mit weitreichenden Auswirkungen auf Arbeits- und Behandlungsbedingungen. Mit dem Erlassen der Psychiatrie-Personalverordnung (PsychPV) sind seinerzeit über 20.000 neue therapeutische Stellen geschaffen worden und die Psychiatrie wurde humanisiert. Seit Jahren gibt es aber Probleme bei der Finanzierung der durch die Psych-PV ermittelten Personalstellen. So liegt zum Beispiel in den Zentren für Psychiatrie der Erfüllungsgrad der PsychPV aktuell nur bei durchschnittlich 90 Prozent, in einigen Berufsgruppen auch deutlich niedriger. Neue Stellen entstehen, seit die Gesetzgebung an einer neuen Psychiatriefinanzierung arbeitet, fast nur für die Bereiche Kalkulation, Datenkontrolle, für Controlling, Codieren, Abrechnen. Auf einer Station oder in der Tagesklinik beträgt der Dokumentationsaufwand inzwischen über 30 Prozent der Arbeitszeit.

„Wer gute Therapie will, muss genug Personal wollen. Wer eine sichere Psychiatrie will, muss genug fachlich qualifiziertes Personal wollen. Wer sich ernsthaft zur Personalmindestausstattung bekennt, muss in diesem Gesetzentwurf die Lücken schließen und den Dokumentationswahn beenden“, fordert Silke Hansen, bei ver.di Baden-Württemberg zuständig für psychiatrische Einrichtungen. Dies gelinge durch die Festschreibung einer verbindlichen, umfassenden und bedarfsgerechten Personalbemessung mit gesicherter Finanzierung so Hansen: „Die Krankenkassen müssen aber auch prüfen können, ob das Geld für Personal auch dafür eingesetzt wird. Tariflöhne müssen finanziert werden.“

ver.di wird die Berichte über die dezentralen Proteste sammeln und sie den Abgeordneten des Deutschen Bundestages zugänglich machen.

Aktionen finden unter anderem in Wiesloch, Weinsberg, Zwiefalten, Bad Schussenried, Weissenau, Reichenau und Stuttgart statt.

PM

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