Den 500. Beschäftigungsgutschein hat Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, an einen Beschäftigten der Esslinger Beschäftigungsinitiative gGmbH (EBI) in Altbach überreicht. Beantragt hatte den Gutschein, dessen Finanzierung über das Programm von Evangelischer Landeskirche und Diakonie in Württemberg möglich war, der Gemeindepfarrer des ehemals Langzeitarbeitslosen.
Monat für Monat seien Erfolgsmeldungen zur Lage auf dem Arbeitsmarkt gerade in Baden-Württemberg zu hören, sagte Oberkirchenrat Dieter Kaufmann. Er stellte dem entgegen: „Der zunehmenden Zahl der Erwerbstätigen und der stabilen bis sinkenden Zahl von Arbeitslosen steht eine sich verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit gegenüber.“ Die Zahlen für das Jahr 2015 zeigten, so Kaufmann, dass mit der sinkenden Arbeitslosigkeit der Anteil der Arbeitslosen, die Harz IV beziehen, tendenziell ansteigt. „Die Menschen, denen es bisher nicht gelungen ist, auf den Zug des Arbeitsmarktes aufzuspringen, bleiben zurück. Viele befinden sich ausgegrenzt am Rande der Gesellschaft, ohne ausreichende Teilhabemöglichkeiten.“
Kirche und Diakonie setzen sich laut Kaufmann für Langzeitarbeitslose ein, „weil nach unserem christlichen Verständnis der Weg mit Gott zum Mitmenschen führt. Wo wir Not und Unrecht sehen, können und wollen wir nicht die Augen verschließen und gleichgültig sein.“ Die Evangelische Landeskirche und ihre Diakonie stünden für die Unterstützung von sozial schwachen und ausgegrenzten Menschen. Deshalb weise die württembergische Diakonie seit Jahren auf die Schattenseite des insgesamt positiven Arbeitsmarktes hin. „Wir fordern seit Langem von der Politik eine Wiederbelebung der öffentlich geförderten Beschäftigung. Unsere politische Lobby-Arbeit trägt Früchte, denn im Koalitionsvertrag ist aufgenommen, das Landesarbeitsmarktprogramm fortzusetzen.“
Landeskirche und Diakonisches Werk Württemberg haben das Förderprogramm der Beschäftigungsgutscheine für Langzeitarbeitslose ins Leben gerufen. „Es zeigt, dass geförderte Arbeitsplätze möglich sind und setzt einen politischen Impuls. Die Aktion läuft seit 2013 und wird in diesem Jahr abgeschlossen. „Es ist Aufgabe der Politik, das gesellschaftliche Problem der Arbeitslosigkeit zu lösen“, so Kaufmann. „Wenn wir heute den 500. Beschäftigungsgutschein hier in Altbach an Herrn Bühler überreichen, dann wollen wir damit das öffentliche Signal verstärken und den Impuls an die neue Landesregierung weiterreichen.“
Hans-Ulrich Rabeneick, Geschäftsführer der EBI, nannte es einen Skandal, dass langzeitarbeitslosen Menschen Teilhabe vorenthalten und Möglichkeiten der Beschäftigung zurückgefahren werden. Es gebe viel mehr Langzeitarbeitslose als in öffentlichen Statistiken ausgewiesen sind, denn „wenn jemand einen zweitätigen Staplerführerschein-Kurs macht, gilt er danach als neu Arbeitsloser“. Er freue sich über Aufträge für Gartenarbeit, Entrümpelungen oder Umzüge, um langzeitarbeitslosen Menschen Beschäftigung sowie Hilfe bei Problemen wie Sucht oder Überschuldung geben zu können. Wie wichtig die Arbeit für Selbstbewusstsein und Tagesstruktur ist, unterstrich Markus Bühler, der Empfänger des 500. Beschäftigungsgutscheins. In seiner viele Jahre dauernden Arbeitslosigkeit hat er immer wieder ehrenamtlich bei der EBI mit angepackt.
Die Beschäftigungsgutscheine haben einen Gegenwert von 100 bis 500 Euro und gelten für einen Zeitraum von maximal zwölf Monaten. Sofern es durch Kofinanzierungsmöglichkeiten möglich ist, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse zu schaffen, können bis zu 500 Euro eingesetzt werden. Gibt es keine Möglichkeiten der Kofinanzierung, muss der Beschäftigungsgutschein in der Regel auf den Betrag von 100 Euro für die arbeitslose Person beschränkt bleiben. Dieser Betrag ist für Harz-IV-Empfänger anrechnungsfrei.
Die Kirchengemeinden sind von Anfang an bei der Umsetzung der Beschäftigungsgutscheine beteiligt. Sie beantragen den Beschäftigungsgutschein für eine arbeitslose Person beim Diakonischen Werk Württemberg. Auf diesem Weg sind viele positive Kontakte und Gespräche mit Arbeitslosen in den Kirchengemeinden entstanden. Der Esslinger Gemeindepfarrer Enno Knospe hat eine Patenschaft für das Beschäftigungsverhältnis übernommen. „Herr Bühler ist Gemeindeglied unserer evangelischen Kirchengemeinde Esslingen St. Bernhardt zum Hohenkreuz. Für mich als Gemeindepfarrer war diese Anfrage Anlass, mich über das Projekt Beschäftigungsgutscheine von Landeskirche und Diakonie in Württemberg zu informieren. Bei dieser Gelegenheit wurde mein Blick als Gemeindepfarrer für die besondere Herausforderung von Menschen, die lange arbeitssuchend sind, geschärft.“ Kosten seien die Kirchengemeinde nicht entstanden. „Herr Bühler ist die dritte Person im vergangenen Jahr, für die wir als Kirchengemeinde eine solche Patenschaft übernehmen konnten.“
Die Landessynode hat seit November 2013 insgesamt 1,5 Millionen Euro für Beschäftigungsgutscheine bewilligt. Bis heute sind 539 Beschäftigungsmaßnahmen gefördert worden. Durch Kofinanzierungen sind 162 umfangreiche bis vollzeitige sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse geschaffen worden. Darüber freuen wir uns sehr. Das Ziel, mit den Beschäftigungsgutscheinen über Kofinanzierungen in einem größeren Umfang sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse schaffen zu können, hat sich nicht in vollem Umfang umsetzen lassen. Denn bei den Jobcentern gibt es kaum mehr freie Mittel für Beschäftigung schaffende Maßnahmen.
Hier finden Sie die im März erschienene Auswertung des Förderprogramms.
Foto: v.l.n.r.: Hans-Ulrich Rabeneick, Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Markus Bühler und Pfarrer Enno Knospe.
PM