Die Passagiere in Uhingens Bürgerbus ULi lassen sich seit Montag in einem nigelnagelneuen Bus durch die Stadt chauffieren. Der Bus ist die dritte Generation seit Bestehen der Uhinger Linie im Jahr 2016 – und trägt dazu bei, dass sich der Kreis Göppingen als „Bürgerbus-Landkreis“ rühmen kann.
Der Neuwagen-Duft ist unverkennbar, der rote Stoffbezug auf den Sitzen leuchtet förmlich, alles sieht picobello aus, kein Krümel oder Fussel stört die Optik und im Lack spiegeln sich Sonne, Wolken, Uditorium und viele Menschen: Die Rede ist vom neuen Bürgerbus der Uhinger Linie, der am Sonntagmittag in gebührend festlichem Rahmen eingeweiht wurde.
„Es gibt kaum ein Projekt, dass es schafft, einen so großen Anteil zur Mobilität beizutragen“, sagte Uhingens Bürgermeister Matthias Wittlinger im Foyer des Uditoriums vor knapp 100 geladenen Gästen aus nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen, die sich mit dem Bürgerbus beschäftigen. Seit 16 Jahren rollt der von vielen nur liebevoll ULi (Uhinger Linie) genannte Bus durch Uhingen. Der Bürgerbus fährt in Uhingen drei Routen zwischen Wurmberg, Haldenberg, Oberer Wasen und Wasserberg mit ihren mehr als 40 Haltestellen ab, in Zahlen sind dies vormittags 50 Kilometer und nachmittags nochmals 60 Kilometer. Und dies zuverlässig ganzjährig von Montag bis Samstag. Und seit Montag, 23. September, fährt nun die dritte Generation des Uhinger ULi-Busses durch die Stadt. Sein Vorgänger, der bis Samstag, 21. September, die Menschen zu ihren Zielen gebracht hat, führt seinen Dienst bei einem ÖPNV-Anbieter fort.
Der Uhinger Bürgerbus ist ganz klar eine Erfolgsgeschichte, wie beim Festakt deutlich wurde. Aber ohne engagierte Menschen wie die ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrer wäre das kaum so möglich. Man habe im Rathaus mal ausgerechnet, was ein vergleichbares Angebot eines ÖPNV-Unternehmens kosten würde, sagte Matthias Wittlinger. Das Ergebnis: „Ihr Arbeitseinsatz ist pro Jahr 300.000 Euro wert.“ Doch er dankte nicht nur den Fahrerinnen und Fahrern, sondern auch den vielen Wegbegleitern, die die Erfolgsgeschichte ermöglicht haben: Bürgermeister aus Umlandgemeinden, Landrat Edgar Wolff, dem Uhinger Gemeinderat, Firmen und Sponsoren, Uhinger Vereinen sowie dem Landesverband Pro Bürgerbus Baden-Württemberg. „Wir sind wie eine Familie geworden“, lobte Uhingens Bürgermeister. Das belegte auch ein Blick in die Zuschauerreihen: Vertreter der Bürgerbusvereine aus Ebersbach, Salach, Süßen, Wendlingen und Bad Wimpfen wohnten den von melodischen Klängen am Steinway-Flügel durch Pianistin Lidiia Baryshevska begleiteten Grußworten und der anschließenden Fahrzeugweihe sowie Schlüsselübergabe bei.
„Heute heißt das Uditorium ,ULitorium‘“, sagte anschließend Landrat Edgar Wolff und lobte das Bürgerbus-Engagement im Allgemeinen: „Man kann damit nachhaltige Mobilität gestalten, schafft Kommunikation und Miteinander.“ Ein Bürgerbus sei schon immer ein hochsinnvolles Projekt und Spaßprojekt für alle, die den Bürgerbus nutzen und ihn fahren. Letzteres wusste der Landrat aus eigener Erfahrung, der auch als Bürgerbus-Fahrer in Ebersbach hinterm Lenkrad saß. Nicht ohne Stolz sagte der Landrat, dass der Landkreis Göppingen ein Bürgerbus-Landkreis sei: „Bei uns fahren vier Bürgerbusse – in Uhingen, Süßen, Salach und Ebersbach. So viel wie in keinem anderen Landkreis Baden-Württembergs.“ Zudem nahm der erste Bürgerbus des Landes Baden-Württemberg im Landkreis Göppingen seinen Fahrdienst auf – 2003 in Salach. Es sei eine schier nicht zu bewältigende Aufgabe, einen Bürgerbus zu etablieren und ihn am Laufen zu halten.
„Wir freuen uns sehr, dass der ULi-Slogen ,ULi verbindet‘ seit 16 Jahren in Uhingen Bestand hat“, überbrachte Markus Weihing aus Bad Wimpfen vom Landesverband Pro Bürgerbus Baden-Württemberg Glückwünsche des Vereins sowie dessen Präsidiums. Zudem hatte er noch eine Überraschung im Gepäck: Das Uhinger Urgestein Wolfgang Euchner, zweiter Vorsitzender des Bürgerbusvereins sowie Beisitzer im Landesverband, erhielt eine Auszeichnung für sein Engagement.
„In der Bürgerbus-Familie ist ein neuer Bus wie ein Baby“, sagte Dietmar Vogl im Anschluss. Gemeinsam habe man sich über das Modell und die Ausstattung Gedanken gemacht. Und von letzterem gibt es einiges: Klimaanlage, Niederflurangebot, Haltewunschknopf, Außenschwingtür, einen Isofix-Sitz für Kindersitze und vieles mehr. Auf die technischen Details des 130.000 Euro teuren Wagens, für den es einen Zuschuss in Höhe von 40.000 Euro vom Land Baden-Württemberg gab, ging danach Wolfgang Euchner ein. Er berichtete, dass als Basis ein Mercedes Sprinter Typ 315 CDI mit 150 PS dient, der fast 6 Meter lang ist und über 8 Plätze für Passagiere verfügt. Die Firma TS Fahrzeugtechnik in Weida baute das Fahrzeug um und passte es auf die Wünsche der Uhinger Linie an. Auch erklärte er, wieso die dritte Generation des ULi-Busses trotz aller Bemühungen kein Elektrofahrzeug ist: Außer den hohen Anschaffungskosten von fast 200.000 Euro und den ganzjährigen Komfortproblemen (Heizung, Klimaanlage) hätte die elektrische Reichweite zwar für den Vormittagsbetrieb gereicht, für den Ganztagesbetrieb jedoch nicht, da der Ladeprozess über die Mittagspause deutlich zu kurz gewesen wäre.
„Das Fahrzeug ist für unsere Uhinger Bürgerinnen und Bürger unterwegs“, sagte Wolfgang Euchner abschließend. Und passend dazu, ehrte Uhingens Bürgermeister Matthias Wittlinger den mittlerweile 140.000 Passagier des Uhinger Bürgerbusses: Anneliese Düring. Sie hatte zwar schon im August, als sie nichtsahnend in den ULi-Bus eingestiegen war, einen Blumenstrauß, eine Urkunde sowie eine 10er-Fahrkarte erhalten. Doch Matthias Wittlinger nutzte den Rahmen der Fahrzeugweihe und Schlüsselübergabe, um sie erneut zu würdigen. „Wow – der 140.000 Passagier“, sagte Landrat Edgar Wolff mit Anerkennung.
Anschließend erfolgte die Fahrzeugweihe des neuen ULi-Busses durch Vikar Markus Bauer von der katholischen Kirchengemeinde, der mit Seelsorgerin Ulrike Langer von der evangelischen Kirchengemeinde noch andächtige Worte und eine Predigt hielt. Danach überreichte Matthias Wittlinger von Seiten der Stadt Uhingen offiziell den Schlüssel des neuen Bürgerbusses an Wolfgang Euchner an den Bürgerbusverein. Und die Besucher ließen sich bei schönstem Wetter Kaffee, Kuchen und Getränke der Landfrauen aus Sparwiesen schmecken.
Info: Ohne das Engagement der Mitglieder des Bürgerbusvereins sowie seiner zirka 30 Fahrerinnen und Fahrer könnte das Angebot der Uhinger Linie nicht aufrecht erhalten werden. Wer sie unterstützen, sich selbst mal hinters Lenkrad setzen oder mehr über den ULi-Bus wissen will, kann sich auf www.uhingen.de/ULi-Bus im Internet informieren.
Foto (Stadt Uhingen): Matthias Wittlinger (rechts) überreicht Wolfgang Euchner symbolisch den Fahrzeugschlüssel.