Mit vielen neuen Eindrücken kehrte eine 46-köpfige Gruppe aus der thüringischen Partnerstadt Sonneberg zurück. Höhepunkt war der neue Anbau des Deutschen Spielzeugmuseums für die berühmte Thüringer Kirmes.
Seit 2006 kommen Sonneberger Bürger/-innen in den geraden Jahren nach Göppingen, seit 2007 fährt ein Göppinger Bürgerbus in den ungeraden Jahren in die Spielzeugstadt. Und auch bei der mittlerweile fünften Tour gab es wieder neue Besichtigungsziele und viele Überraschungen. Außerdem lernen die Teilnehmer/-innen Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede kennen. So stellte beim ersten gemeinsamen Abend Stadt- und Kreisrätin Traudel Garg, Leiterin des Arbeitskreises Göppingen in Sonneberg, das Projekt „Senior-Trainer“ vor: Bürger/-innen ab 50 Jahre plus wurden zwischen 2007 bis 2012 ausgebildet; Barbara und Gerlinde, zwei von rund 40 ehrenamtlich tätigen Seniortrainer/-innen, unterhielten die Gäste als Akkordeon-Duo – bis weit in die Nacht wurde von Sonnebergern und Göppingern gemeinsam gesungen und geschunkelt.
Am nächsten Tag stand als erstes das Outdoor-Inn in Sonneberg-Neufang auf dem Besichtigungsprogramm. 1969 als Produktionshalle für Puppenhaar und Puppenstimmen durch die Handwerker-Genossenschaft errichtet, wurde es am 17. April 1972 in einen volkseigenen Betrieb umgewandelt und war bis zur Wende in Nutzung. Im November 2003 kaufte der gebürtige Sonneberger Axel Müller das brach liegende Anwesen und errichtete innerhalb von neun Monaten ein Outdoor-Inn – bereits im Juni 2004 kamen die ersten Gruppen. Müller bietet vielfältige Outdoor-Aktivitäten an; in 17 Zimmern mit gehobenen Jugendherbergs-Ambiente finden sich 70 Betten. Neben Schulen aus ganz Deutschland, schwerpunktmäßig die Klassenstufen 5 bis 8, nutzen viele Firmen das Outdoor-Inn für Nachwuchskräfte-Training. In Steinach betreibt Axel Müller auch ein Sport-Hotel mit 120 Betten, 16 Mitarbeiter sind bei ihm beschäftigt. Für die Göppinger Gruppe bot er als beispielhafte Outdoor-Aktivität Bogenschießen an, ehe zur Stärkung echte Thüringer Bratwürste gereicht wurden.
In der Heimatstube des Stadtführers Roland „Spielmann“ Wozniak erfuhren die Göppinger am Nachmittag allerlei Historisches – und das in Sonneberg weit mehr produziert wurde als „nur“ Spielzeug, nämlich auch Porzellan, Radios, Lichterketten, aber auch Nussknacker lange vor dem Erzgebirge und vieles mehr. Einen neuen Partnerschaftskuchen kreierte seine Frau Vivian, die die Gäste mit selbstgebackenen Kuchen verwöhnte, darunter auch mit einem „Träubleskuchen“ nach altem Göppinger Rezept – in Unkenntnis der schwäbischen Träuble allerdings mit weißen und blauen Weintrauben. An dem hervorragenden Geschmack änderte dieses sprachliche Missverständnis allerdings nichts. Anschließend erkundete die Gruppe erstmals das „Nautiland“, ein ehrenamtlich betriebenes Schau-Aquarium und –Terrarium. Das größte Tier ist eine drei Meter lange Anakonda, kleinere Schlangen durften die Besucher/-innen selber auf den Arm nehmen. 6.500 Euro Unterhalt muss der Trägerverein Monat für Monat erwirtschaften; die Zahl von 25.000 Besucher im jahr ist relativ konstant.
Auch die neueste, 2011 gebaute Kindertageseinrichtung mit integriertem Raum für Seniorenveranstaltungen wurde besichtigt. 27 Kinder ab einem Jahr werden in dem gut eine Million Euro teuren Neubau bis 20 Uhr betreut. Eine Aufnahme am Wochenende wird extra mit drei Euro pro Stunde berechnet, die Übernachtung von 20 bis 6 Uhr kostet 14 Euro. Großen Wert legt Einrichtungsleiterin Ilka Schröder auf die Einbeziehung von Senioren; neben wöchentlichen Seniorenveranstaltungen gibt es viel Platz für gemeinsame Aktivitäten von Großeltern und Enkelkindern. Für Staunen bei den Göppinger Gästen sorget die Ausstattung der KiTa mit kindgerechtem Fitnessstudio und einer Infrarot-Wärmekabine. Insgesamt gibt es in Sonneberg 17 KiTas.
Beim Partnerschaftsessen auf Einladung der Stadt Sonneberg blickte Bürgermeisterin Sibylle Abel auf 25 Jahre Städtepartnerschaft zurück, die zur echten Freundschaft geworden ist. Dabei zeigte sich, dass die deutsche Einheit zumindest modisch vollendet ist: BMin Abel erschien zum Empfang im gleichen modischen Oberteil wie Ilona Abel-Utz, die als Sprecherin des Göppinger Arbeitskreises Sonneberg einige Bücher („Wie wäscht man ein Kettenhemd“ und „Göppinger Liederkiste“) für die Bibliothek überreichte. Die Kleidungsfrage war übrigens nicht abgesprochen, sondern Ausdruck einer aus langjähriger Freundschaft erwachsenen Seelenverwandtschaft. Landrätin Christine Zitzmann hob ihre gute Erinnerung an Göppingen hervor, lernte sie doch vor 25 Jahren im Rahmen eines Aufenthaltes in der Hohenstaufenstadt die Stadtverwaltung von innen kennen. Musikalisch bestens umrahmt wurde der Abend von einem Gesang-Quintett und einem Musiklehrer-Quartett – mit einer Tuba aus „Plaste“! Norbert Pillmann, Niederlassungsleiter der Simba-Dickie-Group in Sonneberg, gab der Reisegruppe einen Gruß in Form eines Bobby-cars und einer „Mikrowelle“ an eine Göppinger KiTa mit.
Bereits vor zwei Jahren begeisterte die junge Sängerin Julia die Göppinger Gästegruppe; heuer sang sie, begleitet von ihrer Oma mit Akkordeon beziehungsweise Gitarre, am Sonntagmorgen einige Muttertags-Lieder. Außerdem gab es für jede Mutter einen kleinen Plüsch-Bären, ehe der Besuch des Deutschen Spielzeugmuseums auf dem Programm stand. 100.000 Objekte, davon 60.000 Spielsachen, beherbergt die 1901 als Industrie- und Gewerbemuseum des Meininger Oberlandes gegründete Sammlung, nur zehn Prozent davon können ausgestellt werden. Den Erfolg verdankt das Sonneberger Holzspielzeug seiner Modellierung, ab 1740 mit Teig, später mit Papiermaché. Leiterin Dr. Reinhild Schneider und Dr. Friederike Kruse von der Museumspädagogik führten durch Teile des Altbaus sowie durch den Neubau, in dem seit vergangenem Jahr die weltberühmte „Thüringer Kirmes“ präsentiert wird, eine Schaugruppe mit 67 lebensgroßen Puppen, die auf der Weltausstellung in Brüssel 1910 einen Grand Prix errang.
Zum Abschluss besuchten die Göppinger/-innen die 1922 mit 40 Gärten gegründete Kleingartenanlage „Pistor“. Auf 22.000 Quadratmeter sind dort heute 97 Gärten mit Flächen zwischen 150 und 320 Quadratmeter zu finden. Dort hatten vor über 20 Jahren die Göppinger Gartenfreunde eine Freundschaftslinde gepflanzt, die sich seitdem prächtig entwickelt hat. Im Göppinger Stübchen der Anlage steht übrigens noch eine Dose mit Göppinger Luft – auch nach 25 Jahren ist die Städtepartnerschaft Göppingen-Sonneberg quicklebendig!
Foto: Die Göppinger Reisegruppe vor dem Alten Rathaus in Sonneberg.
PM