Bombenalarm in Göppingen – Bombe auf dem EVF-Gelände muss entschärft werden

Ein Novum in der Geschichte der Stadt Göppingen: Am Sonntag, 22. April, muss die Umgebung der EVF-Geschäftsstelle in der Großeislinger Straße komplett evakuiert werden, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass auf der dortigen Baustelle eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg liegt.

Um diesen Verdacht zu überprüfen und gegebenenfalls die Bombe auch gleich zu entschärfen, müssen – im Interesse der eigenen Sicherheit – alle Menschen den Evakuierungsbereich am Sonntag. 22. April, bis spätestens 7 Uhr verlassen. Wer in seiner Mobilität eingeschränkt ist und seine/ihre Wohnung nicht alleine verlassen kann, dem wird Unterstützung angeboten. Wer den Sonntagvormittag nicht zu einem Ausflug oder einem Besuch bei Verwandten oder Bekannten nutzen möchte, kann die Zeit der Maßnahme im Mörike-Gymnasium verbringen. Dorthin werden auch Shuttle-Busse fahren. Die Stadt Göppingen und die Polizei werden in den Straßen sowie über Medien (www.goeppingen.de, www.facebook.com/stadt.goeppingen, www.twitter.com/polizeiul) über das Ende der Evakuierungsmaßnahme informieren und die Anwohner dürfen in ihre Wohnungen zurückkehren. Ein Grund zur Beunruhigung bis zum 22. April besteht nicht, noch liegt die Bombe sicher in rund sechs Meter Tiefe.

EVF-Geschäftsführer Dr. Martin Bernhart erklärte zur Geschichte und zum Verfahren: „Im März und April 1945 wurde Göppingen viermal Ziel von alliierten Luftangriffen. Hauptbetroffen war die Göppinger Nordstadt, aber auch im Bereich der heutigen Großeislinger Straße gingen Bomben nieder. Aus diesem Grund enthält die Baugenehmigung für unser neues, erweitertes Kunden- und Verwaltungszentrum die Auflage, bei den Aushubarbeiten eine auf Kampfmittelsondierung spezialisierte Firma einzuschalten. Diese ist permanent auf der Baustelle und untersucht die Baugrube sowie den Aushub ständig. Aufgrund gemessener magnetischer Strahlungen ergaben sich auf der Baustelle drei Verdachtspunkte. Zwei dieser Punkte, die in einer Tiefe von ungefähr zwei bis knapp drei Meter lagen, konnte die Firma durch genauere Untersuchungen ausschließen. Ein dritter Verdachtspunkt liegt knapp sechs Meter unterhalb der Erdoberfläche – so tief können 250- bis 500-Kilogramm-Fliegerbomben durchaus eingesunken sein – und kann nicht ohne Risiko näher untersucht werden. Ob es sich tatsächlich um die Magnetstrahlungen einer Fliegerbombe oder um ferro-magnetische Störstrahlungen eines anderen metallischen Gegenstandes (was aber wegen der Strahlung eher unwahrscheinlich ist) handelt, kann nur festgestellt werden, wenn Spezialisten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes des Landes Baden-Württemberg sich dem Fundort nähern und den Gegenstand freilegen. Aufgrund der damit verbundenen Gefahr einer ungewollten Zündung muss die Umgebung vorher von allen anderen Menschen geräumt sein.

Außerdem wird unser Wahrzeichen, die 90.000 m3 Erdgas fassende Gaskugel, seit dieser Woche gezielt geleert. Sie dient seit Jahrzehnten der Lagerung von Erdgas und zu dessen Einspeisung ins Netz bei auftretenden Tagesspitzen im Erdgasverbrauch. Unsere Flüssig-Erdgas-(LNG-)Anlage wurde über den Winter ohnehin leergefahren und steht zur turnusmäßigen Inspektion und Wartung an. Diese sogenannten „Störfallanlagen“ sind gasfrei und stellen somit kein Risiko für einen Einsatz am 22. April dar. An jenem Sonntag werden wir unsere Ersatz-Leitwarte besetzen, so dass wir für eventuelle routinemäßige Störmeldungen im gesamten EVF-Gebiet voll handlungsfähig bleiben.“

Die Stadt Göppingen wird nach Aussage von Oberbürgermeister Guido Till umfangreiche Sicherungsmaßnahmen ergreifen: „Um den Verdachtspunkt genauer untersuchen und gegebenenfalls die Bombe gleich entschärfen zu können, muss die Umgebung am Sonntag, 22. April, ab 7 Uhr und bis zum Ende der Maßnahme von allen Menschen geräumt sein. Wir werden eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen und im Amtsblatt am 11. April 2018 veröffentlichen, versehen mit der Anordnung des Sofortvollzugs. Das genaue Evakuierungsgebiet ist dem Stadtplanausschnitt sowie dem Luftbild zu entnehmen. In diesem Bereich dürfen sich am Sontag, 22. April, ab 7 Uhr keine Menschen mehr aufhalten; die ersten Straßen werden bereits ab 6:30 Uhr gesperrt.

Wer Hilfe zum Verlassen seiner/ihrer Wohnung oder seines/ihres Hauses benötigt, kann sich ab Freitag, 6. April, an die speziell eingerichtete Hotline 07161 650-117 wenden. Diese ist erreichbar bis Donnerstag, 19. April, zu den regulären Rathaus-Dienstzeiten (Montag, Dienstag, Mittwoch und Freitag von 8 bis 12 Uhr sowie Donnerstag von 13:30 bis 18 Uhr). Außerdem ist die Nummer erreichbar am Freitag und Samstag, 20. und 21. April, von 8 bis 17 Uhr sowie am Evakuierungssonntag, 22. April, von 5:30 Uhr bis zwei Stunden nach Evakuierungsende. Diese Rufnummer 07161 650-117 bleibt aktiv; die für das Wochenende angedachte Umstellung der städtischen Telefonanlage auf die neuen, dann vierstelligen Durchwahlnummern wird um eine Woche verschoben – die neuen Nummern gelten dann ab 30. April!

Über den jeweils aktuellen Stand am Sonntag, 22. April, sowie über das Ende der Evakuierung wird an jenem Sonntag auch auf der städtischen Homepage, direkt unter www.goeppingen.de, sowie über den städtischen Facebook-Auftritt unter www.facebook.com/stadt.goeppingen und unter www.twitter.com/polizeiul informiert. Außerdem halten wir die Medien auf dem Laufenden und erhoffen uns auch von dieser Seite, insbesondere via Rundfunk, Unterstützung. Die Stadtverwaltung wird an geeigneter Stelle einen entsprechenden Stabsdienst einsetzen.

Als Unterbringungsmöglichkeit steht das Mörike-Gymnasium zur Verfügung, sofern der Sonntag nicht ohnehin für einen Ausflug oder einen Besuch genutzt wird. Ab 6:30 Uhr fahren regelmäßig Shuttle-Busse das MöGy an; Haltestellen sind „Blauer Platz“, Ulmer Straße/Heininger Straße, Brücken-/Alexanderstraße, Dürerstraße bei Gebäude 9 sowie Hohenstaufen-Gymnasium. Mit Informationsschreiben, die in alle Wohnungen eingeworfen werden, unterrichten wir die Bewohnerinnen und Bewohner auch direkt. Speziell erinnert wird an die Mitnahme notwendiger Medikamente, an die Versorgung oder Mitnahme von Haustieren, an das Abschalten der Elektrogeräte wie Backofen, Herd etc. sowie an das Abschließen der Haus- und Wohnungstüren.

Auch die Deutsche Bahn ist informiert und wird am Sonntagvormittag, 22. April, den Zugverkehr nach Erfordernis unterbrechen. Der Bahnbetrieb wird nur bei einem möglichen Fund und nur während der möglichen Entschärfung zwischen Göppingen und Eislingen (Fils) eingestellt; die Bahnhöfe Göppingen und Eislingen (Fils) können während einer möglichen Entschärfung mit Zügen angefahren werden.

Wir appellieren an alle betroffenen Bürgerinnen und Bürger, sich an die Anweisungen zu halten – schon im Interesse der eigenen Sicherheit. Denn diese ist oberste Maxime unseres Handels. Wir wollen, dass niemand zu Schaden kommt. Wir haben volles Vertrauen in die Fähigkeiten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes des Landes Baden-Württemberg, müssen aber eine konkrete Gefährdung der Bevölkerung einkalkulieren und entsprechend handeln. Ich bin überzeugt davon, dass wir gemeinsam auch dieses Göppinger Novum gut meistern werden!“

Nach Aussage von Dr. Bernhart wird der Bombenfund und die geplante Entschärfung die EVF finanziell so gut wie nicht belasten. Die Baustelle ruht zurzeit wegen anderer Erschwernisse und die Entleerung der Gaskugel sowie der Flüssig-Erdgas-Anlage stand wegen bevorstehender Wartungsarbeiten sowieso an. Diese Wartungsarbeiten werden nun einfach vorgezogen.

Die Kosten der Bombenfreilegung- und Entschärfung trägt das Land Baden-Württemberg über seinen Kampfmittelbeseitigungsdienst. Sollte die Bombe nicht entschärft werden können, wird sie an Ort und Stelle kontrolliert gesprengt. Hierfür werden weitere Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, um so die Schäden so gering wie möglich zu halten. Der sechs Meter tiefe Krater zur Bombe wird dann mit Wassersäcken mit insgesamt 48.000 Litern Wasser gefüllt. Diese verhindern, dass Bombensplitter in der Umgebung Schäden anrichten können. Zerstörte Fensterscheiben durch die Druckwelle kann es trotzdem geben. Auch deswegen ist allen Menschen in dem 300 bis 500 Meter umfassenden Evakuierungsbereich dringend angeraten, das Gebiet zu verlassen.

Rund 2.600 Menschen müssen evakuiert werden. Von Vorteil ist, dass die Seniorenheime der ASB und der Wilhelmshilfe gerade außerhalb des Gebietes liegen. Da der Termin bewusst auf einen Sonntag gelegt wurde, ist auch mit weniger Verkehrsbeeinträchtigungen durch die Straßensperrungen zu rechnen.

Insgesamt ca. 500 Bomben wurden im Krieg in Göppingen durch die Amerikaner abgeworfen. Geschätzte 150 Bomben sind nicht detoniert, liegen also als Blindgänger noch im Göppinger Boden. Da die Amerikaner alle Bombenabwürfe durch Aufklärungsflüge fotografiert haben, sind die Gebiete mit möglichen Blindgängern sehr gut dokumentiert. Auch deshalb wurde das Baugrundstück der EVF vorsorglich durch eine Fachfirma sondiert.

Die Pläne zeigen das Evakuierungsgebiet. Die Stadthalle – und damit auch die am 22. April stattfindende Familienmesse – ist von der Evakuierung nicht betroffen.

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