Wirtschaftspolitik im Fokus: Ministerpräsident Kretschmann und IHK-Spitzen beraten sich zu Top-Themen im Südwesten

Ministerpräsident Kretschmann: Wir arbeiten an Planungssicherheit und Berechen-barkeit für die Unternehmerinnen und Unternehmer im Land. BWIHK-Präsident Grenke: Start-up- und Mittelstandsförderung müssen zentraler Bau-stein einer gemeinsamen Strategie sein.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann traf heute die Spitzen der Industrie- und Handelskammern Baden-Württembergs im Staatsministerium in Stuttgart zum Austausch. Gegenstand der Diskussion waren die Digitalisierung der Wirtschaft und der Breitbandausbau, die Start-up-Förderung sowie der Bürokratieabbau.
„Die wirtschaftliche Lage in Baden-Württemberg ist stabil, die Beschäftigung hoch und die Arbeitslosigkeit niedrig. Beim Wirtschaftswachstum werden wir 2017, wie in den letz-ten Jahren auch, mit an der Spitze aller Länder liegen. Das zeigt die Stärke der hiesigen Unternehmen“, so Ministerpräsiden Kretschmann. „Auf diese Entwicklung können die Unternehmerinnen und Unternehmer zu Recht stolz sein. Klar ist aber auch, dass Wett-bewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher Erfolg keine Selbstläufer sind, sondern hartes Ge-schäft, Tag für Tag. Von der Politik erwarten die Unternehmen Planungssicherheit und Berechenbarkeit. Daran arbeiten wir ständig. Umgekehrt erwarte ich von den Unterneh-merinnen und Unternehmern Weitblick über den Tag hinaus und das klare Bekenntnis zum Standort Baden-Württemberg. Dafür müssen Politik und Wirtschaft – so wie heute – oft miteinander reden.“
Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handels-kammertags (BWIHK), unterstrich: „Wir wissen, dass der Ministerpräsident politische Entscheidungen von der menschlich-betriebswirtschaftlichen Basis her anfasst. Eine gemeinsame Marschrichtung einzuschlagen, ist mit Blick auf die Herausforderungen im Südwesten nicht nur bei den besprochenen Top-Themen das ‚A und O‘. Wir haben un-sere Positionen und Forderungen intensiv ausgetauscht und gute wie richtige Lösungs-ansätze bei der Landesregierung erkannt. Natürlich gibt es auch kritische Felder, für die wir noch eine verbindende Linie finden müssen und dies auch werden“, zeigte Grenke auf.
Digitalisierung der Wirtschaft und Breitbandausbau
Ein Hauptpunkt der Diskussion war, wie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Digitalisierung auch über politische Anreize und Hilfen mitgenommen werden können. Schließlich wird die digitale Disruption ganze Geschäftsmodelle verändern und auch Berufsbilder inhaltlich neu definieren. Erfolgsmodelle aus der Politik, wie beispielsweise die innerhalb weniger Wochen voll ausgeschöpfte Digitalisierungsprämie des Wirt-schaftsministeriums, gelte es zu verstetigen und bestehende Produkte weiterzuentwi-ckeln, betonten die Teilnehmer. Ein probates Mittel auf dem Weg der Digitalisierung von KMU und der Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen liegt aus Sicht der Wirtschaft im Ausbau der Innovationsgutscheine des Landes. Denn mit ausreichend Innovationen kann der digitale Wandel mitgestaltet werden und unser Land wird weniger durch exter-ne Akteure getrieben.
Beim Breitbandausbau stellten alle Akteure dringenden Handlungsbedarf fest. Zum ei-nen liegt der Knackpunkt in der Zurückhaltung der Netzbetreiber in Gebieten, in denen der marktgetriebene Ausbau nicht rentabel genug erscheint, zum anderen bei der Pla-nung und Umsetzung in den Kommunen, die zusätzlich noch durch fehlende Kapazitä-ten bei Bau- und Planungsfirmen ausgebremst werden. Unter Beibehaltung des jetzigen Finanzierungsrahmens und der jetzigen Förderrichtlinie wird der glasfaserbasierte Breit-bandausbau nach Ansicht der Wirtschaft nicht schnell genug in die Fläche kommen.
Erst kürzlich hat die Landesregierung den Startschuss für 67 Leuchtturmvorhaben gege-ben, mit denen sie die Digitalisierung in Baden-Württemberg vorantreiben wird. „Wir ma-chen ernst mit der Umsetzung unserer Digitalisierungsstrategie digital@bw – unserer Antwort auf das Silicon Valley“, sagte Ministerpräsident Kretschmann. „Für die Projekte, die wir in den kommenden zwei Jahren realisieren werden, haben wir im nächsten Dop-pelhaushalt 265 Millionen Euro vorgesehen. Das zeigt: Digitalisierung ist für diese Lan-desregierung eine Kernaufgabe. Wir wollen, dass der Mittelstand als Wirtschaftsmotor und größter Arbeitgeber auch in Zukunft seine starke Stellung behält und sich am Markt behaupten kann. Deshalb werden wir mit der Digitalisierung den Bogen zwischen Tradi-tion und Moderne spannen.“
„Als konkrete Maßnahme schlage ich vor, die Innovationsgutscheine durch höhere För-dersummen auszubauen, was zuvorderst die kleinen Unternehmen beim Innovieren un-terstützt. Um die Anreizwirkung der bislang auf Unternehmen mit maximal 100 Mitarbei-tern beschränkten Gutscheine insgesamt zu erhöhen, sollten diese für Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern geöffnet werden“, hob BWIHK-Präsident Grenke heraus und be-tonte beim Breitbandausbau: „Derzeit gibt es zu viele Antragsarten, um Mittel für den Ausbau vor Ort zu beantragen. Wir brauchen hier eine wesentliche Vereinfachung, wenn das zur Verfügung stehende Geld rasch in der Fläche verbaut und Vollversorgung er-reicht werden soll.“ Ministerpräsident Kretschmann verwies unter Hinweis auf die Res-sortzuständigkeiten auf die neu geschaffenen Innovationsgutscheine im Bereich der Di-gitalisierung und der Mobilität sowie die voraussichtlich schon bald abgeschlossene Überarbeitung der landeseigenen Förderrichtlinie zum Breitbandausbau.
Start-up-Förderung
Baden-Württemberg legt in seiner Digitalisierungsstrategie einen Schwerpunkt auf die Förderung von Start-ups und die Gründerfinanzierung. „Mutige Gründerinnen und Grün-der haben unser Land zu dem gemacht, was es heute ist: Zur Heimat des Mittelstands, der Hidden Champions und der Weltmarktführer. In Sachen Start-ups ist Baden-Württemberg jedoch noch so etwas wie eine unterbewertete Aktie“, so Kretschmann. „Mit der Kampagne Start-up-BW bündelt die Landesregierung deswegen ihre Förder-maßnahmen für Start-ups und ergreift Maßnahmen, die unsere Start-up-Landschaft noch stärker machen.“
Dass die Aktivitäten der Landesregierung für eine nachhaltige Start-up-Kultur in Baden-Württemberg mit Maßnahmen wie dem Start-up-Gipfel BW und der breit angelegten Start-up-Kampagne Früchte tragen werden, waren sich die Dialogpartner einig. Die IHK-Organisation wird sich daher gemeinsam mit der Landesregierung unverändert aktiv einbringen, um die Chancen für potenzielle Gründer und Jungunternehmer in allen Un-ternehmensphasen weiter zu erhöhen. Als ein zentrales Element waren sich die Teil-nehmer einig, dass der Zugang zu Risikokapital hierbei eine entscheidende Größe ist.
„Eines unserer Ziele muss nun sein, die Unternehmensgründung weiter zu vereinfachen. Hier gibt es einige Länder in Europa, wo dies schneller und unkomplizierter möglich ist, wie beispielsweise Estland und Finnland. Ein wichtiger Schritt hierzu ist aus Wirtschafts-sicht, Gewerbeanmeldungen bei den Kammern möglich zu machen ganz im Sinne eines echten ‚One-Stop-Shops‘“, zeigt sich Grenke überzeugt.
Normenkontrollrat BW
Als weiteres Thema wurde der Bürokratieabbau besprochen, um zukünftig zu einer bes-seren Rechtsetzung zu gelangen. Hierfür hat die Landesregierung im September 2017 ein Regierungsprogramm beschlossen. Dieses umfasst einen unabhängigen Normen-kontrollrat als Beratergremium nach Vorbild des Bundes. Das Regierungsprogramm trägt dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit im Land zu stärken und soll zu Kostenvermei-dung und Bürokratieentlastung führen. Der Normenkontrollrat besteht aus ehrenamtli-chen Experten aus allen gesellschaftlichen Bereichen.
„Mit diesem zentralen Gremium werden die Folgen neuer Regelungen für Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaft und Verwaltung transparent“, so Ministerpräsident Kretsch-mann. „Deshalb stellt der Normenkontrollrat auch aus unserer Sicht ein gutes wie sinn-volles Gremium dar, von dem wir uns wichtige Impulse bereits im Gesetzgebungsverfah-ren erhoffen“, so BWIHK-Präsident Grenke.

PM

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