Erste Auswertung: Internationale Studierende in Baden-Württemberg im Wintersemester 2017/18 – Attraktivität Baden-Württem­bergs als Studienziel ungebrochen

 „Die Attraktivität Baden-Württembergs als Studienziel ist ungebrochen: Junge Menschen aus der ganzen Welt kommen gerne zu uns und nutzen die hervorragenden Studienbedingungen und die Qualität an unseren Hochschulen. Mit der Einführung moderater und sozial verträglicher Gebühren für internationale Studierende haben wir eine mutige Entscheidung getroffen, die wichtige Weichen für die Zukunft stellt: Mit den Gebühren werden wir langfristig die Internationalisierung unserer Hochschulen stärken, indem wir sie in die Lage versetzen, ein optimales Betreuungs- und Lehrangebot für internationale Studierende zu schaffen. Damit wird Baden-Württemberg langfristig eine noch stärkere Anziehung entfalten“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag (5. Dezember 2017) in Stuttgart.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hatte dem Kabinett zuvor erste Zahlen zu den Einschreibungen internationaler Studierender in Baden-Württemberg vorgelegt. „Nach der ersten vorläufigen Auswertung verzeichnen wir 5.155 neue Einschreibungen von internationalen Studierenden aus Nicht-EU-Staaten an unseren Hochschulen im Wintersemester 2017/18. Das ist ein moderater Rückgang von knapp 21,6 Prozent über alle Hochschularten hinweg und liegt in dem Umfang, wie wir ihn erwartet haben. Die Zahl der internationalen Studierenden in Baden-Württemberg steigt seit vielen Jahren so massiv, dass auch der neue Wert noch über dem Niveau des Wintersemesters 2011/12 liegt“, sagte Bauer.

Der Rückgang entspreche auch dem temporären Nachfragerückgang, wie er in anderen Ländern eingetreten sei, in denen internationale Studierende einen Beitrag leisten. „Die internationalen Erfahrungen bei der Einführung von Gebühren für internationale Studierende zeigen, dass dieser Nachfragerückgang zunächst rund 20 Prozent beträgt und nach drei bis vier Jahren wieder ausgeglichen sein wird“, so Bauer.

Die guten Werte seien umso bemerkenswerter, als die baden-württembergischen Hochschulen zurzeit noch die einzigen staatlichen deutschen Hochschulen sind, an denen solche Gebühren erhoben werden. Neben Baden-Württemberg hat zwischenzeitlich auch Nordrhein-Westfalen im Koalitionsvertrag vereinbart, Studienbeiträge für Studierende aus Drittstaaten einzuführen und sich dabei am „Baden-Württemberg-Modell“ zu orientieren.

Entwicklungen an den Hochschulen sehr unterschiedlich

An den Kunst- und Musikhochschulen wird das Vorjahresniveau im Landesdurchschnitt annähernd gehalten (Rückgang um 3,2 Prozent). Universitäten und die Hochschulen für angewandte Wissenschaften (inklusive Duale Hochschule Baden-Württemberg) verzeichnen aktuell einen Rückgang von 23,1 Prozent beziehungsweise 21,4 Prozent. Die Pädagogischen Hochschulen verzeichnen sogar einen Zuwachs um 7,0 Prozent – allerdings auf sehr niedrigem Niveau.

Auffällig ist, dass es sich um ein sehr heterogenes Ergebnis handelt: Die Unterschiede zwischen den einzelnen Hochschulen auch innerhalb einer Hochschulart und in der regionalen Verteilung sind sehr groß. In allen Hochschularten haben manche Hochschulen die Zahl internationaler Studierender annähernd gehalten, wie die Universität Mannheim (- 2 Prozent), oder sogar gesteigert, wie die Hochschule Nürtingen (+ 31 Prozent). An der Musikhochschule Karlsruhe hat sich die Zahl um 45 Prozent erhöht. An manchen Hochschulen gehen die Zahlen nur unterdurchschnittlich zurück, wie an der Universität Hohenheim (- 7,3 Prozent). Es gibt ebenso Hochschulen wiederum jeder Hochschulart, die überdurchschnittliche Rückgänge verzeichnen.

„Offenbar spielen hochschulspezifische Gründe – von der Gestaltung des Zulassungsverfahrens bis zum konkreten Studienangebot – eine nicht zu unterschätzende Rolle“, so die Ministerin. „Weder der jeweilige Standort noch die Hochschulart sind ausschlaggebend. Es gibt auch keine Stadt-Land-Differenz. Weil es kein Muster gibt, werden wir jetzt mit den Hochschulen die Gründe analysieren, sie beraten und wo erforderlich nachsteuern.“

Die Ministerin wies darauf hin, dass es sich um vorläufige Zahlen handle, die vor allem auf der Ebene der einzelnen Hochschulen noch unsicher und im Detail noch nicht gegenprüft seien. Das zeige das Beispiel der Universität Freiburg: Hier war man zunächst von einem Rückgang von 200 internationalen Studierenden ausgegangen. Inzwischen haben sich weitere 119 Studierende eingeschrieben, so dass der Rückgang nicht bei 34, sondern bei 15 Prozent – und damit unter dem Landesschnitt – liegt.

Ministerium setzt Monitoring-Beirat unter Leitung von Prof. Loprieno ein

Das Wissenschaftsministerium wird, wie im Gesetz vorgesehen, auch übergreifend die Auswirkungen der Einführung der Studiengebühren für internationale Studierende und für ein Zweitstudium beobachten und überprüfen. „Dabei werden wir insbesondere die entwicklungspolitisch relevanten Studiengänge und die Zusammensetzung der internationalen Studierenden in den Blick nehmen“, betonte Bauer. Die Ministerin kündigte an, noch im Laufe dieses Wintersemesters einen Monitoring-Beirat einzurichten. „Ich freue mich, dass der ehemalige Rektor der Universität Basel und aktuelle Präsident des österreichischen Wissenschaftsrats, Professor Antonio Loprieno, sich bereit erklärt hat, die Leitung des Beirats zu übernehmen. Der Beirat wird auch die Wirksamkeit der getroffenen Ausnahme- und Befreiungsregelungen bewerten und uns hier wichtige Empfehlungen geben“, so die Ministerin.

Unterstützung für diejenigen, die es brauchen

Die Landesregierung fühlt sich Internationalisierungszielen und auch der Entwicklungspolitik verpflichtet. Dies zeigt sich nicht nur im entwicklungspolitisch sensibel ausgestalteten Gesetz, sondern auch in der zweimaligen Erhöhung des Budgets für das Baden-Württemberg-STIPENDIUM der Baden-Württemberg Stiftung in diesem Jahr um jeweils eine Million Euro auf jetzt 7,5 Millionen Euro pro Jahr. Mittel im Umfang von einer Million Euro kommen dabei einer Programmkomponente speziell für die ärmsten Länder (Least-Developed-Countries) und die Länder Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP) zugute. „Mit der Einrichtung einer Programmkomponente des Baden-Württemberg Stipendiums gezielt für Studierende aus den ärmsten Ländern der Welt ermöglichen wir dieser Gruppe stärker als zuvor, nicht nur gebührenfrei, sondern auch mit einer finanziellen Unterstützung für den Lebensunterhalt an einer Hochschule bei uns zu studieren“, betonte Ministerpräsident Kretschmann.

Weitere Informationen:

Mit Stand vom 30. November 2017 haben sich 5.155 internationale Studierende aus Nicht-EU-Staaten im Wintersemester 2017/2018 an baden-württembergischen Hochschulen neu eingeschrieben. An einigen Hochschulen sind nachträgliche Einschreibungen auch noch im Dezember möglich, so dass der Wert noch leicht steigen kann. Vertiefte Aussagen zur Herkunft der Studierenden oder zu den Auswirkungen der Befreiungsregeln sind erst im Frühjahr 2018 möglich.

Zum Wintersemester 2017/2018 wurden erstmals Studiengebühren für Internationale Studierende (1.500 Euro pro Semester) aus Nicht-EU/EWR-Staaten und für Studierende, die ein Zweitstudium beginnen (650 Euro), eingeführt. Studierende, die von außerhalb der EU zum Studieren nach Baden-Württemberg einreisen, werden zu einem moderaten Eigenbeitrag verpflichtet. Das bedeutet: Alle, die ihren Lebensmittelpunkt dauerhaft in Deutschland haben, fallen – ungeachtet von Herkunft und Nationalität – wie auch Bildungsinländer nicht unter die Regelung.

Das ist durchaus fair, denn im Gegensatz zu Bildungsinländern, die das Hochschulsystem über ihre Steuern und Abgaben komplett finanzieren, tragen internationale Studierende so nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten.

Sozialverträgliche Ausgestaltung

Es wurden sehr detaillierte Ausnahmen und Befreiungsregeln geschaffen, Flüchtlinge bezahlen keine Gebühren, und für entwicklungspolitische Aspekte gibt es umfangreiche Ausnahmen. Außerdem gibt es detaillierte Ausnahmeregelungen für BAföG-Empfänger, bei aufenthaltsrechtlichen Besonderheiten oder für Studierende im Rahmen von Hochschulaustauschprogrammen. Nicht zuletzt haben die Hochschulen selbst die Möglichkeit, besonders begabte Studierende von den Gebühren zu befreien; dabei sind auch soziale Aspekte zu berücksichtigen.

Baden-Württemberg im internationalen Vergleich mit moderaten Gebühren

Im Vergleich mit anderen Ländern ohne allgemeine Studiengebühren bewegen sich die Gebühren eher am unteren Rand. So verlangt beispielsweise Schweden zwischen 9.000 und 20.000 Euro pro Jahr von internationalen Studierenden, obwohl es dort ebenfalls keine allgemeinen Studiengebühren gibt. Auch in Dänemark und Österreich werden Gebühren nur von internationalen Studierenden erhoben.

Die allermeisten internationalen Studierenden in Baden-Württemberg kommen aus Ländern, in denen die Studiengebühren mindestens genauso hoch, meist aber viel höher sind. Die größten Gruppen internationaler Studierender in Baden-Württemberg kommen aus China und – mit Abstand – Indien (zusammen 30 Prozent). In beiden Ländern müssen Studierende jeweils hohe Studiengebühren bezahlen; in China bis zu 8.000 Euro pro Jahr, in Indien bis zu 10.000 Euro pro Jahr.

Die Einführung von Gebühren für internationale Studierende ist keine Vorstufe für allgemeine Studiengebühren. Diese schließt der Koalitionsvertrag klar aus.

Monitoring-Beirat

Der Vorsitzende des Beirats, Prof. Dr. phil. Antonio Loprieno, war Rektor der Universität Basel und Präsident der schweizerischen Rektorenkonferenz. Er ist aktuell Präsident des österreichischen Wissenschaftsrats und Mitglied des Universitätsrats Tübingen und des Universitätsrats Zürich. Aufgrund seiner Tätigkeiten und Erfahrungen in Österreich und der Schweiz ist er mit dem Thema Gebühren für internationale Studierende bestens vertraut.

PM

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://filstalexpress.de/arbeitsmarkt/60610/

Schreibe einen Kommentar