Ein Unfall in einer Fußgängerzone weist auf die wichtige Bedeutung von Erster Hilfe, Notfallmeldung (Notruf) und Rettungsdienst hin
Von Alfred Brandner Rettungsassistent / Dozent in der Gewaltpäventation.
Ein schöner Frühsommertag ich bin unterwegs in einer kleinen Stadt in Baden Württemberg. Das Frühstück in der Freiluftgastronomie soll der Grundstein für einen erfolgreichen Tag werden.
Das Lokal auf dem Marktplatz ist beinahe erreicht, da sehe ich vor einem Kaufhaus eine große Menschenansammlung.
Eine Verkaufsshow ? Ein Marktschreier? Da ich solche Veranstaltungen liebe, zieht es mich zum angenommenen Verkaufsstand.
Während ich diesem Ort näher komme, erkenne ich einen PKW. Am Steuer eine leblose Person, und auf dem Beifahrersitz wie erstarrt die Begleiterin. Und auf dem Gehweg sitzt eine Frau mit einer Verletzung am Arm.
Was war da geschehen? Ich versuche mir ein Bild zu machen. Der PKW war ungebremst, zwischen Blumenkübeln und Schaufensterfront über ein Verkehrsschild in den Fußgängerbereich eingefahren. Der Grund für diesen Vorgang war, dass der PKW – Fahrer augenscheinlich während der Fahrt plötzlich bewusstlos wurde, und dann die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor.
Am Notfallort herrschte helle Aufregung. Kaum einer der umherstehenden erkannte was da vorgefallen war, und insbesondere dass hinter dem Steuer ein Mensch saß, der dem Tod viel näher als dem Leben war. Zusammen mit anderen Helfern, die zuvor motiviert werden mussten, konnte der Bewusstlose aus dem Fahrzeug geborgen werden.
Auf einer stabilen Ruhebank direkt am Notfallort, erfolgte die schnelle obligatorische Notfalluntersuchung.
Atem- und Kreislaufstillstand lautet nun die Arbeitsdiagnose.
Die Reanimationsmaßnahmen werden unverzüglich eingeleitet. Zeitgleich meine Frage an die vielen Schaulustigen „Ist der Rettungsdienst alarmiert?“ Mehrere der Umherstehenden bestätigten mit unverkennbarem Kopfnicken und eindeutigen Aussagen, dass die Alarmierung bereits erfolgt wäre.
Während meiner Wiederbelebungsmaßnahmen werde ich von weiteren Passanten darauf hingewiesen, dass das Unfallgeschehen schon ca. 20 Minuten zurück liege. Ich gebe Anweisung Notarzt und Rettungsdienst, mit dem Hinweis „Reanimation“ zu alarmieren. Nach weiteren fünf Minuten trifft ein RTW ein. Der Notarzt muss nachgefordert werden, weil die Passanten in der Notfallmeldung, den lebensbedrohlichen Zustand trotz eindeutiger Hinweise nicht beschrieben hatten.
Der Patient konnte durch frühzeitig eingeleitete Maßnahmen, die dann mit der RTW Besatzung, und der zwischenzeitlich eingetroffenen Notärztin fortgeführt wurden, primär erfolgreich reanimiert werden.
Leider waren alle Mühen ohne andauernden Erfolg, und der Patient ist dann in einer Klinik verstorben.
Die vielen Schaulustigen, von denen ich mich regelrecht umlagert fühlte, lösten bei mir ein unbeschreibliches Gefühl von Unbehagen aus. Dennoch könnte dieses spektakuläre Ereignis dazu geeignet sein, beim einen oder anderen Verantwortungsbewusstsein zu wecken.
Auffällig ist, dass die neue Notrufnummer für den Rettungsdienst immer noch nicht hinreichend von der Bevölkerung wahrgenommen wird.
Mit der 112 kann man in Europa, und ohne Zeitverlust, eine direkte Verbindung zu Rettungsleitstellen herstellen.
Bei diesem Notfalleinsatz wurde zudem festgestellt, dass sich vermutlich ein Augenzeuge auf den anderen verlassen hat, und die erforderliche Alarmierung des Rettungsdienstes zunächst nicht erfolgt ist.
Notfallzeugen sollten bei den geringsten Bedenken unverzüglich die im Notfall lebensrettende 112 wählen, lieber einmal doppelt als gar nicht, und es wird garantiert geholfen – ohne lange Wartezeit.
Weiterhin ist darauf zu verweisen, dass sich jedermann bei Hilfsorganisationen und privaten Unternehmen die „lebensrettenden Maßnahmen“ in Erste – Hilfe – Kursen aneignen kann.
Danach könnte man davon ausgehen, dass wie in diesem Falle, von ca. zweihundert Schaulustigen, der eine oder andere nun „Befähigte“ zur Hilfestellung bereit gewesen wäre.