Eine feste, unsentimentale aber herzliche Freundschaft: Der Dichter und der Oberbürgermeister

Hermann Hesse, seine Göppinger Zeit und seine Freundschaft mit dem Göppinger Oberbürgermeister Otto Hartmann stehen im Mittelpunkt der nächsten Sonderausstellung im Städtischen Museum, die am Sonntag, 3. September, um 18 Uhr von Oberbürgermeister Guido Till im „Storchen“ eröffnet wird.

Im Februar 1890 verließ Hermann Hesse (1877 bis 1962) seine Kindheitsstadt Calw, um in den Jahren 1890/91 die Göppinger Lateinschule zur Vorbereitung auf das Landexamen zu besuchen. „Göppingen gefiel mir nicht“, schrieb Hesse später rückblickend. Aber auch: „Diese Zeit … war außerordentlich fruchtbar für mein Leben.“ Die Göppinger Lateinschule und vor allem deren Rektor Bauer flossen in den letzten und zugleich umfangreichsten Roman des Literaturnobelpreisträgers „Das Glasperlenspiel“, erstmals 1943 in zwei Bänden veröffentlicht, ein; ebenso in seine Anfang des 20. Jahrhunderts erschienene Erzählung „Der Lateinschüler“. Von 79 Kandidaten bestand Hermann Hesse das Landexamen als Zweitbester und zog im Herbst 1891 in das evangelische Seminar in Maulbronn ein.

Dort lernte er mit Otto Hartmann einen weiteren Göppinger kennen; beide waren „Bett-, Tisch- und Pultnachbarn“. Hermann Hesse schrieb dazu rückblickend: „In Maulbronn wurde Otto mein Schulkamerad, aber noch nicht mein Freund. Das ergab sich erst bei späteren Wiederbegegnungen, aber es wurde eine feste, unsentimentale aber herzliche Freundschaft daraus.“ Für Göppingen wurde Otto Hartmann als Oberbürgermeister von 1919 bis 1933 eine wichtige Persönlichkeit. 1952, kurz vor Hartmanns 75. Geburtstag, sahen sich die beiden letztmals in Montagnola im schweizerischen Tessin. Otto Hartmann verstarb am 28. September 1952 in Ludwigsburg; der Dichter überlebte seinen Freund um zehn Jahre: Er verstarb am 9. August 1962 in Montagnola.

Hermann Hesse war aber nicht nur Schriftsteller, sondern auch Maler. Hesse gehört zu den meistgelesenen deutschen Dichtern; 1946 wurde er mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Seine bildnerische Tätigkeit begann er erst mit 39 Jahren. Hermann Hesse hat ein sehr umfangreiches, aber bislang wenig bekanntes malerisches und zeichnerisches Werk geschaffen. Das Malen war für ihn von existenzieller Bedeutung, er konnte damit seine Lebenskrise überwinden. Seine Bilder zeigen die sensible Wahrnehmung der Natur und die sinnliche Freude am Umgang mit der Farbe.

Die Ausstellung im Städtischen Museum im „Storchen“ entstand in Zusammenarbeit mit Günther Troll, Büro für Ausstellungen. Ermöglicht wurde sie durch Leihgaben aus Privatbesitz. Viele der ausgestellten Werke werden zum ersten Mal öffentlich gezeigt. Mit Lebenszeugnissen, Gedichten und Fotos von Hesses Sohn Martin begleitet die Ausstellung Hermann Hesses Lebensjahre. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 19. November; Dienstag bis Samstag von 13 bis 17 Uhr sowie Sonntag undFeiertag von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt beträgt für Erwachsene zwei Euro (Erwachsene in Gruppen ab zehn Teilnehmer) 1,50 Euro; ermäßigt ein Euro. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre sowie Bonuscard-Inhaber haben freien Eintritt.

 

Begleitprogramm

Zur Ausstellung erscheint ein Begleitheft und es gibt ein umfangreiches Begleitprogramm. Dieses startet am Tag nach der Ausstellungseröffnung mit einer Lesung aus dem Briefwechsel Hermann Hesses mit seinem Sohn Martin. Sibylle Siegenthaler, einzige Tochter von Martin Hesse (1911-1968), hat zusammen mit ihrem Ehemann Hanspeter eine Auswahl aus dem umfassenden, größtenteils unveröffentlichten Briefwechsel zwischen Hermann Hesse und seinem jüngsten Sohn Martin getroffen, der ein neues Licht auf diese Vater-Sohn-Beziehung wirft.

Montag, 4. September, 19:30 Uhr, Museum im Storchen; Lesung „Mein lieber Brüdi“ – Ein Dialog in Briefen zwischen Hermann Hesse und seinem Sohn Martin; mit Hanspeter und Matthias Siegenthaler; Eintritt fünf Euro, bis 18 Jahre frei).

Montag, 25. September, 19:30 Uhr, Museum im Storchen; Vortrag „Ihr seid Christen, und ich – nur ein Mensch“ – Hermann Hesse in Bad Boll; Albrecht Esche M. A., Mössingen, Theologe und Literaturwissenschaftler, bis 2009 Studienleiter an der Evangelischen Akademie Bad Boll; Eintritt fünf Euro, bis 18 Jahre frei.

Sonntag, 8. Oktober, 15 Uhr, stadtgeschichtliche Erkundung „Hermann Hesses Schulweg in Göppingen – Von der Studentenbude zur Lateinschule“ ab ehemaliger Lateinschule, Pfarrstraße 11; Führung Dr. Karl-Heinz Rueß, Lesung Roland Koos, Teilnahmegebühr fünf Euro, bis 18 Jahre frei.

Mittwoch, 25. Oktober, 19:30 Uhr, Museum im Storchen, Lesung „So blickt aus sagenhafter Frühe / Mein Jugendbild mich an …“. Hermann Hesse – die Zeit in Göppingen und Bad Boll; Dr. Gerd Kolter; Eintritt fünf Euro, bis 18 Jahre frei.

Freitag, 10. November, 20 Uhr, Stadtbibliothek, Lesung mit musikalischer Begleitung „Hermann Hesse zum 140. Geburtstag“; Lyrik-Bühne Esslingen, Prof. Dr. Harald Vogel, Johannes Weigle (musikalische Begleitung); Kooperation Stadtbibliothek und Archiv und Museen; Eintritt zehn Euro.

Sonntag, 19. November, 17 Uhr, Museum im Storchen; Film „Hermann Hesse – Sein erstes Paradies“; Regie und Drehbuch Hardy Seer, Deutschland, 2012, 90 Minuten, Zielgruppe ab 16 Jahre; Eintritt fünf Euro, bis 18 Jahre frei.

 

Führungen

Sonntag, 17. September, 15 Uhr

Mittwoch, 27. September, 15 Uhr

Donnerstag, 19. Oktober, 15 Uhr

Sonntag, 12. November, 15 Uhr

Sonntag, 19. November, 15 Uhr.

Für Gruppen und Schulklassen nach Voranmeldung, auch außerhalb der Öffnungszeiten.

 

PM

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