Der Landtag hat heute das Gesetz zu Gebühren für Internationale Studierende und das Zweitstudium verabschiedet. Für internationale Studierende aus den ärmsten Ländern der Welt gibt es gezielte Ausnahmeregelungen. Dabei soll das Gesetz durch mehr Mittel für die Betreuung der Studierenden die Internationalisierung der Hochschulen fördern.
Der Landtag von Baden-Württemberg hat das Gesetz zu Gebühren für Internationale Studierende und das Zweitstudium in zweiter Lesung verabschiedet. Damit herrscht für die Hochschulen des Landes nun rechtliche Klarheit. Die Regelungen gelten ab dem kommenden Wintersemester.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer sagte: „Wir wollen mehr Internationalisierung, nicht weniger. Internationale Studierende tun unserem Land gut. Aber gleichzeitig brauchen diese Studierenden auch eine bessere Betreuung, um ihr Studium erfolgreich abzuschließen. Der Anteil der Studienabbrecher in dieser Gruppe ist weit höher als bei einheimischen Studierenden. Eine bessere Betreuung in diesem Bereich kostet aber zusätzliches Geld, gerade wenn die Zahlen weiter zunehmen. Das heißt also: Wenn wir wollen, dass auf lange Sicht mehr internationale Studierende zu uns kommen, müssen wir auch unsere Strukturen darauf ausrichten. Für internationale Studierende aus den ärmsten Ländern der Welt wird es gezielte Ausnahmeregelungen geben.“
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass internationale Studierende, die zum Zwecke des Studiums von außerhalb der EU einreisen, ab dem Wintersemester 2017/18 einen Eigenbeitrag von 1.500 Euro pro Semester leisten. 300 Euro davon verbleiben direkt bei den Hochschulen, um die Studienbedingungen für diese Gruppe zu verbessern und eine bessere Betreuung zu ermöglichen. Niemand, der dauerhaft seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat, muss Gebühren bezahlen – ungeachtet von Herkunft und Nationalität.
Zahlreiche Ausnahmen von der Gebührenpflicht
Die Gebührenpflicht gilt hingegen nicht für Studierwillige, gleich welcher Nation, die in Deutschland ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben haben oder einen so genannten gefestigten Inlandsbezug aufweisen. Ebenfalls ausgenommen sind Asylsuchende, die entweder schon anerkannt sind oder bei denen die Anerkennung aufgrund der jeweiligen Herkunftsländer mit hohem Grad wahrscheinlich ist. Darüber hinaus werden Studierende, die im Rahmen von gegenseitigen Landes- oder Hochschulvereinbarungen für einen Kurzaufenthalt nach Baden-Württemberg kommen, ebenso von den Gebühren ausgenommen, wie Teilnehmende an Erasmus-Programmen.
Für das Zweitstudium sollen ab Wintersemester 2017/18 je Semester 650 Euro erhoben werden. Das Erststudium, einschließlich eines Bachelor- und eines Masterabschlusses, bleibt gebührenfrei. Wer für seinen Berufswunsch zwingend zwei Fächer studieren muss – ein Beispiel ist etwa die Kieferchirurgie – ,wird dies auch weiterhin ohne Gebühren tun können.
Studiengebühren sozialverträglich gestalten
Die Befreiungsmöglichkeiten der Hochschulen sind im Laufe des Gesetzgebungsprozesses erweitert und präzisiert worden. So können künftig fünf Prozent aller internationalen Studierenden von den Gebühren befreit werden, das entspricht landesweit etwa 500 internationalen Studienanfängerinnen und -anfängern pro Jahr. Damit wird für Studierende aus den ärmsten Ländern der Welt in etwa eine Rahmengröße erreicht, wie sie der gegenwärtigen Zahl an den Hochschulen Baden-Württembergs entspricht. „Wir treffen nun gezielte Ausnahmeregelungen für die Gruppe der Studierenden aus den ärmsten Ländern der Erde, anstatt allen internationalen Studierenden gleichermaßen einen kostenlosen Zugang an unseren Hochschulen zu gewähren, gleichgültig, ob sie es sich leisten können oder nicht“, sagt Ministein Bauer. Prinzipiell sei es eine Frage der Gerechtigkeit, das auch internationale Studierende einen Beitrag zur Finanzierung des baden-württembergischen Hochschulsystems leisten, so, wie es Inländer über ihre Steuern und Abgaben auch täten.
Die Hochschulen können die Befreiung von der Gebührenpflicht einzelner Studierender auf Grundlage einer Satzung durchführen, in der Begabung und soziale Kriterien berücksichtigt werden müssen. Zusätzlich müssen maßgeblich Studierende aus entwicklungsschwachen Ländern berücksichtigt werden; darunter fallen die Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP-Staaten) oder die am wenigsten entwickelten Länder nach der Definition der Vereinten Nationen. Die Hochschulen können allerdings zusätzliche Befreiungen aus ihrem Anteil der eingenommenen Gebühren finanzieren.
Des Weiteren wird es Befreiungsmöglichkeiten für Studierende geben, die in einem entwicklungsbezogenen Postgraduiertenstudiengang (EPOS) des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) eingeschrieben sind.
Asylsuchende bei denen die Anerkennung nach den jeweiligen Herkunftsländern mit hohem Grad wahrscheinlich ist, werden von Gebühren befreit, damit diese Gruppe möglichst schnell ein Studium aufnehmen kann, wenn die sprachlichen und fachlichen Voraussetzungen vorliegen.
Studierende mit einer studienerschwerenden Behinderung können von den Gebühren für ein Zweitstudium befreit werden.
Wissenschaftlicher Austausch bleibt gesichert
Internationale Studierende einer Partnerhochschule, die im Rahmen von Doppelabschlussprogrammen nach Baden-Württemberg kommen, sind befreit. Die neue Kategorie der „Forschenden Studierenden“, also internationale Studierende, die keine ECTS Punkte an einer baden-württembergischen Hochschule erwerben, werden keine Gebühren bezahlen, um flexible Forschungs- und Kurzaufenthalte, zum Beispiel im Rahmen von Master- oder Doktorarbeiten, weiter zu ermöglichen. Austauschstudierenden, die im Rahmen von Hochschulkooperationen ohne Abschlussziel für in der Regel zwei Semester im Land studieren, sind nicht von den Regelungen betroffen.
Das Gesetz stellt eine Mitwirkungspflicht der Studierenden fest, damit die Hochschulen Rechtssicherheit und einen geringen Aufwand bei der Feststellung der Gebührenpflicht haben. Eine zentrale Verwaltung der Gebühren für mehrere Hochschulen wird ermöglicht, um Ressourcen zu sparen.
Mehr Stipendien für internationale Studierende
Die Landesregierung fühlt sich entwicklungspolitischen Zielen verpflichtet. Dies zeigt sich nicht nur im entwicklungspolitisch sensibel ausgestalteten Gesetzesentwurf sondern auch in der Erhöhung des Budgets für Stipendien der Baden-Württemberg Stiftung um eine Million Euro pro Jahr.
„Mit der Einrichtung eines Baden-Württemberg Stipendiums gezielt für Studierende aus den ärmsten Ländern der Welt ermöglichen wir dieser Gruppe stärker als zuvor, gebührenfrei und mit einer finanziellen Unterstützung für den Lebensunterhalt an einer Hochschule bei uns zu studieren“, betont Ministerin Bauer.
Bisher mussten Stipendienprogramme der Baden-Württemberg-Stiftung immer auf Gegenseitigkeit ausgelegt sein. Dies kann vor allem für Hochschulen in schwach entwickelten Regionen eine hohe Hürde sein. Mit dem zusätzlichen Budget für entwicklungspolitische Stipendien werden nun ausschließlich Studierende aus AKP und Least Developed Countries gefördert, die nach Baden-Württemberg kommen und die sich ein Studium bei uns allein wegen der hohen Lebenshaltungskosten sonst nicht leisten könnten.
Zahl der Studierenden gestiegen
Der Wissenschaftsbereich ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Die Zahl der Studierenden in Baden-Württemberg ist seit 2005 um 50 Prozent auf ein Allzeithoch von 363.000 angestiegen. Die Drittmitteleinnahmen sind im gleichen Zeitraum um 100 Prozent gewachsen. Weil Innovationen mittlerweile weit überwiegend wissenschaftsgetrieben sind, wären drastische Kürzungen im Zukunftsressort Wissenschaft eindeutig falsch. Gleichwohl hat aber auch das Wissenschaftsministerium seinen Anteil zur Haushaltskonsolidierung beizutragen.
Gleichzeitig hat die Mobilität internationaler Studierender enorm zugenommen. Die Zahl der Bildungsausländer stieg in den vergangenen 20 Jahren um rund 300 Prozent. Eine weitere Zunahme ist zu erwarten und auch durchaus erwünscht. Hochschulen und Gesellschaft profitieren davon, dass internationale Studierende zu uns kommen. Aber mit der enorm wachsenden Zahl müssen auch die Bedingungen dafür geschaffen werden, dass die jungen Menschen bei uns erfolgreich sein können. Das erfordert zusätzliche Mittel. Eine bessere Betreuung ist ein Schlüssel, um die Studienerfolgschancen zu verbessern. Deshalb werden 20 Prozent der Gebühr (das entspricht 300 Euro pro Semester) künftig direkt bei der Hochschule für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in diesem Bereich verbleiben.
Baden-Württemberg im internationalen Vergleich mit moderaten Gebühren
Im Vergleich mit anderen Ländern bewegen sich die Gebühren eher am unteren Rand. So verlangt beispielsweise Schweden durchschnittlich 10.000 Euro pro Jahr von internationalen Studierenden, obwohl es dort ebenfalls keine allgemeinen Studiengebühren gibt. Auch in Dänemark und Österreich werden ebenfalls Gebühren nur von internationalen Studierenden erhoben.
Die allermeisten internationalen Studierenden kommen aus Ländern, in denen die Studiengebühren mindestens genauso hoch, meist aber viel höher sind.
Die größten Gruppen internationaler Studierender in Baden-Württemberg kommen aus China und mit Abstand Indien (zusammen 30 Prozent). In beiden Ländern müssen Studierende jeweils hohe Studiengebühren zahlen; in China bis zu 8.000 Euro pro Jahr, in Indien bis zu 10.000 Euro pro Jahr.
Die Einführung von Gebühren für internationale Studierende ist keine Vorstufe für allgemeine Studiengebühren. Diese schließt der Koalitionsvertrag klar aus.
Wissenschaftsministerium: Fragen und Antworten zu den Studiengebühren
PM