Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart sieht in generellen Fahrverboten keine Lösung für die anhaltende Feinstaubproblematik in Stuttgart. Vielmehr appelliert die Kammer an die Landeshauptstadt, ein Konzept für Ausnahmeregelungen für den Wirtschaftsverkehr bei Feinstaubalarm zu erarbeiten und mit der Wirtschaft abzustimmen. Nach dem heutigen Kabinettsbeschluss der Landesregierung, demzufolge ab 2018 Dieselfahrzeuge, die nicht Euro-6-Norm entsprechen, aus dem Stuttgarter Kessel und weiteren stark belasteten Stadtgebieten ausgesperrt werden sollen, befürchtet die IHK Versorgungsengpässe in Stuttgart und Benachteiligungen großer Gruppen von Unternehmen, die zumindest übergangsweise auf Nutzung von Dieselfahrzeugen angewiesen sind.
„Besorgt nehmen wir wahr, dass man im Verkehrsministerium und bei der Stadt noch immer keinen Plan dafür in der Tasche hat, wie man bei Verkehrsbeschränkungen mit dem Wirtschaftsverkehr umgehen will. Bislang heißt es lapidar: der Lieferverkehr soll dann ausgenommen sein“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Richter. Nichts höre man dazu, dass die Gerichte das recht eng definieren. Nur der geschäftsmäßige Transport von Sachen von oder zu Gewerbetreibenden oder sonstigen Kunden falle darunter. Was aber solle mit all den Dienstleistern, Außendienstmitarbeitern und Handwerkern passieren, die ihre Auftraggeber oder Kunden erreichen wollen? Nicht jeder von diesen liefere etwas aus.
Zahlen dazu, was täglich an Gütern in die Stadt hineingeht und was wieder herauskommt, hat man bis heute nicht erhoben, kritisiert Richter. Dagegen sei der Personenverkehr fast gläsern erfasst. „Es ist verblüffend, wie man auf dieser Basis weitreichende Entscheidungen treffen will. Da passt es ins Bild, dass der Wertverlust, den all diejenigen Unternehmen tragen müssten, die sich noch vor Kurzem in gutem Glauben einen neuen Euro-5-Diesel gekauft haben, billigend in Kauf genommen wird. Ein schlüssiges Konzept für den Wirtschaftsverkehr sieht so nicht aus“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Dazu kämen Einschnitte für Mitarbeiter, die ihre Arbeitsplätze nicht per ÖPNV erreichen könnten, und damit einhergehende gravierende wirtschaftlichen Folgen für Unternehmen. Außerdem ist der ÖPNV aus Sicht der IHK so kurzfristig nicht in der Lage, seine Kapazitäten auf das notwendige Niveau auszuweiten.
Besonders betroffen wäre jedoch der Wirtschaftsverkehr. Die vitalen Versorgungsbelange der in der Stadt ansässigen Unter-nehmen und deren Kunden würden beeinträchtigt. Supermärkte und Geschäfte müssten mit Lebensmitteln und Waren beliefert, Post und Pakete müssten zugestellt werden, unternehmens- und haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen müssten auch bei überschrittenen Grenzwerten zuverlässig und schnell erbracht werden können. Auch die Verkehre zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftstätigkeit insgesamt müssten sichergestellt sein.
Die IHK weist außerdem darauf hin, dass der Zwang zur Stilllegung von gewerblich genutzten Dieselfahrzeugen durchaus den Charakter einer faktischen Enteignung von Betriebsvermögen hätte. Für viele Unternehmen sind ihre Fahrzeuge Arbeitsmittel und Existenzgrundlage.
PM