Viele Italiener zieht es in die Region Stuttgart – Absichtserklärung für eine gezielte Integration italienischer Neubürger in den Arbeitsmarkt der Region Stuttgart unterzeichnet

Deutsche und italienische Organisationen wollen die Integration italienischer Neuzuwanderer in den Arbeitsmarkt der Region Stuttgart fördern und haben am Dienstag eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Diese sieht etwa eine Veranstaltungsreihe in italienischer Sprache sowie das Bereitstellen verbesserter Informationen über den Arbeitsmarkt und Weiterbildungsmöglichkeiten in der Region vor. Hintergrund ist die anhaltend hohe Zuwanderung italienischer Männer und Frauen in die Region Stuttgart.

Initiatoren der Absichtserklärung sind neben dem Italienischen Generalkonsulat die christliche Arbeitnehmerbewegung Italiens ACLI Baden-Württemberg, das Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft e. V. mit dem CET – Center for European Trainees, die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) mit dem Welcome Center Stuttgart. Bereits seit 2015 arbeiten sie als informelles Netzwerk eng zusammen und stimmen ihre Beratungsangebote für italienische Zuwanderer aufeinander ab. Weitere Unterzeichner sind die Agentur für Arbeit Stuttgart, der DGB Bezirk Baden-Württemberg, die Handwerkskammer Region Stuttgart, die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart mit der KAUSA Servicestelle sowie die Italienische Katholische Gemeinde Stuttgart. Generalkonsul Daniele Perico hatte die Partner zur feierlichen Unterzeichnung ins Italienische Generalkonsulat eingeladen.

Stuttgart war und ist neben dem Mannheimer und Freiburger Raum eine beliebte Zuwanderungsregion in Baden-Württemberg für Menschen aus Italien. Gründe sind neben der räumlichen Nähe auch die Gastarbeiterzeit, in der Stuttgarts Industrie vielen Menschen aus dem Ausland einen Arbeitsplatz gab. Als hochqualifizierte und wertvolle Fachkräfte sind viele der neuen Zuwanderer ein Gewinn für die Region Stuttgart. Das Italienische Generalkonsulat in der Lenzhalde in Stuttgart ist für viele die erste Anlaufstelle. Jedes Jahr wenden sich rund 40.000 italienische Staatsbürger an die Mitarbeiter. „Wir bieten unseren Landsleuten konsularische Dienstleistungen, wie die Erstellung von Pässen oder Rechtsberatung. Zur Beantwortung spezieller Fragen zum Arbeiten und Leben in der Region brauchen wir aber ein gut funktionierendes Netzwerk mit deutschen und italienischen Organisationen. Die aktuelle wirtschaftliche Situation in Italien zwingt viele zur Auswanderung“, sagte Generalkonsul Perico. Er freute sich sehr über das große Engagement deutscher Organisationen, die die Absichtserklärung unterzeichneten, und sprach ihnen seinen Dank aus.

Eine weitere wichtige Anlaufstelle für italienische Neubürger ist das Welcome Center Stuttgart. Die gemeinsame Anlaufstelle der Landeshauptstadt Stuttgart und der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart im Auftrag der Fachkräfteallianz Region Stuttgart unterstützt internationale Fachkräfte und Neubürger. „Seit Oktober 2014 wurden hier 860 italienische Ratsuchende etwa zu den Themen Sprachkurse und Arbeitsmarkt beraten, mit zwölf Prozent sind sie die größte nationale Gruppe unter den Ratsuchenden. Das Welcome Center hat eine Wegweiser-Funktion und lotst durch den Behördendschungel. Dabei wird immer wieder deutlich, dass Integration Netzwerkarbeit bedeutet. Deshalb freue ich mich sehr über die offizielle Kooperation der Beteiligten als Ausdruck eines gemeinsamen Handelns“, erklärte WRS-Geschäftsführer Dr. Walter Rogg.

Das CET – Center for European Trainees, getragen durch das Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft e. V, berät junge Menschen aus Italien, die ihre Heimat aufgrund fehlender Perspektiven verlassen haben und nun in den deutschen Arbeitsmarkt eintreten möchten. Im Vergleich zur Gastarbeiterzeit in den 60er Jahren hat sich heute vieles für italienische Zuwanderer verändert: „Die Menschen werden nicht wie damals am Bahnhof mit Arbeitsverträgen empfangen. Die Voraussetzungen haben sich geändert und viele kennen nicht die aufwendigen Bewerbungsprozesse und notwendigen Qualifikationsvoraussetzungen, die auch für einheimische Kandidaten oftmals eine Hürde darstellen. Das kann zu großer Frustration führen“, berichtete Stefan Küpper, Geschäftsführer des Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft e. V. Den hohen Erwartungen auf einen schnellen Einstieg müsse ein realistisches Bild entgegengesetzt werden. Deshalb leistet CET Aufklärungsarbeit sowohl hier in Baden-Württemberg als auch in Italien, beispielsweise durch Bewerbungstrainings und Informationen über das duale System der Berufsausbildung.

Giuseppe Tabbì, Vorsitzender der ACLI Baden-Württemberg (Christliche Arbeitnehmer-Bewegung Italiens), begrüßte ebenfalls die gemeinsame Absichtserklärung. „Es ist fast eine Wiederholung der Geschichte der ersten italienischen Migration nach Deutschland. Nur dass man heute eine Entsolidarisierung der Gesellschaft erlebt. Da viele der neuen Immigranten oft mit zu wenig Informationen über das Leben und Arbeiten in Deutschland ankommen, haben sie Schwierigkeiten, sich in der deutschen Bürokratie zurecht zu finden“, erklärte er. Da die Menschen konkrete Unterstützung und Beratung benötigen, hat ACLI im Juni 2015 das Informationszentrum CIANE (Centro Informazioni ACLI Nuova Emigrazione) ins Leben gerufen. Es berät und begleitet italienische Neuankömmlinge in vielen Bereichen in ihrer Muttersprache, um ihnen den Einstieg in das Leben und Arbeiten in der Region Stuttgart zu erleichtern. Seit der Gründung von CIANE arbeitet ACLI mit deutschen und italienischen Institutionen zusammen.

Nachdem die Unterzeichner der Absichtserklärung im Februar 2016 die Informationsveranstaltung „Leben und arbeiten in Deutschland! Nutze Deine Chancen!“ mit ca. 150 italienischen Neuzuwanderern in der Handwerkskammer Region Stuttgart durchgeführt haben, planen sie für das nächste Jahr eine eigene Veranstaltungsreihe: in italienischer Sprache, mit relevanten Themen zum Leben, Arbeiten und Ankommen in der Region Stuttgart im Welcome Center Stuttgart. Am 1. Februar 2017 findet die erste Veranstaltung zum Thema „Der Arbeitsvertrag“ in Zusammenarbeit mit dem DGB Projekt Faire Mobilität statt.

Weitere Statements der Unterzeichner

„Um den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, bieten wir Beratung und Information rund um das Thema Bewerbung und zeigen die Chancen und Risiken des regionalen Arbeitsmarktes auf. Bei gemeinsamen Veranstaltungen, unter anderem mit dem Welcome Center, erfahren Neuzuwanderer zum Beispiel, welche Berufe gesucht werden, was man bei der Bewerbung beachten muss oder welche Fördermöglichkeiten es gibt.“

Petra Cravaack, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit und Sprecherin der Fachkräfteallianz Region Stuttgart

„Wir als Gewerkschaften machen seit vielen Jahren die Erfahrung, dass Menschen, die zu uns kommen um zu arbeiten, häufig keine Kenntnisse über unser Arbeitsrecht haben. Das macht sie zu leichten Opfern von Arbeitsausbeutung. Das DGB-Projekt Faire Mobilität wirkt dem entgegen. Die Stuttgarter Beratungsstelle hat allein im Jahr 2015 über 900 Personen unterstützt. Um diesen Menschen zu helfen, braucht es ein starkes Netzwerk aus Arbeitsmarktakteuren.“

Gabriele Frenzer-Wolf, Stellv. Vorsitzende DGB Bezirk Baden-Württemberg

„Das Handwerk der Region beschäftigt seit jeher viele italienische Mitbürger. Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels sind unsere Betriebe ganz besonders daran interessiert, junge Italienerinnen und Italiener für eine duale Ausbildung in einem der 130 Handwerksberufe zu gewinnen. Wir freuen uns deshalb sehr darauf, italienische Neubürger künftig gemeinsam noch intensiver ansprechen und für einen Einstieg in eine handwerkliche Karriere begeistern zu können.“

Dr. Bernd Stockburger, Geschäftsführer Berufliche Bildung der Handwerkskammer Region Stuttgart

„Für die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart ist die Absichtserklärung ein weiterer wichtiger Baustein einer guten Beratungsstruktur zu Bildung und Beschäftigung für italienische Staatsbürger und andere Migranten. Dies zu unterstützen und zu koordinieren ist eine der zentralen Aufgaben der KAUSA-Servicestelle bei der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart. Diese „Koordinierungsstelle Ausbildung und Migration“ mit fünf Beschäftigten berät zudem Migranten bei den Themen Aus- und Weiterbildung.”

Bernd Engelhardt, Stv. Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart mit der KAUSA Servicestelle

PM

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://filstalexpress.de/arbeitsmarkt/39132/

Schreibe einen Kommentar