Anfang September haben mehr als 150 Flüchtlinge eine Ausbildung im baden-württembergischen Handwerk begonnen. „Damit zeigen die Handwerksbetriebe im Land, dass sie ihrer Verantwortung zur Integration nachkommen“, erklärte Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold. Zugleich warnte er vor überhöhten Erwartungen der Politik. Integration könne nicht von heute auf morgen gelingen.
„Wir müssen auch an die Menschen denken. Ohne die nötigen Sprachkenntnisse ist die Gefahr des Scheiterns groß – und damit wäre niemand geholfen“, warnte Reichhold. Der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) erwartet eine größere Anzahl von Flüchtlingen erst für das übernächste Ausbildungsjahr. „Bis dahin legen wir unsere Hände aber nicht in den Schoß. Betriebe bieten Praktika zur Berufsorientierung an, Handwerkskammern unterstützen bei der Berufsanerkennung und Kreishandwerkerschaften stellen ihre Räumlichkeiten für Sprachunterricht zur Verfügung“, zählt Reichhold auf. Insgesamt sind dem BWHT landesweit über 70 verschiedene Maßnahmen des Handwerks zur Integration von Flüchtlingen bekannt.
Von einer „Ausbildung light“ mit abgesenkten Standards für Flüchtlinge hält der Landeshandwerkspräsident nichts: „Was bringt ein schnellerer Abschluss, wenn es anschließend auf dem Arbeitsmarkt keine geeigneten Stellen gibt? Damit wird das Problem der Integration nur verschoben“. Das Handwerk im Land setzt stattdessen auf eine ganzheitliche Ausbildung, die eine umfassende Handlungskompetenz vermittelt. „Das sind wir den Flüchtlingen wie auch unseren Kunden schuldig“, so Reichhold. Eine Selbstverständlichkeit sei es, dass die Betriebe auch während der Ausbildung die Integration fördern. So gebe es im Handwerk beispielsweise Überlegungen, den Berufsschulunterricht auf zwei ganze Tage auszuweiten, um so den Spracherwerb zu fördern. Für ältere Flüchtlinge ist die Möglichkeit angedacht, Sprachkurse und Erwerbstätigkeit mit Qualifizierungsbausteinen zu verbinden, die auf einen späteren Berufsabschluss im Handwerk vorbereiten.
PM