Baden‑Württemberg: Höchste Geburtenrate seit 1974 – Im Schnitt 1,51 Kinder je Frau – Pforzheim landesweit Spitzenreiter

In Baden‑Württemberg wurden im vergangenen Jahr rund 100 300 Kinder lebend geboren und damit ca. 4 600 mehr als 2014. Somit übertraf die Zahl der Lebendgeborenen nach Angaben des Statistischen Landesamts zum ersten Mal seit 2001 wieder die Marke von 100 000 und lag zum vierten Mal in Folge höher als im jeweiligen Vorjahr. Die Ursache für diesen positiven Trend wird in der in den vergangenen Jahren enorm angestiegene Zuwanderung gesehen, die auch zu einer Zunahme der Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter geführt hat. Hinzu kommt, dass nun Kinder der geburtenstarken Jahrgänge Anfang der 1960er-Jahre, die sogenannten Babyboomer, selbst wieder Kinder bekommen.

Schließlich ist die relativ hohe Geburtenzahl auch auf einen Anstieg der Geburtenrate, also der durchschnittlichen Kinderzahl je Frau, zurückzuführen. Diese lag im vergangenen Jahr bei 1,51 Kindern je Frau. Damit stieg diese Kennziffer auch im vergangenen Jahr weiter an und lag so hoch wie seit 1974 nicht mehr. Ursächlich für diesen Anstieg könnte unter anderem die deutlich verbesserte Kinderbetreuung im Land sein.1 Außerdem könnten hierfür die in letzter Zeit hervorragenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit einem Höchststand an Erwerbstätigen und einer relativ geringen Arbeitslosenquote im Land eine Rolle spielen. Dagegen verzichten Paare in gesellschaftlichen Krisen- und Umbruchsituationen auf die Geburt von Kindern.2

Allerdings lag die Geburtenrate auch im vergangenen Jahr noch erheblich unter dem für eine Bestandserhaltung der Bevölkerung erforderlichen Niveau. Hierzu wäre eine Geburtenrate von 2,1 Kindern je Frau notwendig. Dieser Wert wurde in Baden‑Württemberg nach Angaben des Statistischen Landesamtes letztmals im Jahr 1970 erreicht. Innerhalb des Landes zeigen sich durchaus bemerkenswerte Unterschiede in der Geburtenhäufigkeit: Spitzenreiter unter den 44 Stadt- und Landkreisen war im Jahr 2015 der Stadtkreis Pforzheim mit einer Geburtenrate von 1,75 Kindern je Frau, gefolgt von den Landkreisen Rottweil (1,73) und Schwäbisch Hall (1,68). Am Ende der Skala rangiert der Stadtkreis Heidelberg mit einer Geburtenrate von 1,12 Kindern je Frau, davor die Stadtkreise Stuttgart (1,29) und Freiburg im Breisgau (1,32).

Die Gründe für die regionalen Unterschiede in der Geburtenhäufigkeit sind vielfältig. Auffällig ist weiterhin ein traditionelles, wenn auch nicht mehr flächendeckendes »Land-Stadt-Gefälle«. Das heißt, dass in den meisten ländlich geprägten Gebieten die Kinderzahl je Frau über der der Städte liegt. In Hochschulstandorten wie Heidelberg ist die Geburtenrate besonders niedrig, weil dort viele jüngere Frauen leben, bei denen Studium und Berufseinstieg im Vordergrund stehen und deshalb (noch) keine Familiengründung geplant ist. Tendenziell gilt, dass mit steigendem Bildungsniveau der Frauen die Zahl der geborenen Kinder abnimmt.3

Einen Einfluss auf die Höhe der Geburtenrate dürfte auch der regional unterschiedliche Anteil der ausländischen Frauen besitzen. Zwar hat sich das generative Verhalten der Ausländerinnen in den vergangenen Jahrzehnten dem der einheimischen Bevölkerung angenähert. Dennoch liegt die Geburtenhäufigkeit bei ausländischen Frauen immer noch über der der deutschen Frauen in Baden‑Württemberg: Im vergangenen Jahr brachten ausländische Frauen im Schnitt 1,79 Kinder zur Welt, bei Frauen mit einer deutschen Staatsangehörigkeit waren es dagegen lediglich 1,45.

1 So hat sich die Betreuungsquote der Kinder im Alter von unter 3 Jahren von 8,8 Prozent im Jahr 2006 auf 27,8 Prozent im Jahr 2015 mehr als verdreifacht.

2 Beispielsweise ist in den ostdeutschen Bundesländern die Geburtenrate nach dem Zusammenbruch der DDR vorübergehend auf einen Wert von unter einem Kind je Frau abgesunken. Zwischenzeitlich liegt aber die durchschnittliche Kinderzahl in den neuen Bundesländern wieder über der der ehemaligen Bundesrepublik.

3 Statistisches Bundesamt: Geburten in Deutschland, Ausgabe 2012, S. 32.

Tabelle 1

Lebendgeborene sowie Kinderzahl je Frau in Baden-Württemberg seit 1960
Jahr Lebendgeborene Kinder je Frau1)
Anzahl
1) Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer.

© Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2016

1960 145.353 2,47
1961 152.487 2,60
1962 154.047 2,57
1963 158.750 2,62
1964 160.988 2,65
1965 158.742 2,59
1966 160.802 2,61
1967 155.617 2,55
1968 147.961 2,44
1969 140.087 2,27
1970 128.212 2,07
1971 123.871 1,98
1972 112.845 1,79
1973 102.875 1,61
1974 102.206 1,58
1975 97.019 1,51
1976 95.492 1,50
1977 90.981 1,43
1978 89.924 1,40
1979 92.425 1,42
1980 99.721 1,51
1981 100.673 1,49
1982 100.268 1,47
1983 95.447 1,38
1984 94.414 1,35
1985 94.442 1,32
1986 101.616 1,40
1987 103.590 1,42
1988 110.627 1,48
1989 111.600 1,45
1990 118.579 1,49
1991 117.528 1,45
1992 117.559 1,43
1993 117.982 1,43
1994 113.398 1,38
1995 112.459 1,38
1996 114.657 1,42
1997 116.419 1,47
1998 111.056 1,43
1999 107.973 1,42
2000 106.182 1,42
2001 101.366 1,38
2002 99.604 1,37
2003 97.596 1,36
2004 96.655 1,37
2005 94.279 1,36
2006 91.955 1,34
2007 92.823 1,37
2008 91.909 1,37
2009 89.678 1,35
2010 90.695 1,38
2011 88.823 1,36
2012 89.477 1,39
2013 91.505 1,41
2014 95.632 1,46
2015 100.269 1,51

Tabelle 2

Lebendgeborene sowie Kinderzahl je Frau in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs 2015
Stadt-/Landkreis Lebendgeborene Kinder je Frau1)  
Anzahl  
1) Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer.

© Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2016

 
111 Stuttgart (SKR) 6.410 1,29  
115 Böblingen LKR) 3.758 1,61  
116 Esslingen (LKR) 4.923 1,56  
117 Göppingen (LKR) 2.158 1,54  
118 Ludwigsburg (LKR) 5.535 1,67  
119 Rems-Murr-Kreis (LKR) 3.706 1,57  
121 Heilbronn (SKR) 1.235 1,58  
125 Heilbronn (LKR) 3.102 1,62  
126 Hohenlohekreis (LKR) 967 1,55  
127 Schwäbisch Hall (LKR) 1.849 1,68  
128 Main-Tauber-Kreis (LKR) 1.059 1,52  
135 Heidenheim (LKR) 1.157 1,62  
136 Ostalbkreis (LKR) 2.815 1,60  
211 Baden-Baden (SKR) 445 1,54  
212 Karlsruhe (SKR) 2.937 1,35  
215 Karlsruhe (LKR) 3.709 1,53  
216 Rastatt (LKR) 1.955 1,57  
221 Heidelberg (SKR) 1.467 1,12  
222 Mannheim (SKR) 3.002 1,37  
225 Neckar-Odenwald-Kreis (LKR) 1.170 1,57  
226 Rhein-Neckar-Kreis (LKR) 4.930 1,57  
231 Pforzheim (SKR) 1.356 1,75  
235 Calw (LKR) 1.315 1,60  
236 Enzkreis (LKR) 1.607 1,53  
237 Freudenstadt (LKR) 1.051 1,65  
311 Freiburg im Breisgau (SKR) 2.431 1,32  
315 Breisgau-Hochschwarzwald (LKR) 2.320 1,66  
316 Emmendingen (LKR) 1.453 1,62  
317 Ortenaukreis (LKR) 3.797 1,62  
325 Rottweil (LKR) 1.290 1,73  
326 Schwarzwald-Baar-Kreis (LKR) 1.838 1,57  
327 Tuttlingen (LKR) 1.276 1,62  
335 Konstanz (LKR) 2.497 1,47  
336 Lörrach (LKR) 1.891 1,43  
337 Waldshut (LKR) 1.248 1,33  
415 Reutlingen (LKR) 2.499 1,52  
416 Tübingen (LKR) 2.096 1,40  
417 Zollernalbkreis (LKR) 1.528 1,52  
421 Ulm (SKR) 1.249 1,38  
425 Alb-Donau-Kreis (LKR) 1.802 1,67  
426 Biberach (LKR) 1.881 1,67  
435 Bodenseekreis (LKR) 1.850 1,55  
436 Ravensburg (LKR) 2.581 1,57  
437 Sigmaringen (LKR) 1.124 1,58  
Land Baden-Württemberg 100.269 1,51  

Herausgegeben vom Statistischen Landesamt Baden‑Württemberg.

 

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