Salach: „Schön, sie lachen zu hören“

Sie sind keine achtzehn Jahre alt, hinter ihnen liegt eine lange Reise über das Mittelmeer, manche wurden allein losgeschickt, andere verloren unterwegs ihre Familie – alle suchen einen neuen Hafen, ein klein wenig Heimat hier in Salach, im insolventen Hotel Klaus. Das gelingt dank vieler helfender Hände. Anschub gab auch die Hilfe von Serviceclubs im Landkreis Göppingen.

TF_Saho+Musa[2]Claudia Becker und ihr Team aus rund 40 ehrenamtlichen Kräften sowie ein Sozialbetreuer- und Hauswirtschaftsteam der Arbeiterwohlfahrt (AWO, zusammengerechnet knapp vier Stellen) kümmern sich seit Dezember 2015 um zurzeit 35 minderjährige Geflüchtete im ehemaligen Hotel Klaus in Salach. Die Jungs, die in dieser ersten größeren Unterkunft dieser Art im Landkreis leben, kommen aus elf Nationen, darunter Afghanistan, Syrien, Somalia, Gambia, Eritrea. Die meisten haben als Gepäck lediglich schwere Erlebnisse und Geschichten mitgebracht, sowie Heimweh.

Der Landkreis mietete das ehemalige Hotel Klaus an und ist Träger. Die AWO ist Betreiber, die Gemeinde Salach tatkräftiger Unterstützer. Claudia Becker ist bei der Rathausverwaltung Salach angestellt und zuständig für Integrationsarbeit, auch der Arbeitskreis Asyl leistet tatkräftige Hilfe.

Und über eine Kooperation aus Serviceclubs im Landkreis Göppingen mit den Rotaryclubs Göppingen, Göppingen-Stauferland, Geislingen-Laichingen sowie dem Lionsclub Göppingen wurde Sorge getragen, dass es wohnlicher und auch ein wenig jugendgerechter aussieht: Ein Tischkicker, der bis dahin in einem Keller „im Ruhestand“ war, Möbel (Sitzsäcke, Regale, eine gebrauchte Sofagarnitur), Unterhaltungselektronik wurden gespendet, ein Workshop zum Bau einer Cajun, einer Art Trommel gefördert – und nun noch eine Fahrradwerkstatt unterstützt. „Radfahren hilft auch, sich eine neue Heimat zu erschließen“, erklärten die Förderer aus den Serviceclubs. Wegleitend war eine Art von Hilfe, die nicht an Vorstellungen der Förderer, sondern an den Bedürfnissen derer, die Hilfe benötigen, ausgerichtet ist.

Hinhören und sich einlassen sind die entsprechenden Handlungsleitlinien bei den „Hilfs-Profis“. Jürgen Hamann, Geschäftsführer der AWO, erklärt, wie sie durch die Unterstützung des örtlichen Moschee-Vereins mit den speziellen Anforderungen jetzt während des Ramadan zurecht kommen. Alle Jugendlichen, die im ehemaligen Hotel Klaus leben, sind muslimischen Glaubens und fasteten bis vergangenen Montag, sie aßen also zwischen 2.30 und 21.30 Uhr gar nichts. Eine Herausforderung für die AWO, weil dies einerseits die üblichen Hauswirtschaftszeiten auf den Kopf stellt, andererseits aber wichtig ist, weil solche Rituale den Jugendlichen zumindest ein klein bisschen das Gefühl der Vertrautheit geben; umso mehr ist man für die Unterstützung des Moschee-Vereins dankbar. Die AWO-Betreuer helfen in vielen Lebenslagen, bei Arztbesuchen, wenn Formulare auszufüllen sind und nun auch, wenn ein Rad zu reparieren ist. Die Fahrradwerkstatt ist das aktuellste Projekt, das mit Unterstützung der Rotarier vorangebracht wird.

Die Bürde, die auf den Schultern der Heranwachsenden lastet, bleibt trotz allem schwer. Sprache ist der Schlüssel, um Fuß zu fassen – und die meisten sind offenbar mit Eifer dabei. Aufgaben, die interessieren, kommen hinzu. Jürgen Hamann wünscht sich deshalb möglichst viele Möglichkeiten für die Jungs, in den Sommerferien Praktika zu machen, und klagt, dass es oft mehr guten Willen als gute Wege gibt, denn Vieles sei rechtlich nicht geklärt. Claudia Becker erzählt, dass bei manchem immer mal wieder zumindest kurz die schweren Erfahrungen der Zeit vor und auf der Flucht aufflackern. Vieles schwebe in der Luft. Sie schlägt die Brücke: Gerade deshalb freue sie sich über die neue Ausstattung im früheren Hotel Klaus, denn das biete Gelegenheit, sich abzulenken: „Es ist schön, so die Jungs einfach lachen zu hören.“

 

Marlis Prinzing

 

 

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